Die etwas andere Dividende

Sachdividenden: Es muss nicht immer Bares sein

14.12.13 03:00 Uhr

Ein ausgefallenes Geschenk mit außergewöhnlicher Rendite? Clevere Anleger können sich und ihre Lieben auch in diesem Jahr zu Weihnachten mit beidem erfreuen – wenn sie die richtigen Titel erwerben.

von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag

Auf den Spuren von James Bond in den Schweizer ­Alpen Ski fahren — klingt teuer und ist es wahrscheinlich auch. Doch es gibt eine Gruppe von Menschen, die haben dieses Vergnügen Jahr für Jahr, und zwar gratis. Die Schilthornbahn im Berner Oberland war nicht nur Schauplatz des Bond-Streifens „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, sondern das Unternehmen ist auch eine Aktiengesellschaft, deren Anteile jedermann zeichnen kann. Anstatt einer Dividende in Form von Bargeld zahlt die Schilthornbahn jedem Aktionär einmal im Jahr eine Berg- und Talfahrt im Wert von umgerechnet 80 Euro. So können Anteilseigner etwa nach einem Drink im Gipfelrestaurant Piz Gloria die Pisten unsicher machen. Kleiner Wermutstropfen: Der 007-Burger, der dort für umgerechnet 18,70 Euro angeboten wird, ist in der Dividende leider nicht enthalten.

In der Schweiz hat es inzwischen Tradition, dass kleinere Aktien­gesellschaften ihre Aktionäre mit Handfestem statt mit einer Überweisung beglücken. So können sich Anleger von Zeit zu Zeit selbst beschenken. Für Ski- und Bergfans lohnt sich die Schweizer Alpinbranche, und das nicht nur am Schilthorn.

Die Bergbahnen Adelboden AG etwa spendiert ihren Investoren zweimal im Jahr einen Aktionärstag: Wer bis zu 24 Aktien im Nennwert von zehn Schweizer Franken hält, bekommt jeweils einen Restaurantgutschein über zehn Franken, ab 25 Aktien kommt eine Tageskarte für das gesamte Gebiet dazu, und „Großaktionäre“ mit 50 und mehr Anteilscheinen erhalten neben der Tageskarte einen Restaurantgutschein über 20 Schweizer Franken (16,20 Euro).

Auch die Rigi Bahnen AG setzt auf eine Naturaldividende: Für jeden Anteilseigner gibt es am Tag der Generalversammlung eine Tageskarte auf die Rigi, denn das Aktionärs­treffen findet traditionell dort oben statt. Dazu kommt pro 200 Aktien eine weitere Tageskarte, höchstens jedoch 20. Mit diesen Tageskarten lässt sich noch weiter sparen, denn pro Ticket ermäßigt sich die Jahreskarte um zehn Prozent und die Zweijahreskarte um fünf Prozent.

Die Schweizer Hotelgruppe Sunstar AG, die unter anderem Vier­sternehäuser in Grindelwald, Davos, Klosters, Zermatt, Wengen und Arosa betreibt, zahlt seit Jahren die Dividende in Form von Gutscheinen aus. Für jede Namensaktie gibt es ­einen sogenannten Aktionärsbon — 2012 im Wert von 40 Schweizer Franken, umgerechnet 30 Euro —, der in allen Hotels für Übernachtungen mit Frühstück bis zu einer Höhe von maximal 50 Prozent des Listenpreises in Zahlung gegeben werden kann. Kleiner Schönheitsfehler: Zum Jahreswechsel und in der Hochsaison von Februar bis Mitte März werden die Bons nicht in allen Hotels der Gruppe eingelöst.
Wer in Zürich Entspannung sucht, tut dies vielleicht im Tierpark der Stadt. Der Zoo Zürich bietet seinen Aktionären pro Aktie im Nennwert von 50 Franken einmal im Jahr freien Eintritt. Der Kaufpreis der ­ Namensaktie liegt bei 150 Franken (122 Euro), ein Tagesticket kostet umgerechnet 18 Euro.

Genussscheine für Genießer
Freunde flüssiger Genüsse können noch bei der Baseler Brauerei Unser Bier einsteigen. Für Neuaktionäre kostet eine Aktie 300 Schweizer Franken (245 Euro), wer schon Anteilseigner ist, zahlt 275 Franken. Dafür dürfen Teilhaber bei der Aktionärsversammlung so viel Bier trinken, wie sie möchten und vertragen.

Naturaldividenden sind nicht nur eine Spezialität der Schweiz. Auch die Grönwohlder Hausbrauerei im Kreis Stormann zwischen Hamburg und Lübeck bietet die Möglichkeit, in den Betrieb zu investieren. Allerdings ist die Grönwohlder Bieraktie keine Aktie, sondern ein Genuss­schein. Der Einstieg kostet 1.000 Euro oder ein Mehrfaches davon, die Mindestlaufzeit liegt bei drei Jahren und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, sofern der Inhaber nicht ein halbes Jahr vor dem Laufzeitende kündigt. Dafür gibt es ein kostenfreies Bierbrau­seminar sowie eine Verzinsung von zehn Prozent pro Jahr aus dem Sortiment der Brauerei. Am Ende der Laufzeit kann der Investor wählen: Entweder erhält er seine Einlage in bar zurück oder in Naturalien, wahlweise auf einmal oder in Etappen.

Bei der Brennerei Obsthof am Berg im hessischen Kriftel im Städtedreieck Frankfurt, Mainz, Wiesbaden gibt es eine Whiskyaktie zu kaufen. Das Papier kostet 500 Euro, die Haltefrist beträgt mindestens fünf Jahre, und gekündigt werden kann drei Monate vor Ende der Laufzeit. Ansonsten verlängert sich diese um jeweils ein Jahr. Dafür gibt es eine jährliche Verzinsung von acht Prozent aus dem Sortiment der Brennerei. Neben dem hauseigenen Whisky der Marke Gilors sind das auch Brände, Liköre, Säfte sowie alle sonstigen Produkte des Hofladens.

Mit der Rebstockaktie lockt das Weingut Franzen in Bremm an der Terrassenmosel: Für einen vergleichsweise kleinen Betrag von 99 Euro erwirbt der Käufer einen Weinberg­anteil mit einem Rebstock. Dafür erhält er als Dividende eine Flasche Calmont Revival, eine trockene Riesling-Spezialität. Der Anlagezeitraum liegt bei fünf Jahren. Wird ein halbes Jahr vorher nicht gekündigt, verlängert sich das Engagement um weitere fünf Jahre. Zu den Pionieranbietern solcher Genussscheine zählt die Winzerin Sybille Kuntz vom gleichnamigen Weingut in Lieser an der Mosel.
Sie bietet Beteiligungen von 2.500, 5.000  oder 10.000 Euro an und offeriert im Gegenzug eine Verzinsung von 5,5 Prozent, die sich der Investor aus dem Sortiment des Weinguts nach eigenem Gusto zusammenstellen kann.

Bei der Hofer Käsemanufaktur in Kaltental im Allgäu wiederum können Anleger für 250 Euro ein Bezugsrecht erwerben. Nach zwei Jahren — so lange müssen die Käselaibe der Manufaktur reifen — bekommt der Inhaber einen zehn Kilo schweren Käselaib.

Was bekommt der Fiskus?
Naturaldividenden unterliegen wie Bardividenden der Abgeltungsteuer. Das heißt aber nicht, dass Brauereiaktionäre ein Viertel ihrer Bierdividende bei ihrem Finanzamt abliefern müssen. Das Unternehmen berechnet die Höhe der Dividende und zieht 25 Prozent Abgeltungsteuer und hiervon noch einmal 5,5 Prozent Solidarzuschlag ab. Was übrig bleibt, wird in Form der jeweiligen Naturalie ausgeschüttet. Grundlage für die Berechnung ist der Verkaufspreis.
Das heißt im Klartext: Aktionäre, die Sachdividenden beziehen, müssen sich keine Gedanken um die Steuer machen. Einen Sparerfreibetrag gibt es allerdings auch nicht, denn die Gesellschaft müsste dann wie eine Depotbank agieren und mit dem zuständigen Finanzamt aus­machen, welchen Freibetrag der Anleger ihr zugeteilt hat.