Wenn der Chef kein Urlaubsgeld bezahlt: So können Arbeitnehmer gerichtlich gegen ausbleibende Zahlungen vorgehen
Viele Arbeitgeber locken Mitarbeiter mit Sonderzahlungen wie dem Urlaubsgeld. Doch welche Rechte haben Angestellte, wenn sich der Chef querstellt?
Urlaubsgeld in der Regel freiwillig
Urlaubsgeld ist - genau wie Weihnachtsgeld - eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Das "dreizehnte Monatsgehalt" wird zusätzlich zur vereinbarten Vergütung gezahlt und hat den Zweck, durch private Reisen entstandene Mehrkosten abzufedern. Oftmals sind nicht alle Mitarbeiter eines Unternehmens zum Erhalt des Urlaubsgelds berechtigt, manche Arbeitgeber gewähren die Sonderzahlung etwa nur festangestellten Mitarbeitern oder koppeln diese an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ein gesetzlicher Anspruch besteht grundsätzlich nicht. Doch wie können Arbeitnehmer vorgehen, wenn keine entsprechende Zahlung auf dem Konto eingegangen ist, obwohl dies eigentlich der Fall sein sollte.
Tarifvertrag schlägt Arbeitsvertrag
Prinzipiell ist ein möglicher Anspruch im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt. Während Abmachungen im Arbeitsvertrag individuell sein können, gilt der Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer einer Branche. Hier ist der Anspruch also sicher, wobei auch hier häufig Alter und Betriebszugehörigkeit eine Rolle spielen können, wie die IG Metall Gelsenkirchen informiert. Qualifiziert man sich entsprechend der Tarifvereinbarungen, gelten auch schlechtere Konditionen, die im Arbeitsvertrag festgelegt wurden, nicht. Der Arbeitgeber würde in diesem Fall gegen den Tarifvertrag handeln.
Verstoß gegen Gleichbehandlung
Darüber hinaus kann sich ein Anspruch auf Urlaubsgeld aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, wie die Rechtsanwaltskanzlei Hasselbach erklärt. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn einzelnen Mitarbeitern oder einer bestimmten Gruppe Zahlungen verwehrt oder reduziert werden. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn alle männlichen Mitarbeiter eines Unternehmens ein höheres Urlaubsgeld bezahlt bekommen als ihre Kolleginnen. Zusätzlich zum Anspruch auf die Zahlung sei im Falle von Diskriminierung außerdem eine Entschädigungszahlung möglich, so die Kanzlei in einem Beitrag.
Versprochen ist versprochen
Außerdem ist zu beachten: Hat der Chef zugesagt, ein Urlaubsgeld zu bezahlen, muss er diesem Versprechen auch nachkommen. Eine Zusage gilt als verbindlich und kann auch nicht mehr zurückgenommen werden, so die IG Metall.
Anspruch bei Regelmäßigkeit
Wenn das Unternehmen außerdem über mehrere Jahre regelmäßig entsprechende Zahlungen in gleicher Höhe vorgenommen hat, kann ebenfalls ein Anspruch vorliegen, wie der "Spiegel" in einem Ratgeber-Artikel festhält. Um kein Urlaubsgeld mehr zu bezahlen, wäre in diesem Fall eine Änderungsvereinbarung notwendig, was mit einem hohen Mehraufwand verbunden wäre. "Ab dem dritten Jahr Urlaubsgeld in Folge besteht eine rechtliche Bindung", heißt es im Artikel dazu.
Um die regelmäßige Zahlung herum kommt der Arbeitgeber jedoch, wenn er das Urlaubsgeld als unter Freiwilligkeitsvorbehalt auszahlt. Damit behält sich das Unternehmen jedes Jahr neu vor, die Zahlung zu leisten oder nicht. Ein Anspruch fällt dann weg.
Bei Kündigung: Muss das Urlaubsgeld zurückgezahlt werden?
Doch wie sieht es bei einer Kündigung aus? Kann der Arbeitgeber das Urlaubsgeld dann zurück fordern? Die Antwort auf diese Frage hängt vom Zweck der Zahlung ab, wie die Kanzlei Hasselbach weiß. Wurde das Urlaubsgeld etwa als Dank für eine jahrelange Betriebstreue gezahlt, ist eine vollumfängliche Rückzahlung tatsächlich rechtens. Weist die Sonderzahlung jedoch eine reine Entgeltfunktion auf, muss diese auch nicht zurückgezahlt werden. Ist eine Klausel zu möglichen Rückzahlungen unklar formuliert, kann diese laut den Rechtsanwälten als unwirksam gelten. Klarheit könne hierzu ein Fachanwalt für Arbeitsrecht bringen, der den Arbeitnehmer bei einer Eskalation auch vor Gericht vertreten könnte.
Generell gilt natürlich, den Arbeitgeber auf die rechtlichen Bestimmungen aufmerksam zu machen. Sollte sich der Chef aber querstellen, kann sich ein Gang vor Gericht durchaus lohnen.
Redaktion finanzen.net
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