Experte rät: So gelingt die Work-Life-Balance
Im hektischen Alltag rücken die eigenen Bedürfnisse und Wünsche schnell in den Hintergrund. Doch nicht auf die eigene Energie zu achten, sie nicht regelmäßig aufzufüllen, kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben.
Merkmale schlechten Gleichgewichts
Die Work-Life-Balance (WLB) ist als Gleichgewicht zu verstehen zwischen den beruflichen und privaten Anforderungen sowie den eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Dabei müssen diese Bereiche nicht gleichwertig sein oder zu gleichen Anteilen den Alltag ausfüllen, denn die richtige Balance ist stets individuell. Es geht um Ressourcenverteilung und darum, die eigene Energie und Zeit bewusst zu investieren. Denn Zeit ist eine begrenzte Ressource. Auch Rainer Strack, emeritierter Seniorpartner der Boston Consulting Group, appelliert in einem Interview mit CNBC: "Zeit ist das einzige Gut, das wir nicht vermehren können."
Ist es jedoch nicht möglich, diese Ressource sinnvoll aufzuteilen, drohen ernsthafte Konsequenzen. Eine schlechte Work-Life-Balance kann zu erhöhtem Stress, häufigeren Erkrankungen und zunehmender Erschöpfung führen. Daraus folgen schlechtere Leistungen und eine höhere Fehleranfälligkeit, was sich wiederum negativ auf die Work-Life-Balance auswirkt. Für Arbeitgeber steht jedoch weitaus mehr auf dem Spiel als Leistungsabfälle. Überlastete Mitarbeiter werden früher oder später kündigen; es kommt zu hohen Fluktuationen und großem Know-how-Verlust. Neben Arbeitnehmern beziehungsweise Arbeitgebern sind die Folgen auch auf gesellschaftlicher Ebene nicht zu unterschätzen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist davon auszugehen, dass im Jahr 2030 Depression die Krankheit ist, welche die Menschen nach Aids am meisten belastet.
Priorisierung und Zeitmanagement
Um dies zu verhindern und sich selbst zu schützen, ist es wichtig die eigene Energie einzuteilen. "Die Zeit hier auf der Erde ist begrenzt. Sie ist eine begrenzte Ressource, und deshalb muss man sich darüber im Klaren sein, was man mit dieser Ressource eigentlich machen will", erklärt Rainer Strack.
Um sich das eigene Zeitmanagement vor Augen zu führen und zu visualisieren, entwickelte Strack mithilfe einiger Kollegen das "Strategic Life Portfolio" - eine Methode, um die unterschiedlichen Lebensbereiche nach Wichtigkeit und Zeitaufwand zu kategorisieren und optimierungsbedürftige Bereiche zu identifizieren. Auf diese Weise können jedoch auch freudige Bereiche entdeckt und ausgebaut werden.
Um die Methode anzuwenden, muss zunächst ein Gitter mit einer X- sowie einer Y-Achse gezeichnet werden. Während die Y-Achse für die Wichtigkeit steht, markiert die X-Achse die subjektive Befriedigung, die durch den entsprechenden Lebensbereich erreicht werden kann. Bewertet werden sechs Kategorien: Beziehungen; Körper, Geist und Spiritualität; Gemeinschaft und Gesellschaft; Arbeit, Lernen und Finanzen; Interessen und Unterhaltung; persönliche Pflege. Je nach Wichtigkeit und Befriedigung - beides wird auf einer Skala von eins bis zehn bewertet - ergibt sich die Platzierung auf dem Gitter. Hat man alle sechs Bereiche einsortiert, sei man in der Lage, effizientere Entscheidungen zu treffen. "Nehmen wir an, Ihre Aktivitäten des täglichen Lebens nehmen zu viel Zeit in Anspruch. Hausarbeit, Pendeln, solche Dinge. Dann müssen Sie überlegen, wo Sie Dinge effizienter erledigen können. Was könnte man auslagern? Und können Sie Geld verwenden, um etwas Zeit zurückzugewinnen?", erklärt Strack die Vorgehensweise.
Aber auch andere grundlegende Dinge können dabei helfen, die eigenen Bedürfnisse zur Priorität zu machen und eine gesündere Work-Life-Balance zu erreichen. So ist es der AOK zufolge wichtig, die eigenen Einstellungen und Überzeugungen zu überprüfen und - sofern notwendig - auch zu ändern. Außerdem kann es hilfreich sein, das Selbstbewusstsein zu steigern und soziale Kompetenzen aufzubauen. Letztlich helfe es aber auch, Momente wirklich wahrzunehmen und nicht in Gedanken bereits bei neuen Aufträgen oder anstehenden Events zu sein. Um auch die kleinen Dinge zu genießen und als Möglichkeit zum Energietanken zu betrachten, kann das Konzept der Achtsamkeit dienlich sein. Achtsame Momente können Energie schenken und Stress abbauen. Beispielsweise kann der morgendliche Kaffee oder Tee achtsam getrunken werden, aber auch Meditation kann Abhilfe schaffen.
Integration in die Unternehmenskultur
Die Work-Life-Balance liegt zwar in der Verantwortung der Mitarbeiter, sollte jedoch auch bei der Unternehmenskultur bedacht werden. Um die Mitarbeiter zu unterstützen und langfristig an sich zu binden, können unterschiedliche Aspekte in den Arbeitsalltag integriert werden. Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten können die Zufriedenheit und somit auch die Leistung erheblich steigern. Ständige Überstunden und Erreichbarkeit sorgen jedoch für das Gegenteil; eine strikte Trennung zwischen Arbeits- und Freizeit scheint sinnvoll.
J. Vogel / Redaktion finanzen.net
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