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Einflussreiche Personen der Finanzwelt: Wer ist eigentlich Jerome Powell?

05.10.23 23:23 Uhr

Jerome Powell im Porträt: So mächtig ist der US-Zentralbankenchef! | finanzen.net

Vielen dürfte Jerome Powell als Präsident der US-Notenbank Fed bekannt sein. Doch wer ist der mächtigste Zentralbanker der Welt eigentlich, dessen Wort Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte hat?

Jurist mit wirtschaftlicher Kompetenz

Jerome "Jay" Powell wurde 1953 in Washington D.C. geboren. Im Jahr 1975 schloss er sein Studium der Politikwissenschaften an der Princeton University ab, anschließend absolvierte er ein Jurastudium an der Georgetown University und erhielt seinen Abschluss im Jahr 1979. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat Powell keinen akademischen Hintergrund im Bereich der Wirtschaftswissenschaften, sondern ist Jurist - eine Gemeinsamkeit, die er mit Christine Lagarde, der Präsidentin der Europäischen Zentralbank, teilt. Er ist damit der erste Präsident der Federal Reserve (Fed) seit 40 Jahren, der keinen Doktortitel der Ökonomie besitzt.

Powell begann seine Karriere im öffentlichen Dienst in der Regierung von Präsident George Bush senior, wo er als stellvertretender Minister und Unterstaatssekretär des Finanzministeriums tätig war. In dieser Position war er verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung von Finanzpolitiken im Zusammenhang mit Finanzinstituten, dem Staatsanleihenmarkt und verwandten Bereichen. Vor seiner Tätigkeit in der Regierung hatte Powell eine erfolgreiche Karriere als Rechtsanwalt und Investmentbanker in New York City. Seine Fähigkeit, juristische Expertise mit wirtschaftlichem Verständnis zu verbinden, machte ihn zu einem angesehenen Experten auf dem Gebiet der Finanzpolitik.

Parteiübergreifende Anerkennung

Im Jahr 2012 wurde Powell von Präsident Barack Obama zum Mitglied des Gouverneursrats der Fed berufen. Obwohl Powell der republikanischen Partei angehört, entschied sich Präsident Obama für seine Nominierung. Üblicherweise bevorzugt ein Präsident Kandidaten aus der eigenen Partei, doch der Demokrat Obama erkannte Powells fachliche Qualifikation und ernannte ihn trotz der parteipolitischen Unterschiede.

Im Februar 2018 wurde Jerome Powell vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump zum Nachfolger von Janet Yellen als Vorsitzender der Fed ernannt. Gleichzeitig übernahm er die Position des Vorsitzenden des Federal Open Market Committee (FOMC), dem wichtigsten geldpolitischen Gremium der Fed. Ursprünglich wurde Powell für eine Amtszeit von vier Jahren berufen. Unter der Regierung des derzeit amtierenden US-Präsidenten Joe Biden wurde Powell im Mai 2022 anschließend für eine weitere Amtszeit von vier Jahren vereidigt. Diese Wiederernennung ist ein weiteres Beispiel für die parteiübergreifende Anerkennung seiner fachlichen Kompetenz und Erfahrung.

Inflationsbekämpfung im Geiste Paul Volckers

Unter Powells zweiter Amtszeit sieht sich die US-amerikanische Wirtschaft mit hohen Inflationsraten konfrontiert, die im Juni 2022 mit 9,1 Prozent ihren höchsten Stand seit 40 Jahren erreichten. In den vergangenen Monaten näherte sich die US-Inflationsrate allerdings wieder dem Zielwert der Fed von zwei Prozent an. Eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Inflation kam hierbei Powell zu, dessen entschlossenes Vorgehen durch die drastische Anhebung der Leitzinsen in Rekordtempo ihm den Ruf als furchtlosen Inflationsbekämpfer einbrachte.

Mit seinem resoluten Vorgehen steht Powell ganz im Lichte des von ihm bewunderten früheren US-Notenbankchef Paul Volcker, den Powell in einer vergangenen Kongressanhörung mal als "größten Staatsdiener unserer Zeit" bezeichnete. Volcker, der Anfang der 1980er die US-Wirtschaft durch eine drastische Anhebung der Leitzinsen auf teilweise 20 Prozent gleich zweimal in eine Rezession stürzte, es dadurch aber schaffte, die hohen Inflationsraten von teilweise über 14 Prozent zu bändigen, gilt als Inbegriff des unerschrockenen Inflationsbezwingers, der auch nicht vor wirtschaftlichen und politischen Opfern zurückschreckt, um die Glaubwürdigkeit der Zentralbank wieder herzustellen.

Bis jetzt sieht es danach aus, als wäre die von Powell beschworene "sanfte Landung" ohne große wirtschaftliche Einbußen noch möglich. Obwohl sich eine wirtschaftliche Abkühlung abzeichnet und die US-Wirtschaft im ersten Quartal 2023 an Tempo verlor, konnte eine Rezession bis jetzt abgewendet werden. Allerdings zeigen sich erste Probleme im US-Bankensektor. Es bleibt abzuwarten, wie sich Powells Strategie der Inflationsbekämpfung langfristig auf die US-Wirtschaft auswirken und wie der Jurist in die US-Geschichte eingehen wird.

C. Kusche/ Redaktion finanzen.net

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