Euro am Sonntag-Meinung

Altersvorsorge: Die fetten Jahre sind vorbei

15.10.17 15:00 Uhr

Altersvorsorge: Die fetten Jahre sind vorbei | finanzen.net
Michael Hennig

Auch nach der Bundestagswahl wird uns die Rentendiskussion weiterhin begleiten. Klar ist: Die staatliche Vorsorge reicht nicht, eigenes Handeln ist gefragt.

von Michael Hennig, Gastautor von €uro am Sonntag

Die Rente war im Bundes­tagswahlkampf ein zentrales Thema. Auch wenn Angela Merkel einer Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre eine klare Absage erteilt hat, wird uns diese Diskussion in den nächsten Jahren begleiten. Denn unabhängig davon, wann wir in den Ruhestand gehen: Die gesetzliche Rente wird in vielen Fällen nicht ausreichen, um den Lebensstandard im Alter zu halten. Fünf Argumente, warum jeder Einzelne Verantwortung für die zusätzliche Vorsorge übernehmen muss.

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1. Der demografische Wandel zeigt Folgen: Das gesetzliche Rentenniveau sinkt - schon seit Jahrzehnten. Während die Rente im Jahr 1970 noch durchschnittlich 55,2 Prozent des letzten Einkommens ausmachte, wird sie bis 2030 auf 43 Prozent sinken. Der Grund: Es gibt immer weniger Beitragszahler. Ganz besonders, wenn die Generation der Babyboomer in Rente geht. Denn die gesetzliche Rente basiert auf dem Umlageverfahren: 2010 finanzierten etwas mehr als drei Arbeitnehmer die Rente für einen Ruheständler. Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung werden es bis 2030 im Schnitt nur noch 2,2 Arbeitnehmer sein. Eins ist klar: Der Spielraum für die gesetzliche Rentenversicherung wird immer kleiner.

2. Die Rentenlücke steigt: Ob die Rente sicher ist, beschäftigt viele Beitragszahler. Sicher ist aber zumindest die Rentenlücke. Mittlerweile fehlen einem deutschen Durchschnittsverdiener im Alter jeden Monat 650 Euro netto, wenn er sich nur auf die gesetzliche Rente verlässt. Das geht aus einer Studie der Ruhr-Universität Bochum hervor, die 2013 erstmals auf wissenschaftlicher Basis die Rentenlücke analysiert und berechnet hat. Das sind 350 Euro weniger, als von den meisten Experten prognostiziert. Deswegen: Der einzige Weg, die Rentenlücke zu schließen, ist, fürs Alter zu sparen.
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3. Vorsorge sichert den Lebensstandard: Wer auch im Rentenalter seinen Lebensstandard halten möchte, be­nötigt heute im Schnitt 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Auch das ist ein Ergebnis der Studie der Ruhr-Universität Bochum. Bisher gingen Experten von 70 Prozent aus. Auch aufgrund brüchiger Erwerbsbiografien, Teilzeitphasen und Auszeiten hat sich die Situation in den vergangenen Jahren verschärft. Umso sinnvoller ist es zu sparen, um sich auch im Alter Urlaube oder Anschaffungen leisten zu können.

Arbeitgeber und der Staat
fördern das Sparen fürs Alter


4. Vielfalt ist ein Erfolgsfaktor. Die Altersvorsorge sollte möglichst auf mehreren Säulen ruhen. Die gesetzliche Rente bleibt für die meisten Menschen das zentrale Standbein im Alter, sie sollten sie aber gezielt ergänzen. Für Arbeitnehmer kann die betriebliche Altersvorsorge sehr effizient sein, erst recht nach Verabschiedung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes. Schließlich übernimmt der Arbeitgeber künftig einen Teil der Kosten. Viele Unternehmen bieten attraktive Lösungen, um Mitarbeiter an sich zu binden. Seit 2002 besteht der Anspruch auf Entgelt­umwandlung, auf den Arbeitnehmer nicht verzichten sollten. Auch der Staat unterstützt die private Vorsorge, zum Beispiel in Form der Riester-Rente, die ab 2018 auch über den Arbeitgeber attraktiv wird. Durch die staatliche Förderung sind die Produkte vor allem für Familien mit Kindern interessant.
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5. Früh anzufangen lohnt sich: Wer in jungen Jahren mit der Vorsorge beginnt, kann schon mit kleinen Beiträgen viel erreichen. Wer monatlich beispielsweise 25 Euro in einen deutschen Aktienfonds investierte, konnte nach einer Berechnung des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) in den vergangenen 15 Jahren eine Summe von 8481 Euro ansparen. Bei einem Sparplan über 35 Jahre steigt der Betrag auf knapp 50.000 Euro.

Geduld zahlt sich an der Börse aus. Denn langfristig profitieren Sparer vom monatlichen Sparen, der Zinseszinseffekt ist ein guter Begleiter. Die Altersvorsorge ist für viele junge Menschen zwar noch in weiter Ferne. Doch je früher Menschen anfangen, fürs Alter zu sparen, desto leichter können sie ein Polster aufbauen. Fakt ist: Zurücklehnen ist nicht angesagt - verzagen aber auch nicht.

Kurzvita

Michael Hennig
Vize-Leiter Investment- und Pensionslösungen
bei Fidelity International

Hennig ist seit 2007 zuständig für den Vertrieb des institutionellen Geschäfts im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge bei ­Fidelity International. Hennig ist Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen wie dem ddn- Arbeitskreis "Altersvorsorge und Zukunfts­sicherung" und der ­Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten im Fachkreis "Bilanz und Steuern".
Fidelity International bietet Investment- und Altersvorsorgelösungen für institutionelle Anleger und Privatkunden.

Bildquellen: 1eyeshut / Shutterstock.com, Fidelity International