Erbschaftsteuer: Es war (und ist) ein harter Kampf
Nach zähen Verhandlungen hat sich die Bundesregierung auf die Reform der Erbschaftsteuer geeinigt - nur noch der Bundesrat muss zustimmen. Trotz zahlreicher Änderungen sind die neuen Regeln für Familienunternehmen positiv.
von Luise Uhl-Ludäscher, Gastautorin von Euro am Sonntag
Die Vorsätze für die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform der Erbschaftsteuer waren beeindruckend: schnell und minimalinvasiv, so lautete die Devise. Nach monatelangem Streit haben sich zumindest die Koalitionspartner - kurz vor Ablauf der Frist -doch noch auf einen Kompromiss einigen können. Nun steht noch die Umsetzung in Bundestag und Bundesrat aus, wobei die Zustimmung der Bundesländer keineswegs sicher ist.
Die aktuellen schenkung- und erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für Unternehmensübertragungen wurden bereits im Dezember 2014 vom Bundesverfassungsgericht als zu weitgehend und damit verfassungswidrig angesehen. Seit September 2015 liegen ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sowie ein Gegenvorschlag der Bundesländer vor. Bereits im Februar 2016 wurde auf Basis dieser Entwürfe ein Kompromissvorschlag erarbeitet. Dennoch wurde die Koalition, nicht zuletzt wegen einer Blockade aus Bayern, nicht einig und hat eine Entscheidung immer wieder vertagt. Es wurde bereits darüber spekuliert, was passieren würde, wenn die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist bis 30. Juni 2016 ohne neues Gesetz verstreichen würde.
Worauf sich Unternehmer
nun einstellen müssen
Zu begrüßen ist, dass die Steuerbegünstigungen grundsätzlich erhalten bleiben und betriebliches Vermögen wie bisher alternativ zu 85 Prozent oder 100 Prozent steuerfrei auf die nächste Generation übertragen werden kann. Mit Verschlechterungen muss bei der Übertragung von Großvermögen - das sind Unternehmenserwerbe ab 26 Millionen Euro begünstigten Vermögens je Erwerber - gerechnet werden. Bei diesen Übertragungen werden die Begünstigungen deutlich eingeschränkt. Erbschaft- oder Schenkungsteuer können im Rahmen einer Verschonungsbedarfsprüfung gemindert werden, sofern die Hälfte des Privatvermögens und des nicht begünstigten Betriebsvermögens nicht ausreicht, die Steuer zu bezahlen.
Dazu muss allerdings das Privatvermögen offengelegt werden. Soll das Privatvermögen nicht offengelegt werden, gibt es alternativ ein sogenanntes Verschonungsabschlagsmodell. Die Verschonung von 85 Prozent bis 100 Prozent wird hier schrittweise von 26 Millionen Euro bis zu einem begünstigten Erwerb von 90 oder 89,75 Millionen Euro vermindert. Bei darüber hinausgehenden Unternehmensübergaben wird keine Begünstigung mehr gewährt, sodass der gesamte Erwerb steuerpflichtig ist.
Nachteile wird es auch für kleine Unternehmen geben, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigen. Bisher sind Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmern vom Nachweis des Arbeitsplatzerhalts befreit. Zukünftig sollen nur noch Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern von der Nachweispflicht ausgenommen werden.
Verlierer der Reform werden zudem Unternehmen mit hohem Verwaltungsvermögen sein. Dieses Vermögen wird zukünftig nicht mehr wie bisher in voller Höhe, sondern nur noch in Höhe von zehn Prozent mitbegünstigt werden können. Die Abgrenzung des Betriebs- vom Verwaltungsvermögen wird wie bisher nach einem Verwaltungsvermögenskatalog erfolgen. Liquide Mittel werden etwas schneller als bisher zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen gezählt werden, allerdings sollen etwa Altersversorgungsverpflichtungen und verpachtete Grundstücke in bestimmten Fällen zukünftig begünstigt sein können. Drittlandbeteiligungen, die in Holdinggesellschaften gehalten werden, sollen - abweichend vom verschärfenden Gesetzentwurf - nun doch weiterhin begünstigt übertragen werden können.
Eine Investitionsklausel soll zusätzlich entlasten, wonach in bestimmten Fällen betriebliche Investitionen innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall (nicht aber bei Schenkung) steuerlich begünstigt sein können.
Gewinner der Reform sind
Familienunternehmen
Für viele mittelständische Unternehmen wird die Reform nicht nachteilig, sondern eher positiv sein. Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht gegeben, können Familienunternehmen auch mit einer geringeren Erbschaft- oder Schenkungsteuer aus der Reform herausgehen. Denn die Bewertung eines Unternehmens soll auf einen realistischeren Wert angepasst werden. So werden die derzeit geltenden Kapitalisierungsfaktoren von rund 18 auf zehn bis maximal 12,5 gesenkt werden. Die steuerrelevanten Unternehmenswerte werden so zukünftig um ein Drittel niedriger angesetzt.
Für Familienunternehmen kann zudem ein weiterer Abschlag von bis zu 30 Prozent gewährt werden. Dies hängt davon ab, in welchem Umfang im Gesellschaftsvertrag eine Kapitalbindung sowie Verfügungsbeschränkungen vereinbart sind, inwieweit also die Entnahme von Gewinnen oder der Verkauf von Anteilen eingeschränkt ist. Die Beschränkungen müssen zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Erbfall oder der Schenkung bestehen.
Der Kompromiss muss nun noch von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Größte Hürde ist der Bundesrat. Dessen Zustimmung soll in der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 8. Juli 2016 eingeholt werden. Allerdings ist noch kritisch, ob die Bundesländer dem Gesetz tatsächlich zustimmen werden. Nach den grün regierten Bundesländern mehrt sich nun auch die Kritik aus SPD-geführten Bundesländern, massiver Widerstand kommt beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen.
Sofern die Zustimmung erteilt wird, soll das Gesetz rückwirkend ab dem 1. Juli 2016 zur Anwendung kommen. Lehnt der Bundesrat das Gesetz ab, kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Dann könnte das Gesetz allerdings frühestens im Herbst verabschiedet werden.
Tritt das Gesetz in der aktuellen Form in Kraft, wäre es aus Sicht der Familienunternehmen zu begrüßen. Sie können sich endlich auf die neue Rechtslage einstellen. Scheitert das Gesetz nun doch noch im Bundesrat, sind die Rechtsfolgen äußerst unklar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesetz dann nochmals vor dem Bundesverfassungsgericht landen könnte. Ein erneuter Urteilsspruch könnte deutlich ungünstiger ausfallen. Es bleibt damit zu hoffen, dass sich Bundestag und Bundesrat zusammenraufen und das Gesetzgebungsverfahren nun erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Kurzvita
Luise Uhl-Ludäscher, Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin
bei der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle
Die Autorin berät Unternehmer und vermögende Privatkunden bei der Gestaltung der (Unternehmens-)Nachfolge und deren Vermögen sowie auch Unternehmen, die sich steuerlich umstrukturieren.
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