Was die Corona-Krise für die Renten bedeutet
Steigende Löhne bedeuten höhere Altersbezüge. Folglich hat sich in Deutschland seit dem Jahr 2011 jeden Sommer die Rente erhöht. Aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie könnte dieser Mechanismus nun jedoch außer der Kraft gesetzt werden.
• Renten steigen um 3,45 und 4,20 Prozent
• Vollbeschäftigung in 2019 sorgt für hohe Rente in 2020
• Rentnern stehen magere Jahre bevor
Rentner in Ost- und Westdeutschland konnten in den zurückliegenden Jahren so gut wie alle 12 Monate mit deutlich höheren Altersbezügen rechnen. So erfolgten zwischen den Jahren 2000 und 2020 insgesamt 16 positive Rentenanpassungen. In Summe kletterten die Bezüge in diesen Zeitraum um 32,95 Prozent im Westen und 44,40 Prozent im Osten, also um durchschnittlich 1,65 und 2,22 Prozent im Jahr.
Altersbezüge steigen weiter an
Auch in diesem Jahre soll es wieder zu einer erheblichen Rentenerhöhung kommen. So klettern die Altersbezüge diesen Sommer um 3,45 Prozent in Westdeutschland bzw. um 4,20 Prozent in den neuen Bundesländern. Damit steigen die Bezüge für die rund 21 Millionen Rentner am 1. Juli 2020 sogar noch stärker als ursprünglich erwartet.
Hohe Löhne, hohe Renten
Ausschlaggebend für die Rentenerhöhung in diesem Jahr war die positive Entwicklung der Bruttolöhne im Jahr 2019. Da im vergangenen Jahr eine statistische Vollbeschäftigung herrschte, mussten einige Arbeitgeber, um überhaupt noch an Fachkräfte zu gelangen, ihre Gehälter deutlich aufstocken. "Steigen die durchschnittlichen Löhne und Gehälter je Arbeitnehmer, folgen die Renten nach", so die Erklärung dieses Mechanismus der Deutschen Rentenversicherung.
Bruttolohnsumme wird 2020 erheblich schrumpfen
Aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie glauben nun jedoch viele Experten und Forschungsinstitute, dass die deutsche Volkswirtschaft im Jahr 2020 den größten Rückschlag seit 100 Jahren erleben dürfte. Entsprechend bleiben auch die Rentner nicht von dieser ökonomischen Katastrophe verschont. Denn die verordnete Vollbremsung der Wirtschaft wird, aufgrund von zahlreichen Entlassungen und Kurzarbeit, natürlich auch die Bruttolohnsumme beträchtlich schrumpfen lassen.
Für die Höhe der Rente spielt jedoch nicht nur die Lohnsumme eine wichtige Rolle, sondern auch die Anzahl und die Entwicklung der Beitragszahler. Da die Arbeitslosigkeit, laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), im Jahresverlauf wieder deutlich steigen wird, verschlechtert sich das Verhältnis zwischen Beitragszahler und Rentenempfänger nun jedoch enorm.
Politiker machen gute Miene zum bösen Spiel
Angesichts dieser prekären Lage grenzen die jüngsten Aussagen über die Verlässlichkeit der Rente in Deutschland von Gundula Roßbach, der Präsidentin der Rentenversicherung, und dem Bundessozialminister, Hubertus Heil (SPD), an üblen Sarkasmus. Während Frau Roßbach davon spricht, dass die Rentenerhöhung im Sommer 2020 "in diesen schwierigen Zeiten wirklich eine gute Nachricht" ist, betont Herr Heil, wie sehr "die Rentenversicherung für Verlässlichkeit" steht. Dabei wissen jedoch beide, dass den deutschen Rentnern aufgrund der Corona-Krise nun viele magere Jahre bevorstehen dürften. Da sich die Rentenerhöhung im kommenden Juli lediglich auf das sehr gute Jahr 2019 bezieht, hat die aktuelle Krise noch keine Auswirkung auf die Höhe der Bezüge im Jahr 2020.
Rentensteigerungen dürften abflachen
Aufgrund der aktuellen Krise erwarten Ökonomen, dass hunderttausende Arbeitnehmer in Deutschland mehrere Wochen nur ein Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen können. Diese Kurzarbeiter erhalten dann nur noch rund 60 Prozent ihres bisherigen Nettoeinkommens, was in Folge die allgemeine Lohnsumme einbrechen lässt. Des Weiteren dürfen die Arbeitnehmer in Deutschland, selbst wenn sich die Wirtschaft nach der Krise wieder sehr schnell erholen kann, nicht mit außerordentlichen Lohnsteigerungen rechnen. Entsprechend dürften die Rentensteigerungen, sofern es überhaupt noch zu Steigerungen kommen kann, deutlich abflachen.
Rentner stehen magere Jahre bevor
Bei einer durchschnittlichen Rentendauer von 21,8 Jahren bei Frauen und 18,1 Jahren bei Männern spielt die Dynamik der Beitragserhöhungen eine zentrale Rolle. Denn die Differenz zwischen einer jährlichen Rentensteigerung in Höhe von einem, zwei oder gar drei Prozent ergibt über eine Zeitspanne von rund 20 Jahren einen Unterschied von mehreren Zehntausend Euro. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang noch eine Inflationsrate von rund zwei Prozent, wird unmittelbar klar, dass nicht nur eine Vielzahl an Arbeitnehmer unter den extremen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leiden, sondern zukünftig auch Millionen von Rentnern.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.net
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