Frankreich: Seit Januar 2021 gibt es den ‘Reparatur-Index’
Frankreich geht in Sachen Umweltschutz einen Schritt weiter als andere EU-Länder: Anfang Januar 2021 wurde ein verpflichtender Reparatur-Index eingeführt, der Verbraucher für Müllproduktion und Umweltfreundlichkeit sensibilisieren soll.
Die EU will ihre Mitgliedsstaaten seit Jahren umweltfreundlicher machen - Stück für Stück gelingt das auch. So wird in Deutschland etwa ab Juni Einwegplastik in Supermärkten verboten. Nachbarland Frankreich geht mit gutem Beispiel voran und arbeitet über die EU-Richtlinien hinaus: Seit 1. Januar 2021 gibt es hier im Rahmen eines Gesetzes zur Abfallbekämpfung und Kreislaufwirtschaft den sogenannten ‘Reparatur-Index’.
Käufer müssen über Reparierbarkeit von Waschmaschine & Co. informiert werden
So heißt es in Artikel 16 des besagten Gesetzes: "Hersteller, Importeure, Händler oder andere Personen, die elektrische Waren auf den Markt bringen, müssen den Verkäufern ihrer Produkte und allen anderen Personen, die dies fordern, kostenlos den Reparatur-Index mitteilen."
Die Verkäufer, also die Geschäfte, in denen die Ware an den Kunden gebracht wird, müssen den Indexwert der betroffenen Produkte für Kunden sichtbar machen - damit an dieser Stelle nicht geschummelt wird, gibt es besondere Regeln: So darf etwa die Schriftgröße nicht kleiner sein als die auf den Preisschildern. Die Regelung gilt zudem nicht nur für den Verkauf im Geschäft, sondern auch für Online-Plattformen: Spätestens beim Kauf müssen Kunden auch hier über den Reparatur-Index von Waren informiert werden.
Hersteller bewerten sich selbst anhand eines offiziellen Kriterienkatalogs
Es müssen nicht alle elektronischen Waren per Reparatur-Index bewertet werden - das Gesetz gilt lediglich für Smartphones, tragbare PCs, Fernseher, bestimmte Waschmaschinen und verschiedene Rasenmäher. Außerdem bewerten sich die Hersteller (vorerst) anhand eines offiziellen Kriterienkatalogs selbst - was absurd erscheint, hat einen triftigen Grund. Dies erklärt ein Sachverständiger gegenüber "Le Monde": Würden die Produkte nicht von den Herstellern selbst bewertet, wäre das neue Gesetz zu teuer und viel zu aufwändig, sodass es möglicherweise gar nicht hätte verabschiedet werden können.
Ab 2022 sollen laut Gesetz Falschangaben von Händlern bestraft werden - was auch bedeutet, dass erst ab 2022 fehlenden Angaben nachgegangen werden kann.
Index von 1-10: Wie gut sind Produkte reparabel?
Der Index wird in einer Zahlenskala von eins (schlecht) bis zehn (sehr gut) veranschaulicht. Wer sich genauer informieren möchte, kann sich dann die Bewertung in einzelnen Kategorien anschauen: Es gibt fünf Hauptkriterien, darunter der Preis von und Zugang zu Ersatzteilen sowie die Möglichkeit, ein Gerät auseinanderzubauen.
Die französische Verbraucherschutz-Organisation HPO findet, dass dies nicht ausreicht: Es sei ein guter Anfang, aber es müsse noch mehr getan werden, heißt es in einem ihrer Artikel auf der Website repair.eu. Und dies ist auch nur der erste Schritt - so will Frankreich ab 2040 überhaupt kein Einwegplastik mehr in Umlauf bringen. Zudem müssen Produkte, die in Haushalten Müll verursachen, im Rahmen des verabschiedeten Gesetzes zur Abfallbekämpfung und Kreislaufwirtschaft mit einem an die Mülltrennung erinnernden Etikett versehen werden. Ab 2024 soll außerdem der Reparatur-Index mit einem Haltbarkeits-Index ergänzt oder ersetzt werden.
2021 - wie gut läuft der Reparatur-Index an?
Die Aussichten sehen also für Umweltschützer gar nicht so schlecht aus. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron zeigte sich Anfang des Jahres auf Twitter mit dem Hashtag #LoiAntiGaspillage (Französisch für Abfallschutzgesetz) begeistert über den Index und andere Neuerungen 2021. Aber wie konsequent wird der verpflichtende Index bislang angewendet?
Anfang Januar haben Autoren von Le Monde in Geschäften und auf Verkaufs-Plattformen nachgeforscht - und offenbar kaum Produkte mit Reparatur-Index gefunden. Le Monde zitiert den für die Index-Etiketten Verantwortlichen eines Technik-Geschäfts wie folgt: "Wir haben einige Angaben erhalten, aber ausschließlich für neue Produkte, die bei uns noch nicht im Regal stehen." Der Grund dafür ist zunächst nachvollziehbar: Der französischen Tageszeitung zufolge wurde der Erlass über die genauen Index-Regelungen erst Ende Dezember 2020 verabschiedet, sodass die Hersteller noch keine Gelegenheit für eine Bewertung ihrer Produkte hatten. Le Monde berichtet aber auch, dass nur die wenigsten Hersteller Anstalten machen, sich mit der Bewertung ihrer Waren zu beeilen.
Olga Rogler / Redaktion finanzen.net
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