Erbschaftssteuer: Was ist für Erbe und Schenkung wichtig?
13.08.16 14:00 Uhr
Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Finanz- und Versicherungsthemen.
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von Stefan Rullkötter, €uro am Sonntag
Der Gesetzgeber hat die Vorgabe des Verfassungsgerichts nicht erfüllt, bis 30. Juni 2016 ein grundgesetzkonformes Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz zu verabschieden. Welche Folgen hat die Verzögerung für Erben und Beschenkte? Die Redaktion beantwortet fünf wichtige Fragen.
Warum haben es die Regierungsparteien in der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist von 18 Monaten nicht geschafft, die erforderliche Erbschaftsteuerreform umzusetzen?
€uro am Sonntag: Streitpunkt sind Steuervorteile für Firmenerben, die auf Betreiben von CDU und CSU in modifizierter Form erhalten bleiben sollen. Die Privilegien sind ans Fortführen des Betriebs und den Erhalt der Arbeitsplätze gekoppelt. Erst ab Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro je Erbfall sollte es eine sogenannte Bedürfnisprüfung geben. Erben müssten nachweisen, dass sie die Zahlung der Erbschaftsteuer finanziell überfordern würde. Dagegen hat am 8. Juli der Bundesrat sein Veto eingelegt und auf Initiative des rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen. Eine Einigung auf eine Erbschaftsteuerreform ist erst im Herbst zu erwarten.
Akzeptiert Karlsruhe die Verzögerung widerstandslos - und existiert derzeit überhaupt ein gültiges Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz?
€uro am Sonntag: Das Bundesverfassungsgericht wird sich Ende September erneut mit der Erbschaftsteuer befassen. Die Richter betonen aber, dass die von ihnen für verfassungswidrig erklärten Vorschriften vorerst anwendbar bleiben. Diese Besteuerungspraxis bestätigten auch die obersten Finanzbehörden der Bundesländer mit einem gleichlautenden Erlass.
Sind alle Erbschaften und Schenkungen ab Ende September eventuell vorübergehend steuerfrei?
€uro am Sonntag: Sofern die Erbschaftsteuerreform bis Ende September nicht verabschiedet ist, könnten die Verfassungsrichter eine Übergangsregelung anordnen, in der die Steuervorteile für Firmenerben stark eingeschränkt werden. Nicht ganz auszuschließen ist, dass sie das alte Recht Ende September für nicht mehr anwendbar erklären. Die Abgabe dürfte dann so lange nicht mehr erhoben werden, bis sich Bund und Länder über die Reform geeinigt haben.
Ist zum bisherigen Erbschaftsteuersystem - mit hohen Freibeträgen für Familienangehörige, Privilegien für Firmenerben und einem progressiven Tarifsystem - eine Alternative denkbar?
€uro am Sonntag: Diskutiert wird auch ein sogenanntes Flat-Tax-Modell: An die Stelle der derzeitigen Erbschaftsteuertarife mit Steuersätzen zwischen sieben und 50 Prozent sowie vielen Ausnahmen könnte ein einheitlicher Steuersatz treten. CDU-Finanzexperte Christian von Stetten plädiert für einen Tarif von 12,5 Prozent. Unterstützt wird er von Grünen-Chef Cem Özdemir, der einen Einheitssteuersatz von 15 Prozent fordert. Bescheidener gibt sich der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, der sich für eine Erbschaftsteuer von "acht Prozent auf alles" ausspricht. Bei Erbschaften und Schenkungen von 100 Milliarden Euro jährlich würde aber bereits eine Flat-Tax von sechs Prozent auf übertragenes Vermögen genügen, um damit das derzeitige Erbschaftsteueraufkommen von rund sechs Milliarden Euro jährlich halten zu können.
Könnte man die Erbschaftsteuer regionalisieren?
€uro am Sonntag: Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer fließt nicht dem Bund, sondern den Bundesländern zu. Im Grundgesetz ist jedoch nicht explizit geregelt, wer die Vorschriften für deren Erhebung erlassen darf. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) fordert aus diesem Grund eine Regionalisierung. Er will in Bayern die Steuersätze reduzieren und die Abgabe für Firmenerben noch freundlicher gestalten, als es im abgelehnten Entwurf der Fall war. Dem steht der Grundsatz entgegen, dass der Bund landesweit einheitliche Lebensverhältnisse auch bei Steuern herstellen soll.
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