Widerrufsjoker: Der Notausgang für Darlehen in Schweizer Franken
Als die Schweizer Notenbank Mitte Januar die Bindung des Schweizer Franken (CHF) an den Euro löste, sorgte sie damit für Verwerfungen an den Finanzmärkten.
Der Schweizer Franken stieg binnen Minuten um rund 30 Prozent und brachte damit viele Kreditnehmer in Schwierigkeiten. Betroffen waren nicht nur einige deutsche Kommunen und ein deutscher Drogerieunternehmer - sondern auch zahlreiche Immobilienbesitzer, die ihr Haus oder ihre Wohnung in Schweizer Franken finanziert hatten.
Denn während die Hypothekenzinsen in Euro erst in den vergangenen Jahren auf tiefe Niveaus gefallen sind, sind die Zinsen für Kredite in Schweizer Franken schon seit längerer Zeit traumhaft niedrig. Das hat etliche Häuslebauer dazu verleitet, ihren Kredit in Schweizer Franken aufzunehmen statt in Euro. Häufig wurden diese Kredite auch von den Banken als günstige Alternative zum Euro angeboten. Die Kalkulation dahinter: Der Schweizer Franken wird einigermaßen stabil zum Euro bleiben - eine Hoffnung, die sich bewahrheitete, als die Schweizer Notenbank SNB 2011 den Schweizer Franken an den Euro kettete.
Doch jetzt, wo die Notenbank den Franken wieder aufwerten lässt, geraten diese Kredite in arge Probleme. Durch den Anstieg des Franken steigt auch die Kreditsumme urplötzlich um rund 20 Prozent und bringt damit viele Kreditnehmer ins Schwitzen. Den Geiz bei den Zinsen müssen sie nun teuer bezahlen.
Doch auch hier kann es eine Lösung durch den sogenannten Widerrufsjoker geben. Enthält der Kredit nämlich eine falsche Widerrufsklausel, dann kann der Kunde ihn gegenüber seiner Bank auch jetzt noch - Jahre nach Vertragsabschluss - widerrufen und eine Rückabwicklung fordern. Im Endeffekt muss er dann von der Bank so gestellt werden, als hätte er den Kredit nicht abgeschlossen. Der Verlust durch den aufwertenden Franken bleibt dann an der Bank hängen und nicht am Kunden.
Voraussetzung dafür ist, dass Sie den Kredit als privater Verbraucher (also nicht als Bauträger oder gewerblicher Immobilienhändler) bei einer deutschen Bank oder der deutschen Tochtergesellschaft einer ausländischen Bank abgeschlossen haben. Denn die falschen Widerrufsklauseln, über die wir hier sprechen, sind nur nach deutschem Recht zu belangen. Haben Sie den Kredit direkt in der Schweiz abgeschlossen, dann kommt der Widerrufsjoker für Sie nicht in Frage.
Treffen die genannten Voraussetzungen zu, dann stehen Ihre Chancen nicht schlecht. Denn mehr als 70 Prozent der Kreditverträge, die zwischen 2002 und 2010 abgeschlossen wurden, enthalten falsche Widerrufsbelehrungen - und zwar unabhängig davon, ob die Kredite auf Euro, Schweizer Franken oder eine andere Währung lauten. Auch später abgeschlossene Darlehen kommen in Frage, bei ihnen ist die Fehlerquote allerdings geringer.
Neben der falschen Widerrufsbelehrung gibt es einen weiteren Ansatzpunkt, um den Ausstieg aus einem CHF-Kredit zu suchen. Besonders wenn Ihnen dieser von Ihrer Bank aktiv empfohlen wurde, kann man die Frage stellen, ob diese Beratung ausreichend über die möglichen Risiken aufgeklärt hat. Kann man diese beiden Faktoren kombinieren - fehlerhafte Widerrufsbelehrung und fragwürdige Risikoaufklärung - dann steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Rückabwicklung des Kredits deutlich.
Der erste Schritt ist die kostenlose Prüfung Ihres Kreditsvertrags durch einen Fachanwalt, beispielsweise durch einen der Partneranwälte der IG Widerruf (www.widerruf.info). Danach wissen Sie, ob es eine Handhabe gibt, um gegen Ihre Bank vorzugehen.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.