Scheidungskosten

Wie viel Geld kostet eine Scheidung?

12.08.22 06:29 Uhr

Wie viel Geld kostet eine Scheidung? | finanzen.net

Nicht nur die Hochzeit, auch die Scheidung von Ehepartnern kann ziemlich teuer werden. Es entstehen Kosten für den Scheidungsanwalt, das Gericht und bei Streitigkeiten über Ehewohnung oder Kinder zusätzliche Folgekosten. Doch in welchem Rahmen bewegen sich die Kosten einer Scheidung?

Eine kürzlich veröffentlichte Pressemitteilung des Statistischen Bundesamt Deutschlands zeigt: Im Durchschnitt hält eine Ehe in der Bundesrepublik nur rund 14,8 Jahre bis zur Scheidung. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland insgesamt 416.300 Ehen geschlossen, jedoch auch 149.010 Ehen wieder geschieden worden.

Scheiden lassen darf sich in Deutschland laut Gesetz jedes Ehepaar, bei dem die Ehe gemäß §1565 BGB gescheitert und nicht mehr zu retten ist. Eine Ehe gilt dabei laut Familienrecht als gescheitert, wenn die Ehepartner ein Jahr getrennt gelebt haben oder die Fortsetzung der Ehe eine "unzumutbare Härte" für den Antragsteller der Scheidung darstellen würde.

Theoretische Berechnung der Scheidungskosten

Die Scheidungskosten basieren auf dem sogenannten Verfahrenswert, der die Berechnungsgrundlage für die Gerichts- und die Anwaltskosten darstellt. Mindestens ein Anwalt ist im Scheidungsfall für das Ehepaar verpflichtend, denn gem. § 114 Abs. 1 FamGKG herrscht bei Einreichung eines Scheidungsantrags Anwaltszwang.

Der Verfahrenswert setzt sich aus zwei Teilen zusammen:

Der erste Teil des Verfahrenswerts berechnet sich aus dem dreifachen Nettoeinkommen des ersten Ehepartners in Addition mit dem dreifachen Nettoeinkommen des zweiten Ehepartners, abzüglich 250 Euro pro unterhaltspflichtigem Kind. Außerdem kann das Familiengericht einen fünfprozentigen Anteil des Vermögens auf den Verfahrenswert aufschlagen, was jedoch laut "Scheidung Online" eher selten der Fall ist. Bei der Vermögensberechnung ist zu beachten, dass Freibeträge in Höhe von circa 20.000 Euro pro Ehepartner und 10.000 Euro pro Kind vom Vermögen abgezogen werden. Der Mindestverfahrenswert für die Scheidung - beispielsweise für Geringverdiener oder Hartz IV-Empfänger - liegt bei 3.000 Euro.

Der zweite Teil des Verfahrenswerts ergibt sich aus dem Gegenstandswert des sogenannten Versorgungsausgleichs. Dieser berechnet sich nach den Bestimmungen des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG). Verzichten die Eheleute jedoch auf einen Versorgungsausgleich oder beträgt die Ehedauer zum Zeitpunkt der Antragsstellung weniger als drei Jahre, fällt jeweils nur ein Mindest-Versorgungsausgleich von 1.000 Euro an.

Praxisbeispiel

Nehmen wir an, Ehefrau F verdient zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags monatlich einen Nettobetrag von 4.000 Euro und Ehemann M einen Nettobetrag von 2.500 Euro. Damit ergibt sich für einen Betrachtungszeitraum von drei Monaten ein gemeinsames Nettoeinkommen von 19.500 Euro.

Das Ehepaar hat zusammen vier unterhaltspflichtige Kinder. Das heißt, in Summe werden 1.000 Euro vom Gesamtnettoeinkommen des Betrachtungszeitraums abgezogen. Für den Verfahrenswert ergibt sich damit zunächst ein Betrag von 18.500 Euro.

Da das zuständige Familiengericht einen fünfprozentigen Anteil des Vermögens auf den Verfahrenswert aufschlägt, muss auch der Wert des Vermögens berechnet werden. Das Vermögen von F und M besteht aus einem Einfamilienhaus im Wert von 450.000 Euro, das noch mit 250.000 Euro Schulden belastet ist. Davon abgezogen wird ein Freibetrag von 80.000 Euro, jeweils 20.000 Euro für M und F und pro Kind ein Betrag von 10.000 Euro. Für das Vermögen ergibt sich daher ein Wert von 120.000 Euro - fünf Prozent davon sind 6.000 Euro.

Der zweite Teil des Verfahrenswerts ergibt sich aus dem Versorgungsausgleich. Da M und F nur knapp zwei Jahre verheiratet waren, liegt dieser bei dem Mindestwert von 1.000 Euro.

Insgesamt berechnet sich daraus ein Gesamtverfahrenswert von 25.500 Euro (18.500 + 6.000 + 1.000 Euro).

Kosten für Gericht und Anwalt

Hat man den Verfahrenswert berechnet, lassen sich daraus die eigentlichen Kosten für die Scheidung bestimmen. Mit Hilfe von Tabellen, die dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bzw. dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) zu entnehmen sind, kann dann bestimmt werden, welche Kosten bei einem bestimmten Verfahrenswert entstehen. Für die Anwaltskosten ergibt sich in diesem Beispiel bei einem Gebührensatz von 2,5 (1,3 Verfahrensgebühr und 1,2 Termingebühr) ein Betrag von 2.157,50 Euro (2,5 x 863,00 Euro). Die Gerichtskosten im Scheidungsverfahren sind im FamGKG geregelt und betragen im vorliegenden Beispiel bei einem Satz von 2,0 insgesamt 812 Euro. (2x406 Euro). Insgesamt hat das Ehepaar bei einvernehmlicher Scheidung in dem konstruierten Beispiel einen Betrag von 2.969,50 Euro zu erbringen.

Kosteneinsparungen durch einvernehmliche Scheidung

Läuft die Scheidung so wie im obigen Beispiel einvernehmlich ab, kann diese Berechnungsmethode einen groben Überblick über die insgesamt anfallenden Kosten liefern. Trotzdem gibt es Fälle, in denen sich die Ehepartner nicht außergerichtlich über Folgesachen wie Unterhalt, Ehewohnung und Kindschaftssachen einig werden. Erfolgt die Scheidung also nicht einvernehmlich, muss ein zweiter Rechtsanwalt zur Verteidigung des anderen Ehepartners herangezogen werden. Dadurch entstehen erhebliche Mehrkosten für beide Ehepartner, da die Kosten für den Rechtsanwalt nun nicht mehr aufgeteilt werden.

Zusätzlich verursacht jeder Streitpunkt, den die Ehegatten nicht außergerichtlich klären können, zusätzliche Gebühren. So wird gem. § 45 FamGKG bei Streitigkeiten in Kindschaftssachen ein Pauschalbetrag von 3.000 Euro fällig und bei Uneinigkeiten bezüglich Ehewohnung und Haushaltssachen gem. § 48 FamGKG ein zusätzlicher Betrag zwischen 2.000 und 4.000 Euro erhoben.

Außerdem reduzieren viele Familiengerichte laut "Scheidung.org" den Gegenstandswert um 30 Prozent bei einer einvernehmlichen Scheidung, was eine nicht einvernehmliche Scheidung im Vergleich nochmal teurer macht.

Gefahren der einvernehmlichen Scheidung

Trotzdem muss bei dieser Art von Scheidung auf einige Dinge geachtet werden. Zum einen ist im Zweifelsfall immer derjenige Ehepartner, der den Scheidungsanwalt beauftragt hat, verpflichtet, für die Kosten aufzukommen - auch wenn man sich vorher darauf geeinigt hat, die Kosten zu teilen. Des Weiteren darf der Anwalt im Streitfall genau genommen nur die Interessen des Auftraggebers vertreten, der nicht vertretene Ehepartner ist dann also deutlich im Nachteil. Daher rät "Scheidung.org" bei großem Vermögen und vielen Immobilien immer zwei Rechtsanwälte zu beauftragen.

Pauline Breitner/ Redaktion finanzen.net

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