Widerrufsjoker: Keine Angst vor fehlendem Anschlusskredit beim Widerruf des Darlehensvertrags
Viele Verbraucher, die sich damit beschäftigen, einen Kredit zu widerrufen, schrecken davor zurück, weil sie sich Sorgen um eine Anschlussfinanzierung machen.
Umso ärgerlicher ist es, dass selbst Verbraucherschützer bisweilen unabsichtlich die Angst vor dem Widerrufsjoker schüren, indem sie den Rat geben, sich vor dem Widerruf eine verbindliche Zusage für einen neuen Kredit zu sichern.
Hier bin ich klar anderer Meinung und zwar aus zwei Gründen. Erstens: Eine verbindliche Finanzierungszusage ist weder nötig noch einfach zu bekommen. Und zweitens: Selbst eine verbindliche Finanzierungszusage bietet in der Regel nicht die erwünschte Sicherheit.
Aber der Reihe nach: Häufig scheuen Banken eine verbindliche Finanzierungszusage allein schon deshalb, weil der Aufwand für die Prüfung recht hoch ist. Ein solches Finanzierungsangebot bedeutet eine Menge Papierkram und Dokumentation. Und die Banken wissen mittlerweile, dass von den Interessenten, die einen Widerruf planen, nur relativ wenige letztlich wirklich eine Umschuldung brauchen. Warum? Die Praxis zeigt, dass viele Bankkunden sich mit der alten Bank einigen und dort den Kredit zu günstigeren Konditionen fortsetzen. Damit wird der neue Kredit überflüssig. Unter dem Strich kommen also recht wenig echte Umschuldungen zustande.
Die sinnvolle Alternative dazu ist eine sogenannte Vorprüfung, wie sie beispielsweise die Finanzierungspartner der IG Widerruf (www.widerruf.info) durchführen. Im Moment haben wir ca. 30 Banken identifiziert, die bereit sind, Kreditnehmer nach einem Widerruf zu finanzieren. Mit diesen Instituten wird mit überschaubarem Aufwand eine Vorprüfung durchgeführt. Das Ergebnis ist eine grundsätzliche Finanzierungszusage nach einem Ampelsystem grün-gelb-rot - aber noch kein verbindliches Angebot. Wir sehen derzeit, dass die meisten Interessenten als problemlos eingestuft werden, also grünes Licht bekommen. Sie bringen gute Bonität mit und haben einen recht niedrigen Beleihungsauslauf, da die Kredite schon über mehrere Jahre getilgt wurden.
Jeder, der bei dieser Vorprüfung ein "grün" bekommt, kann beruhigt den Widerruf gegenüber seiner jetzigen Bank erklären. Sollte es dort zu einer Vertragsauflösung kommen, wird er auch bei einer der 30 Banken eine Anschlussfinanzierung finden. Damit ist er nicht schlechter gestellt als mit einer "verbindlichen" Finanzierungszusage. Diese gilt nämlich normalerweise nur 30 Tage. In diesem Zeitraum ist aber ein normaler Kreditwiderruf in der Regel nicht über die Bühne zu bringen. Damit bietet eine solche verbindliche Finanzierungszusage nur eine scheinbare Sicherheit.
Gibt es ein Restrisiko? Ja, das gibt es. Zum Beispiel, dass der Kreditnehmer unmittelbar nachdem er den Widerruf erklärt hat, seinen Job verliert. Dann könnten die Banken eine grundsätzliche Finanzierungszusage zurückziehen, wenn andere Sicherheiten fehlen. Wer aber jegliches Restrisiko ausschalten will, der sollte sich den Widerruf ohnehin grundsätzlich gut überlegen. Aus meiner Sicht ist das Risiko hier für die meisten nur theoretisch und allemal gut beherrschbar.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
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