Euro am Sonntag-Interview

Schweighöfer: "Habe mich richtig auf die Fresse gelegt"

06.03.17 03:00 Uhr

Schweighöfer: "Habe mich richtig auf die Fresse gelegt" | finanzen.net

Schauspieler Matthias Schweighöfer spricht im Interview über Erfolge und Misserfolge, seine Erfahrungen als Unternehmer - und wofür er gern Geld ausgibt.

von Renato Leo, Euro am Sonntag

Anfang Februar seine erste Platte, Mitte des Monats das erste Konzert, im März startet seine erste Serie, für Amazon produziert: Matthias Schweighöfer hat trotz alldem Zeit gefunden, mit €uro am Sonntag über Berufliches und Privates zu sprechen, sein Verhältnis zu Geld und seine Investments.



€uro am Sonntag: Herr Schweighöfer, am 10. Februar ist Ihr erstes Album "Lachen, Weinen, Tanzen" erschienen. Braucht die Welt einen weiteren Schauspieler, der singt?
Matthias Schweighöfer:
Nein, braucht sie nicht. Es braucht keinen Schauspieler, der Musik macht. Aber solange die Musik gut ist und gern gehört wird, ist doch alles okay!

Das Ergebnis ist tatsächlich mehr als okay, Ihr Debütalbum braucht sich hinter den Tim Bendzkos und Philipp Poisels dieser Welt nicht zu verstecken. Überraschenderweise, muss man sagen. Auch international bekannte Schauspieler bringen oft Musik heraus, die aber meist nicht sonderlich gut ist.
Ich muss wiederum gestehen: Das denke ich auch oft. Ich kenne einige wahnsinnig talentierte Musiker, die leider einfach nicht gut verkaufen. Ich könnte mich nie mit gutem Gewissen vor sie stellen und sagen: "Hey, ich bin Schauspieler, mein Name verkauft auf einmal Musik."


Ihr erstes und bislang einziges Livekonzert am 18. Februar in Berlin war in Rekordtempo ausverkauft. Waren Sie aufgeregt?
Natürlich war ich aufgeregt. Das ist wirklich unfassbar. Wir haben für das Konzert im Tempodrom 3.000 Karten verkauft.

Sie spielen in "You are wanted" die Hauptrolle, Sie führen Regie, und Sie haben mit Ihrer Firma Pantaleon Films auch produziert, soll heißen: Sie gehen volles Risiko. Wie gut schlafen Sie vor der Premiere eines solch wichtigen Projekts für Sie und Ihr Unternehmen?
Ich beschäftige mich nur mit Projekten, auf die ich wirklich Lust habe. Das ist der Grundstein jedes Erfolgs. Mache nur, worauf du hundertprozentig Lust hast und wohinter du auch wirklich stehen kannst. Alles andere hat keinen Zweck. Ich möchte meine Lebenszeit nicht verschwenden. Deswegen werde ich vor der Premiere von "You are wanted" aufgeregt und nervös ins Bett gehen, aber dennoch gut schlafen können. Weil ich weiß, dass jeder in unserem Team sein Bestes gegeben hat.


Trotzdem: Ihr Erfolg basiert eher auf leichten Komödien. Manch einen könnte es irritieren, Sie in einem Thriller zu sehen.
Es geht ja nicht nur um mich. Ich bin so stolz auf diese Serie, weil es so etwas zuvor noch nicht gegeben hat. Es ist eine sehr ernste Story, sehr emotional und spannend. Die Musik ist toll, die Geschichte zieht dich in ihren Bann, und man möchte einfach wissen, was in der nächsten Folge passiert. Das war für mich ausschlaggebend. Ob die Leute die Serie letztendlich mögen, wird sich zeigen.

"You are wanted" ist die erste deutsche Serie, die für Amazon produziert wurde und international vertrieben wird. Ein Ritterschlag für jeden Produzenten.
Ich kann es kaum erwarten. Ich fühle mich so ein bisschen wie ein Kind vor Weihnachten. Diese Vorfreude auf das, was passieren wird, obwohl man gar nicht genau weiß, was.

Was bedeutet Erfolg für Sie?
Wenn wir eine Kinotour machen und innerhalb von zehn Tagen 50.000 Leute gewinnen können, die sich den Film anschauen. Ich freue mich, wenn Menschen mit ihren Sorgen sich für zwei Stunden in meinen Film setzen und sich anschließend sagen: Super, ich hab’ mir mal zwei Stunden lang keine Sorgen gemacht! Das ist auch Erfolg für mich.

Es ist keine Seltenheit, dass ein spannender Stoff gute Kritiken erhält, aber finanziell floppt.
Das läuft bei einer Serie etwas anders ab als bei einem Kinofilm. Serien sind meist Auftragsproduktionen, das heißt, ein Sender hält auch alle Rechte und das Erlöspotenzial für den Produzenten ist gering. Es geht jetzt nur noch darum, dass die Leute die Serie weltweit schauen können, und jeder wird irgendwann seinen Weg dahin finden. Selbst wenn das erst in einem Jahr der Fall sein sollte. Bei einem Kinofilm hingegen zählt wirklich das Startwochenende. Wenn dann zufällig irgendwas auf der Welt passiert, was den Leuten die Lust auf einen entspannten Kinoabend nimmt, wird’s bitter.

Ist Ihnen das schon mal passiert?
Oh ja. Kurz vor dem Kinostart von "Der Nanny" ist der Germanwings-Flieger in den Berg gerauscht. Da war uns klar: Das Wochenende können wir vergessen. Eine Serie wie "You are wanted" dagegen ist jederzeit abrufbar, wann und wo immer man möchte.

Sie haben Ihre Produzentenkarriere 2008 mit dem verhältnismäßig hoch budgetierten Kinofilm "Der rote Baron" gestartet - und gleich einen veritablen Misserfolg hingelegt.
Fehler können und dürfen passieren, man sollte sie nur nicht zweimal machen. Mit dem "roten Baron" habe ich mich richtig auf die Fresse gelegt. Das war eine bittere, aber auch sehr wichtige Erfahrung. Ich habe daraus meine Lehren für meine spätere Firmengründung gezogen.

Wurden Sie schon mal bei einem Job gefeuert?
Glücklicherweise nicht!

Was war Ihr erster eigener Job?
Mit zwölf war ich Radio-Jingle-Sprecher beim Chemnitzer Radio. Ich habe da tatsächlich die ganze Zeit Jingles eingesprochen. Dafür habe ich damals 50 Euro bekommen. Danach ging’s los mit Theater. Da war ich mal Bühnenbauer in Berlin und habe später auch kleinere Gastrollen gespielt. Solche Jobs prägen einen fürs Leben. Ich weiß auch heute noch, wo ich herkomme.

Können Sie auch privat gut mit Geld umgehen?
Mein Verhältnis zu Geld wurde durch meine Erziehung geprägt und da trafen zwei Welten aufeinander. Ich bin nach der Wende bei meiner Mutter in einem Neubau, achter Stock in Chemnitz, aufgewachsen. Da gab es auch mal Fleischsalat von Aldi, was völlig in Ordnung war. Mein Vater hingegen ist einer, der in den Galeries Lafayette einen Käse aus der Provence gekauft hat. Geld ist für mich etwas Abstraktes. Die Erfahrung, die ich in meinem Leben bisher mit Geld gemacht habe, ist die, dass egal, ob man viel Geld oder gar keines besitzt: Am Ende des Tages geht es darum, wie sehr du mit dir im Reinen bist. Reichtum hat nichts mit Besitz und erst recht nichts mit Geld zu tun.

Wenn Sie nicht Schauspieler, Regisseur und jetzt auch noch Sänger geworden wären, was wären Sie dann geworden?
Schlagzeuger, zumindest im Herzen! Ich wollte immer Schlagzeuger werden, meine Mutter hat sich allerdings geweigert.

Für ihre Ohren und die Nachbarn sicherlich eine weise Entscheidung.
Naja, nicht wirklich. Statt eines Schlagzeugs habe ich eine Violine bekommen. Ob das für ihre Ohren so viel besser war?

Wofür geben Sie gern Geld aus?
Ich gehe nicht gern shoppen, kaufe mir keine teuren Klamotten und sammle auch keine Luxusschlitten. Wofür ich aber wirklich gern viel Geld ausgebe, sind Reisen mit meiner Familie, gutes Essen und Champagner.

Champagner?
Ja! Das soll jetzt nicht dekadent klingen. Guter Champagner muss nicht unbedingt teuer sein. Ich liebe Champagner, den man in kleinen Weinanbaugebieten in der Champagne entdecken muss. Wo man die Weinbauern kennenlernt und weiß, dass die sich echt Mühe bei der Herstellung geben.

Gérard Depardieu, Francis Ford Coppola, Jay Z - es gibt einige Prominente, die sehr erfolgreich in Wein machen. Wäre das nicht auch etwas für Sie?
Das ist bereits in der Planung. Joko und ich bringen einen eigenen Wein auf den Markt. Gemeinsam mit Jule Ella, einer jungen Winzerin aus dem Rheingau. Die Marke heißt "Drei Freunde" und wir haben den Wein das erste Mal auf meinem Konzert im Februar ausgeschenkt. Ein echtes Herzensprojekt, das uns allen unglaublich viel Freude bereitet.

Joko Winterscheidt ist auch an verschiedenen Start-ups beteiligt. Schauen Sie sich ebenfalls in der Gründerszene nach Investitionsmöglichkeiten um?
Nein, in der Start-up-Szene bin ich nicht so richtig involviert. Um in Start-ups klug zu investieren, sollte man sich wirklich mit der Materie beschäftigen, sonst verbrennt man nur Geld. Joko ist da unternehmerisch bewanderter als ich.

Sie haben gemeinsam mit Joko Winterscheidt und weiteren Partnern die Produktionsfirma Creative Cosmos 15 gegründet. Es heißt nicht umsonst, bei Geld und Frauen hört die Freundschaft auf. Was gehört dazu, um mit seinem besten Freund ein Unternehmen aufzubauen?
Jeder hat seine abgesteckten Bereiche und zugleich mehrere Standbeine, das nimmt schon mal den Druck raus. Ich glaube, es wäre etwas anderes, wenn wir unseren Fokus komplett auf ein Unternehmen legen würden. Wir sind bei Creative Cosmos 15 die kreativen Köpfe. Für uns arbeiten noch andere Leute, die operativ tätig sind, während wir uns darauf konzentrieren können, einen Werbeclip zu produzieren. Das macht die Sache für uns wesentlich entspannter. Und es macht Spaß, wir haben für 2018 und 2019 schon einige coole Sachen entwickelt, auf die ich mich sehr freue.

Können Sie eine Bilanz lesen?
Nein, ich kann keine Bilanz lesen und habe auch keinen Crashkurs in BWL belegt. Die Pantaleon-Führungsriege besteht neben mir aus einem gestandenen Produzenten und einem sehr erfahrenen Unternehmer, die sich um das Betriebswirtschaftliche kümmern. Mein Part ist der des Kreativen, der ein paar Akkorde auf dem Klavier klimpert und überlegt, in welcher Szene wir die Musik verwenden könnten, während meine Partner Deals in China abschließen.

Was war Ihre beste Investition?
Meine beste Investition ist meine Familie. Sie macht mich nachhaltig glücklich und ist sehr wertbeständig.

Und Ihre schlechteste Investition?
Da gibt es die ein oder andere Filmfirma, die sich nicht so entwickelt hat wie erhofft. Aber das ist okay, weil es sich zu der Zeit richtig angefühlt hat, darin zu investieren. Schwamm drüber, weiter geht’s. Allein drei Sekunden einem Fehlinvestment nachzutrauern, ist schon verschenkte Zeit. Ich packe lieber das nächste Projekt an und schaue nach vorn. Für mich geht es sowieso immer nach vorn. Ich schaue nicht zurück.

Im Januar sorgte Pantaleon Entertainment mit der Verpflichtung eines Topmanagers für Furore: Stefan Langefeld, zuvor bei Apple als iTunes Head of TV and Movies für Zentral- und Osteuropa, übernimmt zum 1. Mai die Position des Chief Operating Officer (COO), er soll sich um Ihre Streamingplattform Pantaflix kümmern und die internationale Expansion vorantreiben. Waren Sie an dem Coup beteiligt?
Nein, dafür waren auch meine Partner verantwortlich.

Nach der Meldung legte der Aktienkurs um 20 Prozent zu, das dürfte Sie gefreut haben.
Den Aktienkurs habe ich nur bedingt im Auge, auch in dieser Angelegenheit kann ich mich voll auf meinen Partner verlassen, der ist da total involviert. Ich freue mich, mit Marco Beckmann einen echten Börsencrack in unserem Team zu wissen. Während er und Dan Maag sich um die Geschäfte kümmern, schreibe ich Drehbücher für neue Filme. Das ist der Wert, den ich in die Firma einbringe.

Welche Projekte haben Sie für das laufende Jahr sonst noch in Planung?
Anfang Februar fiel die letzte Klappe für meinen nächsten Kinofilm "Hot Dog" mit Til Schweiger. Jetzt gönne ich mir eine sechsmonatige Auszeit, um neue Stoffe zu entwickeln. Das ausverkaufte Konzert in Berlin lässt mich, auch was die Musik betrifft, hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Wenn alles so weiterläuft, könnte für Ende des Jahres eine längere Tournee anstehen.

Haben Sie eigentlich schon Amazon-Chef Jeff Bezos persönlich getroffen?
Nein, noch nicht. Im Frühjahr werden wir in die USA fliegen, um uns mit Jeff Bezos und den Warner-Chefs zu treffen und uns über neue Projekte für 2018 und 2019 zu unterhalten. Ich bin schon sehr gespannt, was sich aus diesen Gesprächen ergeben wird.

Der Unternehmer
Am kommenden Samstag feiert Matthias Schweighöfer seinen 36. Geburtstag, in der Woche darauf, am 17. März, startet "You are wanted" beim Online-Streaminganbieter Amazon. Die sechsteilige Thrillerserie wurde von Pantaleon Films produziert. Die Firma gehört zum börsennotierten Unternehmen Pantaleon Entertainment (ISIN: DE 000 A12 UPJ 7). Nur 20 Prozent der Aktien sind in Streubesitz, 80 Prozent gehören BlackMars Capital - hinter der Gesellschaft steht Matthias Schweighöfer mit seinen Partnern Dan Maag und Marco Beckmann.

Bildquellen: David Daub