Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Fragen und Antworten zum Widerrufsjoker

13.10.14 19:47 Uhr

Fragen und Antworten zum Widerrufsjoker | finanzen.net

Ich möchte heute einige der Fragen, die mir gestellt wurden, beantworten und auf einen äußerst interessanten Aspekt hinweisen, der bisher in der ganzen Diskussion um den sogenannten Widerrufsjoker viel zu kurz kommt.

Zunächst zu einigen Ihrer Fragen:

Kann ich die Prüfung nicht selbst vornehmen, worauf muss ich achten?

Hier gilt das alte Motto von Radio Eriwan: "Im Prinzip ja, aber..." - die gesetzlichen Muster für korrekte Formulierungen wurden im fraglichen Zeitraum mehrfach geändert. Von daher müssten Sie sich sämtliche Muster besorgen und mit der Formulierung in ihrem Vertrag vergleichen. Dann müssten Sie juristisch abschätzen können, ob eine Abweichung vom Muster relevant ist oder nicht. Zudem gibt es für bestimmte Abweichungen schon Gerichtsurteile, so dass man in diesen Fällen schon recht sicher weiß, dass man gute Karten hat. Letztlich lohnt es sich nicht, den Aufwand selbst zu betreiben, zumal unsere Partneranwälte die Prüfung für Sie kostenlos und unverbindlich anbieten - natürlich in der Hoffnung anschließend mandatiert zu werden, falls ihr Vertrag wirklich Fehler aufweist - aber diese Entscheidung liegt ganz bei Ihnen.

Wer bekommt meinen Kreditvertrag zu sehen?

Wir sind uns natürlich bewusst darüber, dass Kreditverträge sehr persönliche Dokumente sind. Daher leite ich die Verträge nach einer ersten Vorprüfung an eine unserer Partnerkanzleien weiter. Dort prüft ein Anwalt den Vertrag und gibt Ihnen bescheid. Sonst bekommt die Unterlagen niemand zu Gesicht. Versprochen! Im Übrigen brauchen wir auch gar nicht den kompletten Kreditvertrag. Es reicht vollkommen aus, die Seite mit der Widerrufsbelehrung auf unserer Website hochzuladen.

Mein Vertrag läuft nur noch zwei Jahre - lohnt es sich überhaupt noch aktiv zu werden? Ein Gerichtsverfahren dauert doch mindestens genau so lange.

Klare Antwort: Ja, es lohnt sich. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens landen die meisten Verfahren gar nicht vor Gericht, sondern werden außergerichtlich verglichen, indem Ihnen die Bank ein vernünftiges Angebot macht. Das kann oft relativ schnell, auch wenn die Banken in den vergangenen Wochen mehr und mehr auf Zeit spielen. Und zweitens kommt es nicht nur auf die verbleibende Vertragslaufzeit an. Denn eine falsche Widerrufsklausel hat zur Folge, dass Sie eine Rückabwicklung des Vertrags fordern können. Damit wird die gesamte Vertragslaufzeit zugrunde gelegt und eine Art Schadensersatz berechnet, den Sie von Ihrer Bank fordern können. Das führt dazu, dass Sie auch bei Kreditverträgen aktiv werden können, die schon beendet sind.

Das führt mich zu dem spannenden Punkt, der derzeit noch viel zu selten diskutiert wird. Haben Sie in der vergangenen Zeit eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt? Sie wissen, das sind die Zahlungen, die Banken verlangen, wenn man einen Kredit vor Ablauf der Zinsbindung beenden will. Nicht selten liegen diese Zahlungen im fünfstelligen Bereich - nur damit man aus einem Kredit aussteigen darf.

Wenn sich nun aber herausstellt, dass ein Kreditvertrag, für den Sie eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, eine falsche Widerrufsbelehrung aufweist, dann können Sie ihr Geld von der Bank zurückverlangen. Auch (oder besser: gerade) in einem solchen Fall sollten Sie ihren Kreditvertrag prüfen lassen. Allerdings verjähren solche Forderungen nach drei Jahren. Hier gilt es, keine Zeit zu verlieren.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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