Was E-Autos in Fahrschulen ausbremst
Langsam aber sicher kommt der Trend, der das Elektroauto massentauglich machen könnte. Doch ein wichtiges Gewerbe scheint ihn zu verschlafen: Fahrschulen. Wo liegt das Problem zwischen den Fahrschulen und E-Autos?
Den Führerschein zu machen, ist für viele Jugendliche ein wichtiger Schritt beim Erwachsenwerden. Wer Autofahren kann, empfindet eine viel größere Freiheit, weil er ohne viel Aufwand von A nach B gelangen kann. Das Auto, in dem man seine Fahrstunden und die -prüfung ablegt, kennt man nach der Fahrausbildung dann bereits - nicht selten legen sich viele Fahrer später ein ähnliches Modell zu. So konnten beispielsweise der VW Käfer und der Golf davon profitieren, dass sie früher häufig als Fahrschulautos eingesetzt wurden. Das habe zu ihrer Popularität beigetragen, äußerte Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Fahrschulunternehmen (BDFU), gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
TÜVs und Dekra blockieren E-Autos als Prüfungsautos
Genau deshalb kritisiert Zeltwanger die Engstirnigkeit der TÜVs und der Dekra, bei denen die Regeln zu verorten sind, die über die Zulassung eines Fahrzeugmodells als Wagen für die Führerscheinprüfung entscheiden, und den Elektroautos große Hürden in den Weg legen. "Der Fahrschulbetrieb auf E-Autos wird heute durch die deutsche Bürokratie systematisch gebremst, unter reger Mitwirkung von TÜVs und Dekra", zitiert die SZ ihn.
Das Problem hat einen Namen und findet sich in der "Richtlinie für die Prüfung der Bewerber um eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen". Hierin finden sich millimetergenaue Angaben darüber, wie groß der hintere rechte Sitz eines Fahrzeugs, in dem Fahrprüfungen abgelegt werden, zu sein hat. Denn hier sitzt immer der Prüfer.
Viele E-Autos haben zu kleinen Innenraum
So muss er beispielsweise eine Mindestkniefreiheit von mindestens 200 Millimeter haben, die Rückenlehne des Vordersitzes muss in einem ganz bestimmten Winkel eingestellt sein - auch für die eigene Rückenlehne, die Sitztiefe, den Fußraum oder den sogenannten Kopfraum legt eine Richtlinie genaue Mindestmaße fest.
Diese Maße seien laut Zeltwanger veraltet, aber trotzdem noch gültig. Viele Elektrofahrzeuge haben einen zu kleinen Innenraum, der die Vorgaben für die Fahrprüfer nicht erfüllt - deshalb werden sie als Prüffahrzeuge nicht zugelassen. Doch natürlich sind nicht alle E-Autos per se zu klein. Ein Problem, das hinzukommt, ist, dass Fahrzeuge zunächst begutachtet werden müssen, bevor sie als Prüfungsfahrzeuge erlaubt werden können. Diese Begutachtung muss aber durch den Hersteller initiiert werden - bei weitem nicht alle sind da hinterher. Viele würden auch aufgrund der strengen Vorgaben eine Begutachtung gar nicht erst in Auftrag geben.
E-Golf, Model S und Nissan Leaf Zero als Prüfungsautos erlaubt
Bisher seien erst drei E-Modelle für die Führerscheinprüfung zugelassen, erklärte Zeltwanger der SZ: Der E-Golf, der Model S von Tesla und der Nissan Leaf Zero. Doch diese flächendeckend in allen Fahrschulen anzuschaffen sei schwierig - obwohl der Bund Fahrschulen beim Kauf von E-Autos mit einer Finanzspritze von 4.000 Euro unterstützt. Fahrschulen in Baden-Württemberg haben es noch besser, das Land gibt hier 5.000 Euro dazu. Allerdings hat der E-Golf aus dem Hause Volkswagen extrem lange Lieferzeiten, der Model S ist in der Anschaffung für den Großteil der Fahrschulen bei einem Kaufpreis ab 80.000 Euro aufwärts einfach zu teuer.
Ein weiterer Punkt, der schwer ins Gewicht fällt: Elektroautos haben kein Schaltgetriebe, wer in ihnen seine Führerscheinprüfung ablegt, bekommt in seinem Schein vermerkt, dass er nur Automatik fahren darf. Um in Zukunft auch Fahrzeuge mit Schaltung fahren zu dürfen, muss derzeit eine extra 30-minütige Prüfung in einem Schaltwagen abgelegt werden. Kostenpunkt: 200 Euro zusätzlich. Aus diesem Grund wird selbst in den Fahrschulen, die Elektroautos im Bestand haben, die Prüfung meist im Diesel oder Benziner abgelegt - nur die Übungsstunden finden dann in den umweltfreundlicheren Elektroautos statt.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: UBS, letunas / shutterstock.com