Die Beförderung meistern - so geht’s
Viele Angestellte wollen hoch hinaus und die Karriereleiter aufsteigen - unterschätzen dabei aber die zusätzliche Belastung, die mit einer höheren Position einhergeht. Die Psychologin und Karriereberaterin Patricia Naranjo erklärt, wie man der Überforderung wegen Beförderung vorbeugen kann.
Die Mehrheit der Führungskräfte zieht einen Jobwechsel in Erwägung
Mit einer Beförderung gehen eine Vielzahl neuer Herausforderungen einher: Wie funktioniert der Umgang mit den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, wie können die Aufgaben am besten verteilt werden, wie geht man in Zwickmühlen mit der vielen Verantwortung um... und was ist überhaupt der persönliche Führungsstil? All das und noch viel mehr müssen frisch gebackene Führungskräfte in den ersten Wochen und Monaten - vielleicht sogar Jahren - herausfinden. Das bedeutet in den meisten Fällen Stress und Überstunden. Entsprechend ergab eine Deloitte-Studie mit 2.100 Führungskräften aus den USA, Großbritannien, Kanada und Australien, dass die Führungskräfte stärker überfordert und einsamer waren und außerdem häufiger an Depressionen litten als die anderen Angestellten. Ganze 73 Prozent der Führungskräfte gaben an, seit der Beförderung nicht mehr richtig abschalten zu können. Passend dazu gaben weitere 70 Prozent an, ernsthaft über eine Kündigung nachzudenken und in einen Job wechseln zu wollen, der besser für ihre psychische Gesundheit ist.
Wer aus Stress und Frustration lernt, hat gute Chancen auf Erfolg
Diese Zahlen sprechen für sich - Beförderungen sind anstrengend. Patricia Naranjo, Psychologin, Karriereberaterin und ehemalige leitende Personalberaterin, erklärt gegenüber dem Business Insider: "Arbeitsstress und Frustration sind weit verbreitete Probleme, sowohl auf persönlicher Ebene als auch in Bezug auf die Arbeit." Aber: "Es ist eine Lernphase. Frustration hat, wie Trauer, eine Funktion: Wenn wir sie zu nutzen wissen, können wir daraus lernen." Es ist also nicht unmöglich, in einer Führungsrolle aufzugehen. Vorbereitend auf die neue Stelle sollte man sich unbedingt Gedanken zu möglichen Szenarien und dem eigenen Führungsstil machen, also sozusagen vor dem Sprung ins kalte Wasser wenigstens Schwimmen lernen. Dabei helfen können neben einem Coaching Strategien wie Meeting-freie Tage und ein erprobtes Zeitmanagement.
Die Arbeitsbedingungen in Verhandlungen selbst mitbestimmen
Aber auch gute Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sind nicht zu unterschätzen - insbesondere, seit sich mit der Pandemie die Anforderungen an Arbeitnehmerinnen und -nehmer und den Arbeitsplatz verändert haben: Deloitte-Daten besagen, dass Unternehmen mehr und mehr Wert auf die psychische Gesundheit und das allgemeine Wohlergehen ihrer Angestellten legen. "Die Unternehmen wenden mehr Mühe und Ressourcen auf, um Talente zu gewinnen, und immer weniger Menschen sind bereit, irgendwelche Bedingungen zu akzeptieren. Der Arbeitnehmer ist also auch in der Lage, vieles zu verlangen" und stressreduzierende Konditionen zu verhandeln, betont Naranjo. Allein darauf verlassen solle man sich aber lieber nicht. Stattdessen sei es wichtig, vor der Beförderung darüber nachzudenken, ob der Schritt wirklich das Richtige ist: Habe ich Führungsqualitäten oder kann ich diese erlernen? Wenn ja, wie? Bin ich für den Posten geeignet, welche Vorteile hätte eine Beförderung? Dabei sei es wichtig, nicht nur auf die Gehaltserhöhung und Anerkennung zu schauen - diese Aspekte seien nicht Grund genug, so viel zusätzlichen Stress auf sich zu nehmen.
Beförderung ist nicht gleich Beförderung
"Wir wollen oft befördert werden, ohne uns wirklich zu fragen, ob das der Weg ist, der gut für uns ist. Solche Beförderungen können sich als kontraproduktiv erweisen, wenn man beispielsweise nicht über die erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen verfügt oder nicht wirklich bereit ist, die zusätzliche Verantwortung zu übernehmen", so Naranjo.
Bei den Überlegungen zur Beförderung sollte man auch bedenken: Wie alle anderen Posten unterscheiden sich auch Führungspositionen voneinander. Passt diese eine Beförderung also eher nicht, gibt es immer noch die Möglichkeit, anderswo auf der Karriereleiter nach oben zu klettern.
Redaktion finanzen.net
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