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ChatGPT und die Revolution im Rechtswesen - Kann KI Anwälte ersetzen?

31.10.24 06:16 Uhr

Künstliche Intelligenz im Anwaltsanzug: ChatGPT erleichtert juristische Prozesse - kann das KI-Tool Anwälte ersetzen? | finanzen.net

Die künstliche Intelligenz ChatGPT von OpenAI hat im Rechtsbereich einen besonderen Stellenwert erlangt und erleichtert mit zugeschnittenen Tools wie Harvey.ai und Contract Matrix juristische Prozesse, von der Dokumentensuche bis zur Vertragsgestaltung. Doch kann die künstliche Intelligenz auch Anwälte ersetzen?

ChatGPT: Fakten, Probleme und die API

ChatGPT, ein Produkt von OpenAI, repräsentiert eine fortschrittliche Form der künstlichen Intelligenz, speziell in der Kategorie der generativen KI. Die grundlegende Technologie basiert auf einer Reihe komplexer Algorithmen, die darauf ausgelegt sind, Anwendern die Möglichkeit zu geben, vielfältige Inhalte wie Texte, Bilder und sogar abstrakte Konzepte eigenständig zu generieren.

ChatGPT-3 wurde im November 2022 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und erreichte laut Angaben von tooltester innerhalb von fünf Tagen eine Nutzerzahl in Höhe von einer Million. Mittlerweile gibt es seit dem 14. März 2023 bereits ChatGPT-4, welches sich anhand von den trainierten Parametern gegenüber GPT-3 erheblich unterscheidet. Laut einem Beitrag von melibo wurde ChatGPT-3 mit 175 Milliarden Parametern trainiert, währenddessen GPT-4 mit einer Billion Parametern trainiert wird. So wird ChatGPT in zahlreichen Anwendungsfällen, von der Unterhaltung über das Marketing bis hin zu spezifischen Fachgebieten wie dem Recht, genutzt.

Eines der bekanntesten Probleme bei ChatGPT und anderen Modellen dieser Art ist das Phänomen des "Halluzinierens". Dies tritt auf, wenn das System unbeabsichtigt falsche oder erfundene Fakten und Details generiert. Dieses Problem stellt in beruflichen Feldern, in denen Genauigkeit und Verlässlichkeit, wie im juristischen Bereich, von entscheidender Bedeutung sind, eine ernsthafte Herausforderung dar.

OpenAI bietet außerdem eine API für ChatGPT an, die es Entwicklern erlaubt, die Technologie weiter anzupassen und zuzuschneiden. Die API ermöglicht die Entwicklung von maßgeschneiderten Chatbots und Anwendungen, die auf spezifische Anforderungen und Anwendungsfälle in verschiedenen Branchen, wie dem Recht, zugeschnitten sind.

Harvey.ai und Contract Matrix

Im Rechtsbereich zeigt sich ein starker Trend zur Nutzung von generativer künstlicher Intelligenz (KI), die speziell auf juristische Anforderungen zugeschnitten ist. Insbesondere die Tools Harvey.ai und Contract Matrix, die auf GPT-4 basieren, stehen dabei im Fokus.

Harvey.ai wurde für juristische Inhalte optimiert und wird von der Anwaltskanzlei Allen & Overy eingesetzt, um umfangreiche Dokumente wie Geschäftsberichte schnell zu durchsuchen, wie nzz.ch in einem Online-Artikel berichtet. Exklusive Vereinbarungen hat Harvey mit Allen & Overy und PWC. Jedoch muss bei Harvey eine Überprüfung erfolgen, da es manchmal "halluziniert" und beispielsweise Urteile des Bundesgerichtshofs erfindet. Harvey, wie von PwC Legal Deutschland hervorgehoben, besitzt die bemerkenswerte Fähigkeit, in einer vielseitigen Palette von Rechtsgebieten juristische Lösungen zu liefern. Dazu zählen unter anderem die Analyse von Verträgen, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, Forderungsmanagement, Due-Diligence-Prüfungen sowie juristische Beratungs- und Rechtsberatungsdienste.

Contract Matrix, das über eine Schnittstelle zu GPT-4 verfügt, zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Texte zu vergleichen, zusammenzufassen oder zu vereinfachen, wie nzz.ch weiter berichtet. Es findet breite Anwendung in diversen Bereichen, etwa bei der Gegenüberstellung von Geschäftsbedingungen oder Transaktionsdokumenten, wobei es Unterschiede hervorhebt und Verbesserungsvorschläge unterbreitet.

Anwendung von KI in der Kanzlei und der Ersatz von Anwälten

Der Einsatz von künstlichen Intelligenzen in Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien nimmt stetig zu und bringt fundamentale Veränderungen mit sich. Nach Angaben von nzz.ch befindet sich diese Entwicklung noch in einer Testphase, wobei die Anwendung von KI wie Harvey.ai zunehmend erprobt wird.

KI hat das Potenzial, viele juristische Arbeitsabläufe zu vereinfachen, weshalb die Londoner Kanzlei Allen & Overy, Harvey für verschiedene juristische Anwendungsfelder verwendet. Christian Öhner vom Beratungsunternehmen PWC bezeichnet den Trend zum Einsatz von generativer KI bei Kanzleien als omnipräsent, mit dem Potenzial, junge Anwälte zu ersetzen, wie nzz.ch berichtet. Die rasante Weiterentwicklung von KI könnte den ersten Schritt der Dokumentenentwürfe übernehmen, die bisher von jungen Associates durchgeführt wurden, so Öhner weiter. Dies birgt allerdings auch Risiken, wenn sich Anwälte zu sehr auf die KI-Ergebnisse verlassen, ohne diese ausreichend zu überprüfen.

Laut einem Beitrag von Legal Tribune Online wird durch die Implementierung von KI in der Rechtsbranche eine signifikante Veränderung sowohl in Bezug auf Arbeitsaufgaben als auch auf Arbeitsplätze erwartet und die Arbeitsweise sowie das Jobprofil von Juristen fundamental verändern. Vor allem Tätigkeiten, die in den Bereichen Assistenz, Recherche und Vertragsgestaltung anfallen, könnten durch die Automatisierung mittels KI-Tools zukünftig wegfallen. Diese Entwicklung impliziert eine mögliche Reduzierung des Bedarfs an menschlichen Kapazitäten in diesen spezifischen Aufgabenfeldern.

Gleichzeitig eröffnet der digitale Wandel jedoch auch neue Horizonte und bietet innovative Einsatzfelder, wie Legal Tribune Online weiter berichtet. Besonders hervorzuheben sind dabei aufstrebende Bereiche wie Legal Prompt Engineering oder Legal Design. Die Verschiebung von Aufgaben von traditionellen zu technologiegestützten Bereichen könnte eine Neuausrichtung des juristischen Berufsbildes nach sich ziehen, bei dem Kompetenzen im Umgang mit KI und die Fähigkeit, rechtliche Probleme kreativ und technologiegestützt zu lösen, immer wichtiger werden.

Redaktion finanzen.net

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