Vermögensberatung im Test: Was Bankberater draufhaben
Geldanlegen war schon mal leichter. Verbraucher, die sich an eine Bank wenden, bekommen viele Tipps. Nicht alle taugen etwas, zeigt der Test von €uro am Sonntag.
von Felix Petruschke, Euro am Sonntag
Schon aus kleinen Gedankenexperimenten lassen sich manchmal interessante Schlüsse ziehen: Was würden Sie zum Beispiel mit 10.000 Euro machen, die Ihnen ohne jede Gegenleistung in die Hand gedrückt werden? Diese Frage stellte das Meinungsforschungsinstitut Kantar 1.000 Personen ab 16 Jahren. Das Ergebnis: Jeder Dritte würde das Geld verprassen, mehr als jeder Vierte aber versuchen, es gewinnbringend anzulegen - zum Beispiel in Wertpapiere. Die übrigen würden das Geld aufs Sparbuch legen. "Der Anteil der Befragten, die das geschenkte Geld anlegen oder sparen würden, ist auffallend hoch", sagt Frank Kuczera von der Postbank, Auftraggeber der Kantar-Erhebung.
Die Frage für viele Sparer ist jedoch: Wie können sie ihr Geld am besten anlegen? Die Antwort darauf drängt umso mehr, als die Inflationsrate zuletzt deutlich angezogen hat. Zudem drohen für Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten, mitunter nun auch schon auf Sparguthaben, Strafzinsen. Was also tun? Und was passt konkret zur persönlichen Lebenssituation des Sparers?
Die naheliegende Lösung für viele Verbraucher ist ein Besuch beim Bankberater. Doch Vorsicht: Auch der vermeintliche Experte empfiehlt nicht immer die besten und individuell passendsten Finanzprodukte. Das zeigt der Test "Vermögensaufbau 2021", den das Deutsche Kundeninstitut (DKI) im Auftrag von €uro am Sonntag gemacht hat.
Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, wie Anleger ein Vermögen aufbauen können, ohne während der Sparphase auf ein gewisses finanzielles Polster zu verzichten. Das DKI checkte 14 Banken, darunter sowohl überregionale Häuser wie die Commerzbank, die Targobank oder die Deutsche Bank, als auch regionale Institute wie die Volksbank Stuttgart oder die Sparda-Bank Hessen.
Um die Beratungsqualität für verschiedene Lebenslagen überprüfen zu können, schickte das DKI zu jeder Bank sechs anonyme Testkunden, die sich als Berufseinsteiger, junge Familie oder Gutverdiener ausgaben. Die Protokolle dieser Gespräche und die Anlageempfehlungen der Berater bildeten die Basis für die Auswertung. Die meisten Punkte vergab das DKI bei allen drei Musterprofilen, wenn eine Bank Indexfonds, also ETFs, oder Bank-Genossenschafts-Anteile für den Vermögensaufbau empfahl. Null Punkte gab es hingegen für die Empfehlung von Tagesgeld, eines Sparbuchs mit weniger als 0,5 Prozent Zinsen, von Geldmarktfonds sowie im Fall der Profile Berufseinsteiger und Gutverdiener von Bausparverträgen.
Die Beratung macht’s
Das Feedback der Testkunden fiel höchst unterschiedlich aus. Nach dem Besuch der GLS Bank sagte ein Testkunde etwa: "Der Berater ist konkret auf meine Wünsche und Anliegen eingegangen. Dabei hat er mir verschiedene Möglichkeiten gezeigt, das Geld für mich arbeiten zu lassen." Deutlich weniger begeistert zeigte sich ein Kunde der Berliner Sparkasse: "Es wurde eher etwas verkauft, anstatt über die Produkte zu beraten. Auch wurde nicht nach den persönlichen Präferenzen gefragt."
Zum Test: Die Ergebnisse variieren sehr stark. So schafften einerseits fünf Banken in der Kategorie "Produktempfehlung" ein "sehr gut" oder die Bestnote "sehr gut +", andererseits reichte es hier für vier Anbieter nur zu einem "ausreichend" oder "mangelhaft". Ähnlich bei den Musterprofilen. Hier bekamen gleich fünf Institute in mindestens einem Fall die Note "mangelhaft". Zugleich konnten aber zahlreiche andere Anbieter überzeugen.
In der Kategorie "Beratung" räumten etwa gleich sieben Institute die Bestnoten "sehr gut +" oder "sehr gut" ab. Positiv fiel den Prüfern auf, dass 87 Prozent der Bankberater nach den Erfahrungen der Testkunden beim Vermögensaufbau fragten. Auch nach bereits bestehenden Versicherungen wurde häufiger gefragt als noch im Vorjahr (in 37 Prozent der Fälle). Am gründlichsten waren hier die Berater der Deutschen Bank.
Darüber hinaus konnten acht von zehn Bankberatern die empfohlenen Produkte für die Geldanlage sehr verständlich erklären. Auch die anfallenden Kosten - etwa für Fonds - wurden von ihnen "ausführlich" oder gar "sehr ausführlich" aufgedröselt.
In Pandemie-Zeiten ebenfalls nicht zu unterschätzen: Mehr als drei Viertel der Beratungsgespräche fanden in einem abgetrennten Raum statt. Selbst Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts könnten also ruhigen Gewissens ein Beratungsgespräch vereinbaren.
Sieger: Kieler Volksbank
Sieger im Vergleich wurde die Kieler Volksbank. Sie landete in allen Testkategorien auf vorderen Plätzen und bekam die Gesamtnote "sehr gut +". Die Prüfer des DKI überzeugte besonders, dass (von einer Ausnahme abgesehen) alle Berater das Risikoprofil der Kunden ausführlich analysierten. Anschließend teilten vier von sechs Beratern die verfügbare Anlagesumme auf verschiedene Finanzprodukte auf. Ganz nach der goldenen Börsenregel: "Nicht alle Eier in einen Korb."
In der Kategorie "Produktempfehlung" konnte die Volksbank von der Förde zusätzlich mit überdurchschnittlich guten und individuell zugeschnittenen Empfehlungen punkten, darunter waren etwa Mischfonds (Aktien/Anleihen), reine Aktienfonds und fondsbasierte Rentenversicherungen. Die Folge: Alle Berater konnten durch ihr kompetentes Verhalten das Vertrauen der Testkunden gewinnen. "Es war ein sehr angenehmes, interessantes und aufschlussreiches Beratungsgespräch. Die Produkte sowie die Risiken sind mir wirklich sehr gut und ausführlich erklärt worden", sagte ein Testkunde.
Verlierer: Postbank
Anders sah es beim abgeschlagenen Testverlierer aus. Die Postbank belegte sowohl bei der Beratung als auch im Musterprofil "Gutverdiener" den letzten Platz. Die Prüfer bemängelten insbesondere, dass in mehr als der Hälfte der Gespräche die aktuelle Lebenssituation des Testkunden nicht umfangreich erfragt wurde. Das macht eine passende und individuelle Anlageberatung schwierig. Die Rentenlücke, also die Kluft zwischen letztem Nettogehalt und Altersversorgung, wurde in keinem der Gespräche berechnet. Nur jeder dritte Berater fragte nach bestehenden Altersvorsorgeverträgen. Juristisch bewegt sich die Postbank zudem auf gefährlichem Terrain: Die Mehrheit der Berater empfahl Wertpapiere als mögliche Geldanlage, vergaß dabei aber, eine Geeignetheitserklärung anzufertigen. DKI-Chef Jörn Hüsgen betont, dass diese "gesetzlich vorgeschrieben ist und dem Kunden verdeutlichen soll, warum die empfohlene Geldanlage zu seinen Vorstellungen passt".
Angesichts dieser Defizite wäre keiner der Testkunden bereit, bei der Postbank sein Geld anzulegen. Ein Tester fasst seine Erfahrungen mit den Worten zusammen: "Der Berater wirkte sehr missmutig auf mich, er hat überhaupt nicht versucht, irgendeine persönliche Ebene zu mir zu finden."
Hier noch eine Reihe weiterer Auffälligkeiten, die der Test ans Licht brachte: Auch bei den drei Musterprofilen zeigten sich Unterschiede bei den Beratungsgesprächen. In nur 14 Prozent der Testfälle wurden die vorgeblichen Berufseinsteiger etwa nach vorhandenen Schulden gefragt. Bei der jungen Familie waren es immerhin 32 Prozent, beim Gutverdiener 39 Prozent. Positiv fiel auf, dass die Berufseinsteiger häufiger als die anderen ausführlich auf die Risiken der gewählten Anlagestrategie hingewiesen wurden. Zudem probierte keiner der Berater, den Einsteigern (und den Gutverdienern) einen Bausparvertrag zu verkaufen. Ziemlich abgeschmackt fanden die Prüfer dann aber den Versuch, dem Berufseinsteiger noch etwas völlig anderes andrehen zu wollen, etwa ein Girokonto oder eine Versicherung. In etwa jedem dritten Beratungsgespräch kam das vor.
Obwohl manche Banken also in einigen Bereichen noch Luft nach oben haben, überwog insgesamt ein positiver Eindruck bei den Testkunden: Acht von zehn halten ihren Berater für "kompetent" oder gar "sehr kompetent". Eine gute Basis für einen erfolgreichen Vermögensaufbau.
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