Südafrikanischer Wein: Spitzen Südlage
Ein Deutscher erobert den Weinmarkt mit seinem Spitzenwein 4G. Von der Parzelle über das Fass bis zum Korken und Etikett stecken darin viel Liebe zum Detail und deutscher Perfektionismus.
von Andrea Jeska, Euro am Sonntag
Am Anfang jeder großen Idee steht bekanntlich eine Vision. Manchmal auch ein Luftschloss. So eines wie: Man müsste mal einen Kultwein machen.
Zwei Männer, alte Freunde, gingen vor vielen Jahren wandern. Beide standen im Beruf, beide waren noch jung. Da fiel dieser Satz.
Sieben Jahre später sitzt einer dieser beiden Wanderer im Tearoom des Hyatt in Hamburg und muss erst mal Luft holen. Philipp G. Axt, Vorstandschef des Weinlabels 4G, ist gerade aus Südafrika eingeflogen, in einigen Stunden schon will er nach Berlin, dann nach Dubai, wieder Südafrika und so weiter. "Flughäfen sind mein Zuhause", sagt Axt, nippt an seinem Earl Grey und grinst ein wenig schief. Denn diese Aussage ist nur halb ein Scherz. Axt ist das, was man als postmodernen Nomaden bezeichnet. Einer, der überall und nirgends auf der Welt daheim ist. Sieben Jahre lang hat er in Nizza gelebt, dann lief sein Mietvertrag aus. Er beschloss, keine neue Wohnung zu mieten. Seither wohnt er in Hotels und bei Freunden: ein Obdachloser in einem eleganten Anzug, ausgestattet mit allen Instrumenten der modernen Kommunikation und immer mit einem Koffer in der Hand. Darin: das Nötigste für den Privatgebrauch. Und viele Flaschen Wein der Marke 4G.
Die 4 steht für die vier Freunde, die nach der Wanderung in die Pläne einstiegen, jeder von ihnen hatte irgendwo ein G im Namen. "Du, ich will einen Spitzenwein machen, ich brauche 50.000 Euro", sagte Axt zu einem davon. Die Antwort damals: "Du spinnst ja total."
Vom Laien zum Spitzenwinzer
Axt, 40 Jahre alt, fand schon als Student Wein interessant. Und war bereits damals irgendwie schräg. Erst studierte er BWL in Bayreuth, ging dann zur Philosophischen Fakultät und schrieb seine Doktorarbeit über die "Anwendbarkeit ethischer Normen bei Interessenkonflikten in der Unternehmensberatung". Mit diesen ethischen Maßstäben stieg er später in die Unternehmensberatung ein, und es mag sein, dass seine Maßstäbe ein wenig zu hoch waren: Geblieben ist er dabei nicht. Nicht einmal 35 Jahre alt war er, als er ausstieg. Und Winzer wurde.Auf Südafrika kam Axt wegen der vielen Klimazonen, die man dort in ein und demselben Land findet. Und weil er das Land persönlich mochte. Weil es viele afrikanische Weine gibt, aber keinen in der Spitzenklasse. Das schien ihm, dem Laien, der nur von einer Idee und der puren Lust getrieben wurde, wie ein guter Ausgangspunkt.
Axt hat keinen eigenen Weinberg. Sondern nur Parzellen, manchmal nur Reihen, die anderen Winzern gehören. Verteilt über einen Radius von 130 Kilometern im Umkreis der Weinstadt Stellenbosch. Und die Suche danach geht so: Axt und seine Leute fahren durch die Gegend, schauen sich anderer Leute Berge an und fragen dann: "Können wir eventuell Reihe fünf bis acht von euch pachten?"
Dann beginnt, was Axt mit "Liebesarbeit" beschreibt. Der Boden wird optimiert, die Reben wachsen so ordentlich wie eine Mannschaftsaufstellung. "Bei den anderen Winzern sieht es aus wie im Dschungel, bei uns wie in einem japanischen Garten. Die anderen ernten acht bis zehn Kilo vom Stock, wir nur gut ein Kilo." Eine Menge, die für höchstens 6.000 Flaschen im Jahr reicht. Geerntet wird per Hand, verlesen auch. Ein 4G kostet entsprechend um die 350 Euro pro Flasche. "Was wir verkaufen, das ist außergewöhnlich. Billig können wir nicht."
Kritiker loben den Wein
Nun gibt es viele Luftschlösser, die einer mal eben so in die Gegend baut. Und Winzer sein, das wollen auch andere. Stars, ehemalige Bahnchefs und sogar Minister i. R., alle besitzen irgendwo ein Weingut. Gehört allerdings hat man von ihren Weinen selten etwas. Und wenn, dann keine Lobeshymnen. 4G-Weine aber, so schrieben es Kritiker, internationale Sommeliers und Weinmagazine, gehörten zu den hoffnungsvollsten Weinen Südafrikas.Axts Weine sind Cuvée-Weine, dominant sind Cabernet Sauvignon und Shiraz. Gemischt wird in Eichenholzfässern, in denen der Wein auch zur Reife gelangt. "Tatsächlich ist es ein bisschen hiervon, ein bisschen davon", erklärt Axt. "New World Blending" nennt er das, "ergänzt durch die Expertise der alten Welt". Fässer und Korken sucht Axt höchstpersönlich aus. Erstere kauft er in Frankreich, Letztere in Portugal. Für die Etiketten hat er einen Berliner Künstler verpflichtet, für die Arbeit vor Ort einen französischen Weinmacher und Professor für Önologie. "Wir setzen auf ein Gesamtkunstwerk", sagt Axt, wenn man ihn fragt, wie er geschafft hat, was bei anderen eine Luftblase bleibt. "Unser Kapital sind Perfektion, Geduld, Liebe zum Detail und gute Leute."
Vielflieger-Leben mit Weinkoffer
Ein wenig erinnert diese Geschichte an die des kalifornischen Spitzenweins Opus One. Begründet wurde diese Marke von Philippe de Rothschild, Erbe der Rothschild-Dynastie und Besitzer des Familienweinguts Chateau Mouton-Rothschild im Bordeaux. Rothschild beschloss 1979 gemeinsam mit dem amerikanischen Winzer Robert Mondavi, einen erstklassigen kalifornischen Rotwein zu kreieren. Jahr für Jahr variierten sie die Menge der verwendeten Rebsorten, bis der Wein wie ein Bordeaux-Verschnitt schmeckte. Opus One ist heute einer der teuersten und berühmtesten Weine Kaliforniens.So weit sind die 4G-Weine noch nicht. Für den unternehmerischen Erfolg braucht Axt einen langen Atem, denn dies sind nicht mehr die 70er-Jahre, und Erbe einer Dynastie ist er auch nicht. Die alteingesessenen europäischen Winzermarken stehen wie Wächter vor den Toren des Marktes. Zudem galt Wein aus Südafrika lange als mittelmäßig, waren Merlot und Pinotage Weine für die Massen.
Also führt Axt ein Vielflieger-Leben mit Weinkoffer, um vor Ort bei den Sommeliers Überzeugungsarbeit zu leisten. Was, wie er über der zweiten Kanne Earl Grey erklärt, nicht leicht ist. "Ich muss die Leute erst mal dazu kriegen, meinen Wein zu probieren." Manchmal gelingt es. Gerade hat Axt einen Vertrag mit der Fluggesellschaft Emirates abgeschlossen. Dort wird in der First Class künftig 4G-Wein serviert.
Hauswein im Gourmettempel
"Doch richtig gern würde ich den afrikanischen Markt erobern", sagt Axt und schwärmt vom gesellschaftlichen und damit auch geschmackssozialen Wandel in Angola, Nigeria und auch im südlichen Afrika. "In Johannesburg liegt das Geld auf der Straße. Black Diamonds werden die neuen Reichen genannt, weil sie das Geld mit vollen Händen ausgeben. Da ist ganz viel Nachholbedarf."
Interkulturelle Zusammenarbeit ist bereits in die Wege geleitet. Der erste schwarze Gourmetrestaurant-Besitzer Südafrikas will 4G-Wein zu seinem Hauswein machen. "Wenn das Schule macht, das wäre wirklich toll", sagt Axt voll Enthusiasmus. "Zwei Welten, verbunden durch einen Wein!"
Investor-Info
Südafrikas Wirtschaft
Exportschlager Wein
Deutschland importiert aus Südafrika hauptsächlich Wein, Frischobst und Südfrüchte. Zwar trägt die Landwirtschaft nur 2,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung Südafrikas mit seinen 54 Millionen Einwohnern bei, für das von hoher Arbeitslosigkeit betroffene Land ist sie dennoch wichtig. Knapp zwei Millionen Südafrikaner sind in der Landwirtschaft tätig oder zählen zu den Kleinbauern. Präsident Jacob Zuma forderte in seiner Rede zur Nation im Februar, dass bis 2030 eine weitere Million an Arbeitsplätzen im Landwirtschaftssektor geschaffen werden soll. Südafrikas Börse hängt 2015 andere Schwellenländer ab. Langfristig ist ein ETF, der die Entwicklung der wichtigsten börsennotierten Gesellschaften Südafrikas nachbildet, als Depotbeimischung durchaus geeignet (ISIN: FR 001 046 444 6).
Weitere News
Bildquellen: 4G Wines AG, Evgeny Karandaev/iStockphoto