Euro am Sonntag-Meinung

Bye, bye Bargeld: Von Krösus zum E-Geld-Konto

31.12.16 03:00 Uhr

Bye, bye Bargeld: Von Krösus zum E-Geld-Konto | finanzen.net

Geld regiert die Welt, verdirbt sprichwörtlich den Charakter und stinkt nicht. Die Geschichte des Geldes, im Schnelldurchlauf durch knapp 3000 Jahre mit einem Ausblick auf die nicht allzu ferne Zukunft.

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Rohstoffe

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von Tobias Schreyer, Gastautor von Euro am Sonntag

Leben wie Krösus, der letzte ­König Lydiens, würden die meisten Menschen gern. Die historischen Figuren der lydischen Könige, die an der Mittelmeerküste Kleinasiens in der heutigen Türkei lebten, kennen aber die wenigsten. Sie gelten als Erfinder des Geldes. Um 600 v. Chr. prägten sie die ersten Münzen.



Kurz darauf legten auch die Griechen mit der Münzprägung los und drängten dadurch bis 400 v. Chr. den Tauschhandel stark zurück. Doch gab es damals noch kein einheitliches Münzsystem; jede Region hatte eine eigene Münz­familie mit einem eigenen spezifischen Wert. Etwa zur gleichen Zeit fingen auch die Römer an, Münzen herzustellen, erst aus Kupfer oder Bronze, später aus Gold, Silber und Messing.

Im 8. Jahrhundert gab es bereits
einen Vorläufer des Euro

Im Mittelalter beeinflusste vor allem Karl der Große die Geschichte des Geldes maßgeblich. Der sogenannte Denar wurde im 8. Jahrhundert als einheit­liches Zahlungsmittel im Karolingerreich, also im heutigen Europa, eingeführt. Mit der Münzreform im Jahr 793 stellte Karl der Große außerdem von Gold- auf Silberwährung um. Der erste Euro sozusagen, natürlich mit Karls Konterfei verziert. Mit dem Zerfall des Karolingerreichs, das immerhin von Rom bis hinauf nach Dänemark reichte, war es mit der Einheitswährung auch bald schon wieder vorbei, die Klein­staaterei machte sich breit und eroberte mit lokalen Münzen die Geldhoheit.

Im ersten Jahrtausend der Geschichte des Bargelds war jenes also ausschließlich in Münzform zu haben. Um das Jahr 1000 jedoch begann man in China mit der Ausgabe von Papiergeld. Europa war erst 500 Jahre später so weit. Das große Problem dabei: Anders als bei den Münzen stimmte der materielle Wert des Papierstücks nicht mit dem aufgedruckten Wert überein.


Die Menschen aller Kulturen und ­Länder kämpften damit, den Wert des Papiergelds anzuerkennen und zu akzeptieren. Zur Französischen Revolution ließen sich aus diesem Grund auch viele Menschen ihr Geld wieder in Münzen auszahlen, wodurch die Münzvorräte der Banken knapp wurden.

Erst im 19. Jahrhundert entwickelten sich Banknoten neben den Münzen zu einem anerkannten Zahlungsmittel einer Währung. Beispiel Vereinigte Staaten von Amerika im 19. Jahrhundert: Das Land prosperierte, und viel Geld war im Umlauf. Doch zum einen waren Münzen schwer, zum anderen häuften sich mit der Wanderung gen Westen auch die Überfälle auf Geldboten oder Postkutschen. Mit den Banknoten, auf denen ein Banker von der Ostküste beispielsweise versprach, dass der Überbringer den aufgeschriebenen Geldwert in der Partnerbank in San Francisco wieder in Münzen ausbezahlt bekomme, war den Räubern erst einmal das Handwerk erschwert - bis die Gangster dann auch ­irgendwann lesen lernten.


Die Geschichte des Bargelds reicht also recht weit zurück, doch in der uns bekannten Form existiert es noch nicht allzu lang. Fast gleichzeitig begann der bargeldlose Zahlungsverkehr, zunächst als sogenanntes Buchgeld. Dabei erfüllt der Schuldner seine Geldschuld gegenüber dem Gläubiger, ohne dass Bargeld zum Einsatz kommt. Vollwertige Münzen oder Edelmetalle wurden zum Beispiel in Italien im 14. Jahrhundert bei Bankiers eingelagert, die dann dafür Schuldscheine ausstellten.

Was später im Wilden Westen praktisch war, galt schließlich auch schon für die Medici oder Fugger in Europa. Der Zahlungsanspruch wurde gegenüber der Bank auf einem Konto festgehalten. Da dies in Buchform festgehalten wurde, wird ein solcher Vorgang auch heute noch als Buchgeld bezeichnet. Im Lauf der Jahre wurden aus der Buchform Datenbanken und der bargeldlose Zahlungsverkehr, der in vielen Ländern bereits zum Standard gehört.

Die neueste technische Weiterentwicklung des Geldes ist E-Geld. Dabei wird ein monetärer Wert in Form einer Forderung dezentral auf einem Träger­medium, etwa einer Chipkarte, oder zen­tral auf einem Server gespeichert. Klassische Gutscheinkarten einzelner Händler sind damit jedoch nicht gemeint, denn die Akzeptanz für E-Geld darf nicht allein beim Herausgeber ­gelten, sondern muss generell breiter sein. Sehr beliebt sind derzeit Prepaid-­Kreditkarten, die auch unter die E-Geld-­Definition fallen. Sie werden mit einem flexibel bestimmbaren Betrag aufge­laden und können von Verbrauchern an allen Kreditkarten-Akzeptanzstellen offline und online sicher eingesetzt ­werden.

Auch viele Bezahl-Apps setzen im Hintergrund auf E-Geld und transferieren Geldbeträge von einem E-Geld-Konto zum anderen. Überweist man zum Beispiel mit der App Cringle Geld per SMS an einen Freund, wird der Betrag per Lastschrift von einem Girokonto abgebucht, sodann erst auf ein E-Geld-Konto des Senders gutgeschrieben und von dort auf ein E-Geld-Konto des Empfängers weitergeleitet. Per Überweisung landet schließlich der Betrag auf dem Girokonto des Empfängers.

Das Bargeld der Zukunft kommt
digital per App aufs Handy

Was kompliziert klingt, ist über die App kinderleicht umgesetzt, und Nutzer überweisen unkompliziert Geld per Textnachricht. Der große Unterschied zu den geläufigen Überweisungen: Man braucht für diese Transaktionen keinen Zugang zum Girokonto oder Online­banking der Hausbank mehr, der klassische Bankkontakt verschwindet. E-Geld-Dienstleister, eine Mischung aus Fintech und klassischer Onlinebank, ­entwickeln mit Hochdruck innovative Angebote für bequemes Bezahlen.

Die bereits angesprochenen Prepaid-­Kreditkarten für Privatpersonen und auch Unternehmen sind nur eine Möglichkeit - kontaktloses Bezahlen, etwa mittels NFC-Sticker, ist eine weitere. Die zentrale Speicherung von Guthaben auf Servern regulierter E-Geld-Institute wird von Verbrauchern zunehmend mit Sicherheit und Komfort verbunden - auch in Deutschland.

Während hierzulande die Mehrheit dem technologischen Fortschritt in Sachen elektronisches Bezahlen zwar noch mit Skepsis gegenübersteht, besteht indes kein Zweifel mehr, dass wir künftig vornehmlich mit elektronischem Geld bezahlen werden. Dafür reicht ein Blick in andere EU-Länder wie Schweden und Großbritannien: Dort sind Einkäufe jeglicher Art und Bezahlungen mit elektronischem Geld - auch für Kleinstbeträge - schon lange Alltag.

Kurzvita

Tobias Schreyer, Mitgründer und
Chief Commercial Officer PPRO Group

Der Diplom-Kaufmann hat bereits während ­seines Studiums 1995 in München den Internet-­Serviceprovider Gedik gegründet, 2006 folgte die Transact Network mit Sitz in Gibraltar. Weitere Stationen ­seiner Karriere waren ­WireCard sowie Bay Management.
PPRO bietet Payment­service-Providern und Finanzdienstleistern ­Acquiring-, Collecting- und Processing-Dienstleistungen für eine ­Vielzahl alternativer Zahlarten in mehr als 100 Ländern.

Bildquellen: Marian Weyo / Shutterstock.com, Axel Griesch/PPRO Group