Euro am Sonntag

Immobilien: Lukrative Studentenapartments?

09.01.16 15:00 Uhr

Immobilien: Lukrative Studentenapartments? | finanzen.net

In Zeiten der Mietpreisbremse sehen Investoren und Bauträger Studenten-Apartments als Gelegenheit, viel Geld zu verdienen. Chancen und Risiken.

von Gisela Haberer, Euro am Sonntag

Dario Mazzotta hält Studentenwohnungen für ein geniales Investment. Für Anleger sieht der Geschäftsführer des ­Immobiliendienstleisters 2dm nur Vorteile: Die Bürgschaft der Eltern sichere, dass die Miete gezahlt wird, und für wenig Quadratmeter ließen sich generell höhere Mieten durchsetzen. Zudem erleichtern rasche Wechsel Mieterhöhungen. Ist die Wohnung (teil-)möbliert, gibt es dafür weder Mietpreisspiegel noch Mietpreisbremse. Selbst die Nachfrage scheint gesichert: Seit Jahren steigt die Zahl der Erstsemester. Derzeit sind 2,8 Millionen Studenten (2004: 2,0 Millionen) an den gut 400 deutschen Hochschulen eingeschrieben. So viele wie nie. Studentenbuden - ein Selbstläufer für Investoren und Kapitalanleger?



Auf jeden Fall nimmt der Markt an Fahrt auf, vor allem in den 30 Städten mit der höchsten Anzahl Studierender. Dort hat sich nach Analyse des Immobiliendienstleisters Savills die Zahl der Apartments in privater Trägerschaft seit 2010 auf heute 25.000 mehr als verdoppelt. Vergangenes Jahr wurden bundesweit Studentenapartments für über 220 Millionen Euro verkauft, mehr als doppelt so viele wie 2013.

Bis 2020 sind rund 16.000 weitere privatwirtschaftliche Apartments geplant. Unternehmen wie Campus Viva, Lambert Holding und Uni Apart werben um Anleger, die in Studentenwohnanlagen in Berlin, Bayreuth, Essen, Heidelberg, Köln, Neu-Ulm, Offenbach, Ravensburg und Regensburg investieren.


Kapitalanleger können zwischen mehreren Standorten und Konzepten wählen: Zum Beispiel kann bei der i Live Holding, die in Deutschland und Österreich Studentenapartments anbietet, zur Wohnung das komplette Miet- und Verwaltungsmanagement dazugekauft werden. Campus Viva bietet auf Wunsch zumindest eine Erst- und Folgevermietung an, während bei der Lambert Holding Apartments auch ohne Zusatzleistungen gekauft werden können. Investoren dürfen je nach Lage und Ausstattung mit einer Mietrendite von vier bis zu 6,5 Prozent im Jahr rechnen.

Doch Vorsicht: Einnahmen aus Vermietungen werden mit dem persönlichen Steuersatz besteuert, was schlimmstenfalls die Rendite fast halbiert. Extras wie eine Vermietungsgarantie schmälern die Rendite, meint Dario Mazzotta, der seit fast 20 Jahren Anbieter und private ­Investoren zusammenbringt. Für Kleinanleger lohne jedoch eine professionelle Hausverwaltung: "Sie sichert Vermietung und Instandhaltung der Immobilie und finanziert sich quasi selbst."


Auch für die Mieter unterscheiden sich die Konzepte der Anbieter. Campus Viva, GBI, die unter der Marke "smartments" auftreten, International Campus mit der Marke The Fizz, The Flag und Youniq AG werben mit Rundum-­service: komplett möbliertes Zimmer plus Dachgarten, Minishop, Fitnessräume, Waschsalons und mehr im Haus. Heißt für Investoren: Es kann auch viel kaputtgehen, wofür die Gemeinschaft der Eigentümer zahlen müsste. Bei i Live Holding, MPC Capital mit der Marke Staytoo und der Firma Classic beschränkt sich die Standardausstattung auf Küchenzeile und Bad. Für Mieter wie Käufer seien die Konzepte reine ­Geschmackssache, meint Mazzotta, entscheidend sei - wie immer bei Immo­bilien - die Lage.

Fataler Herdentrieb

Deren Wert bemisst sich bei Studentenapartments nach der Nähe zu Uni-Instituten und öffentlichem Nahverkehr, ­inzwischen aber auch nach der Konkurrenz vor Ort. Das Analysehaus bulwiengesa untersucht jährlich die Attraktivität von Unistädten mit mehr als 7.000 ­Studenten und hielt bereits 2012 die meisten guten Standorte für besetzt. Analysten von Savills warnen in ihrer aktuellen Studie zum "Studentenwohnungsmarkt Deutschland" direkt vor ­einem Überangebot: Zu viele privatwirtschaftliche Anbieter konkurrierten um das kleine Marktsegment von Studenten mit vierstelligem monatlichem Budget. In Regensburg gäben nur 2.000 Studenten mehr als 450 Euro für ihre Warmmiete aus. Deren Nachfrage sei schon zur Hälfte gedeckt.

Nach Abschluss geplanter Bauvorhaben liege die Marktsättigung sogar bei 56 Prozent. Hohe Sättigungsgrade sagt Savills auch für Erlangen (39 Prozent), Frankfurt am Main (34 Prozent), Dresden (32 Prozent) und Heidelberg (30 Prozent) voraus. Dabei drängen immer mehr Akteure, auch ausländische, auf den deutschen Markt. "Für sie alle ist das Hochpreissegment nicht groß genug", warnt Matthias Pink, Leiter der Savills-Studie. Aktuell geben nur zehn Prozent der Studenten über 450 Euro für ihre Warmmiete aus und viele, die das Geld haben, wollen gar kein Apartment in einer Studentenwohnanlage. Nächstes Problem: Die Zahl der Studenten sinkt. Die Kultus­minister der Länder rechnen bis 2020 mit jährlich 485.000 (statt der heutigen 500.000) Studienanfänger.

Für Savills führen zwei Wege aus dieser Misere: die Zielgruppe vergrößern durch Angebote für Studenten mit mittlerem Budget. Denn sie fallen heute in die Versorgungslücke zwischen öffentlich geförderten Wohnheimen für Studenten mit geringem Einkommen und teuren Apartments. Zweite Möglichkeit: weitere Zielgruppen für Mikrowohnen erschließen. Dies erproben bereits ­einige Anbieter. GBI bietet Studierenden, Singles und Geschäftsreisenden jeweils spezielle "smartments", Mondial konzipiert seine Studentenapartments so, dass sie sich leicht in altersgerechte Wohnungen umgestalten lassen.

Private Kapitalanleger können beide Wege verbinden, indem sie eine Wohnung abseits von Studentenanlagen kaufen. Mit einer zentral gelegenen Einzimmerwohnung erreichen sie alle, die allein leben wollen. Eine Etagenwohnung, die sich für eine studentische Wohngemeinschaft eignet, kommt auch bei Familien gut an. Oder sie planen ein Projekt für "nachhaltiges Wohnen für Studenten und Auszubildende". Dann können sie einen Zuschuss aus dem 120 Millionen Euro schweren Förderprogramm des Bundesbauministeriums ­beantragen und so Bau oder Kauf und die Miete günstig halten.

Ausgewählte Anbieter, Projekte und Orte

Campus Viva
Wohnungen mit vielen ­Extras (u. a. Minishops, Waschsalons) in Berlin, Bremen, München
www.campusviva.de

GBI
"smartments" mit ­Rundumservice in Berlin, ­Hamburg, Köln
www.gbi.ag

i Live
Apartments, die noch ­individuell ausgestaltet werden können, in Berlin, Köln, Offenbach
www.i-live.de

Lambert Holding
Recht puristische ­Wohnanlagen in Berlin
www.lambert-holding.de

KSW: Maison Jeune
Maison Jeune in Leipzig
www.ksw-leipzig.de

Bauwens
Uni.3 in Köln
www.bauwens.de

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