Altersvorsorge: Jetzt neue Modelle der Betriebsrente möglich!
28.01.18 15:00 Uhr
Mit dem Sozialpartnermodell eröffnete ein neues Gesetz auch eine neue Betriebsrenten-Welt. Was auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun zukommt.
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von Michael Hoppstädter, Gastautor für €uro am Sonntag
Seit dem 1. Januar 2018 ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) in Kraft. Arbeitgeber können wählen, ob sie ihren Arbeitnehmern zukünftig im Rahmen eines Sozialpartnermodells eine Zielrente als Betriebsrente anbieten oder eine beitragsbezogene betriebliche Altersvorsorge (bAV) mit Garantie. Wie sollen sie sich entscheiden? Müssen sie sich überhaupt entscheiden?
Bislang bestand die bAV aus fünf Durchführungswegen und drei Zusageformen. Kern des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist das Sozialpartnermodell mit einer neuen Zusageform, der reinen Beitragszusage. Als Durchführungswege kommen hierfür Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen in Betracht, Unterstützungskasse und Direktzusage dagegen nicht.
Diese bAV kann jedoch nur im Rahmen eines Tarifvertrags vereinbart werden. Und Tarifverträge können nur die Sozialpartner, also Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, abschließen, daher auch die Bezeichnung "Sozialpartnermodell". Ob die Sozialpartner selbst neue Versorgungseinrichtungen gründen oder bestehende nutzen, steht ihnen dabei frei. Unterschied der reinen Beitragszusage zu den bisherigen Zusageformen: Weder in der Ansparphase noch im späteren Leistungsbezug dürfen Garantien ausgesprochen werden. Daher wird hier auch von "Zielrenten" gesprochen.
Die reine Beitragszusage beinhaltet keinerlei Garantien (wenn man davon absieht, dass eine lebenslange Auszahlung der Rente garantiert wird). Konkret: Weder Zinsertrag bzw. Rendite, die mit der Kapitalanlage erwirtschaftet wird, noch die Höhe der tatsächlichen Versorgungsleistung ist garantiert. Und während des Rentenbezugs ist es möglich, dass die Renten erhöht, aber auch reduziert werden können.
Keine Garantien? Dieser Paradigmenwechsel hat zu heftigen Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren geführt. Und tatsächlich ist eine Versorgungsleistung ohne jegliche Garantie dem deutschen Betriebsrentner bislang unbekannt. Hier lohnt sich allerdings ein Blick auf die Fakten. Erstens: Garantien sind im aktuellen Kapitalmarkt- und Zinsumfeld teure Sicherungsmaßnahmen, die zulasten der Wertentwicklung gehen. Zweitens: Die Rentenleistungen sind in der neuen Welt 20 bis 30 Prozent höher als bei vergleichbaren Beitragszahlungen in der alten bAV-Welt.
Drittens: Das BRSG sieht einen Schwankungspuffer von 25 Prozent in der Rentenbezugsphase vor. Damit werden auch stärkere Turbulenzen am Kapitalmarkt ausgeglichen, um die Renten stabil zu halten. Viertens: Es lohnt ein Blick ins benachbarte Ausland. In den Niederlanden, Großbritannien und Skandinavien sind sowohl die reine Beitragszusage als auch Versorgungszusagen ohne Garantien absolut üblich und werden von den Versorgungsberechtigten sehr gut angenommen.
Arbeitgeber entscheidet über das Modell der Rentenleistung
Welchen Weg soll ein Arbeitgeber bzw. ein Arbeitnehmer nun gehen? Wie so oft lautet die Antwort: Es kommt darauf an. In jedem Fall ergänzt die neue bAV-Welt die alte Welt - sie ersetzt sie nicht. Der Arbeitgeber kann entscheiden, ob er beide Welten oder nur eine anbietet. Hat der Arbeitnehmer die Wahl, kann er für sich entscheiden, ob er eine niedrigere, stabile Rentenleistung mit garantierter Verzinsung oder eine sich am Kapitalmarkt orientierende, damit wohl höhere, aber eventuell schwankende Rentenleistung bevorzugt.
Die ersten Sozialpartnermodelle stehen sicherlich im Lauf des Jahres 2018 zur Verfügung. Bis sie jedoch flächendeckend über alle Tarifbereiche installiert sind, wird es vermutlich bis 2020 und länger dauern. Eine echte Wahlmöglichkeit zwischen alter und neuer bAV-Welt lässt daher noch ein wenig auf sich warten.
Doch wie bei allen regelmäßigen Sparvorgängen gilt: Zeit ist Geld. Ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer: Wer den Bedarf einer bAV erkannt hat, sollte sofort handeln. Stehen beide Welten zur Verfügung, sollte verglichen werden. Gefällt die neue Welt besser, werden künftige Beiträge dorthin investiert. Gefällt die alte Welt besser, bleibt alles wie gehabt. Und wer sich nicht entscheiden möchte, kann eine Kombination aus beiden Wegen wählen.
Kurzvita
Michael Hoppstädter
Geschäftsführer von Longial
Der Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH) ist gelernter Versicherungskaufmann. Er startete seine Karriere 1989 im Außendienst, wurde 1993 Vertriebsleiter und spezialisierte sich 2003 auf betriebliche Altersversorgung und betriebliches Pensionsmanagement.
Longial, eine Tochter der Ergo-Versicherungen, versteht sich als Dienstleister für Lösungen rund um die Altersversorgung von Unternehmen und Versorgungseinrichtungen.
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