Immokredit-Experte: "Etwa 80 Prozent sind fehlerhaft"
14.05.16 17:00 Uhr
Julius Reiter, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, über den Widerrufsjoker, den Immobilien-Kreditnehmer noch bis 21. Juni ziehen können. Wie es geht.
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€uro am Sonntag: Wer sollte seinen Immobilienkredit prüfen lassen?
Julius Reiter: Insbesondere Kunden, die von 2002 bis 2010 ihren Vertrag abgeschlossen haben. Bei etwa 80 Prozent der Verträge ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft. Für die Betroffenen endet die Widerrufsfrist am 21. Juni 2016 endgültig.
Nach zehn Jahren steht Kunden doch ein gesetzliches Kündigungsrecht zu, oder?
Das stimmt, aber das Reizvolle an dem Widerrufsjoker ist, dass dem Kunden rückwirkend Zinsen gutgeschrieben werden. Derzeit liegen die im Schnitt bei etwa 2,5 Prozent. Bei einem erfolgreichen Widerruf entsteht ein sogenanntes gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis. Damit muss die Vertragspartei die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückgewähren.
Wie gehen betroffene Darlehensnehmer am sinnvollsten vor?
Am besten lassen sie ihren Vertrag von einem Fachanwalt für Banken- und Kreditrecht prüfen und warten dessen Bewertung ab. In der Regel machen die Juristen das kostenlos. Stellt sich die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft heraus, kann sich der Kunde an die Bank wenden. Meist kommt es zu einem Vergleich.
Und wenn nicht?
Dann muss der Kunde vor Gericht ziehen.
Dazu braucht er möglichst eine Rechtsschutzversicherung.
Das ist ein Vorteil, aber es existieren sogenannte Prozessfinanzierer. Bei denen kann man einen Antrag auf eine Kostenübernahme stellen. Im Gegenzug erhalten die ein Erfolgshonorar.
Nutzen das viele Betroffene?
Die meisten Betroffenen zahlen sogar lieber selbst und behalten dafür das erstrittene Geld komplett. Sobald ein Prozessfinanzierer zahlt, können die Verbraucher ziemlich sicher davon ausgehen, dass sie vor Gericht gewinnen.
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