Widerrufsjoker: So nutzen Sie die letzte Chance
Jetzt ist es amtlich. Der Bundestag hat am 18. Februar das Widerrufsrecht für private Immobilienkredite neu geregelt.
Damit stirbt der sogenannte Widerrufsjoker, der Kreditnehmern den Ausstieg aus teuren Krediten ermöglicht, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Noch bleibt Verbrauchern aber eine Galgenfrist bis Juni, um mit einem Widerruf viele Tausend Euro zu sparen.
Das neue Gesetz, das auf den sperrigen Namen EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie hört, sieht vor, dass Darlehen, die bis zum 10. Juni 2010 geschlossen wurden, nur noch mit einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes widerrufen werden können. Wichtig ist dabei: Das Gesetz ist durch die Verabschiedung im Bundestag noch nicht in Kraft getreten. Dies wird erst am 21. März 2016 der Fall sein, so dass die dreimonatige Frist bis 21. Juni läuft.
Unter Juristen ist diese sogenannte Rückwirkung des Gesetzes (also die Regelung für in der Vergangenheit abgeschlossene Kredite) höchst umstritten. Das kümmert die Bundesregierung allerdings nicht. Offenbar unter dem Druck der Banken, die unter der großen Zahl von Kreditwiderrufen ächzt, opfert man nun den Verbraucherschutz. Das zuständige Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz spricht zwar beschönigend von "einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse der Kreditwirtschaft an Rechtssicherheit und dem Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern". Bei Lichte betrachtet handelt sich jedoch um nichts anderes als einen Kniefall vor den Kreditinstituten.
Umso wichtiger ist es nun, dass betroffene Verbraucher diese letzte Möglichkeit zum Widerruf auch wahrnehmen. In einem ersten Schritt sollte der eigene Kreditvertrag von einem kompetenten Anwalt auf fehlerhafte Widerrufsklauseln geprüft werden. Die Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) bietet diese Prüfung kostenlos an. Bisher wurden von den Anwälten der IG Widerruf bereits mehr als 5.000 Kreditverträge unter die Lupe genommen. Besonders im Zeitraum zwischen 2002 und 2010, für den nun die gesetzliche Neuregelung besonders streng ausfällt, ist die Fehlerquote mit rund 80 Prozent besonders hoch.
Das heißt nichts anderes, als dass vier von fünf Immobilienkredite aus diesem Zeitraum angreifbar sind und den Kreditnehmern damit die Möglichkeit bieten, ihren Darlehensvertrag auch heute noch zu widerrufen. Folge eines solchen Widerrufs ist normalerweise eine Rückabwicklung des Darlehens. Das bedeutet zum einen, dass der Kreditnehmer aus seinem Darlehensvertrag entlassen wird und die aktuell niedrigen Zinsen sofort für eine Umschuldung nutzen kann. Zum anderen bedeutet eine Rückabwicklung aber auch, dass das Kreditinstitut dem Kunden eine Entschädigung für in der Vergangenheit zu viel bezahlte Zinsen bezahlen muss. Nicht selten wird dadurch die Restschuld, die der Bank noch geschuldet wird, um zehn Prozent oder mehr reduziert.
Eine solche vollständige Rückabwicklung des Kredits ist zumeist nur durch eine Klage und ein Gerichtsverfahren zu erreichen. Allerdings zeigt die Erfahrung der IG Widerruf, dass viele Banken auch ohne Prozess die Kunden aus ihren Verträgen aussteigen lassen, wenn diese von einem erfahrenen Anwalt vertreten werden und außergerichtlich kompromissbereit sind. Dies bedeutet, dass der Kunde zwar auf die Entschädigungszahlung der Bank verzichtet. Im Gegenzug bekommt er aber den sofortigen Ausstieg aus dem Darlehen und damit zumeist mindestens eine Halbierung der Kreditzinsen mit sofortiger Wirkung. Dies ist besonders dann lohnend, wenn die Zinsbindung des alten Darlehens noch mehrere Jahre läuft.
Verbraucher sollten daher ihre Darlehen jetzt möglichst schnell anwaltlich prüfen lassen, um die noch verbleibende Frist bis Juni effektiv zu nutzen. Die Anwälte der IG Widerruf (www.widerruf.info) machen bei entsprechender Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung einen konkreten Vorschlag zur Umsetzung des Widerrufs. In vielen Fällen werden die Kosten dafür von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Teilweise ist für den Verbraucher sogar noch der Abschluss einer solchen Versicherung nach erfolgter Prüfung des Kredits möglich.
Falls keine Rechtsschutzversicherung greift, bietet die IG Widerruf durch ihre Partner auch die Durchsetzung des Widerrufs mit Hilfe einer Prozessfinanzierung. Damit vermeidet der Kreditnehmer jegliches Kostenrisiko und bezahlt nur im Falle eines erfolgreichen Widerrufs ein Erfolgshonorar an den Prozessfinanzierer.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
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