Online-Rezepte

Ärztliche Rezepte bald per Smartphone-App

11.09.21 23:29 Uhr

Ärztliche Rezepte bald per Smartphone-App | finanzen.net

Im Zuge der dritten Phase der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens und der Einführung der elektronischen Patientenakte, sollen nun auch Rezeptverschreibungen elektronisch erfolgen.

Die Gematik GmbH hat hierfür eine Smartphone-App entwickelt, durch die Ärzte auf einfachem und sicherem Wege Rezepte ausstellen und signieren können. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat der Softwarelösung bereits die Freigabe erteilt; in Berlin und Brandenburg testen und bewerten derzeit rund 50 Arztpraxen und 120 Apotheken die App unter realen Bedingungen im Rahmen eines Pilotprojekts.

Wie funktioniert das E-Rezept?

Mit der neuen App können Ärzte nun Medikamente verschreiben, indem sie die Daten in ihr Praxisverwaltungssystem eingeben und das Rezept elektronisch und fälschungssicher signieren. Die Informationen werden in der Telematikinfrastruktur des Gesundheitswesens gespeichert und der Patient erhält einen eigens für ihn generierten Rezeptcode. Die Entscheidung, ob der Patient seinen Code als Ausdruck erhalten oder direkt über die App abrufen möchte, bleibt dabei diesem selbst überlassen. Der Patient kann nun bei bis zu drei Apotheken nach der Vorrätigkeit des Medikaments anfragen und den Rezeptcode einer Apotheke seiner Wahl zuweisen, in der das Medikament nun verbindlich für ihn reserviert wird. Bei der Abholung liest der Apotheker in seinem Warenwirtschaftssystem den Rezeptcode aus der Telematikinfrastruktur aus und übergibt das Medikament dem Patienten.

Schnell, einfach, sicher

Die Entwickler der App versprechen mit dem digitalen Rezept eine unkomplizierte und verlässliche Zukunft der Medikamentenverschreibung. Der Zugang zu Rezeptdaten soll für die Patienten datenschutzkonform und sicher gestaltet und die Arzneimitteltherapiesicherheit im Allgemeinen erhöht werden. Die Verschreibung per elektronischem Rezeptcode hat großes Potential, den Patienten sowohl Zeit als auch Wege zu ersparen. Beispielsweise entfällt durch die direkte Übermittlung der Rezeptdaten an die Telematikinfrastruktur der bisher oft notwendige aus Bestellung und Abholung bestehende doppelte Gang zur Apotheke, da das Medikament ganz einfach per Smartphone bestellt werden kann. Apotheker müssen sich künftig nicht mehr mit unleserlichen oder fehlerhaften Rezepten herumärgern, da die elektronische Signierung durch den Arzt kaum Raum für Fehler oder Missverständnisse lässt. Ein positiver Effekt der Digitalisierung ist natürlich auch hier der Wegfall der "Zettelwirtschaft". Die Möglichkeit, Rezepte in einer Videosprechstunde zu verschreiben, erhöht den Komfort sowohl für Ärzte als auch für Patienten. Da für die Abholung in der Apotheke der elektronische Rezeptcode ausreichend ist, können an betagte und immobile Patienten verschriebene Medikamente von nun an auch von Dritten oder Bevollmächtigten abgeholt werden.

Gefahr eines Monopols

Trotz der sich mit der Einführung der App anbahnenden Vereinfachung des Gesundheitswesens ist das Projekt in die Kritik geraten, da das Gesundheitsministerium die Nutzung des E-Rezepts ausschließlich auf die App von Gematik beschränkt hat. Einem Artikel des "Handelsblatt" zufolge habe der Abteilungsleiter Digitalisierung im Gesundheitsministerium, Gottfried Ludewig, konkurrierende Angebote für ähnliche Softwarelösungen abgelehnt. Aufgrund dieser staatlich verordneten Exklusivität warnen Kritiker vor einer drohenden Monopolstellung. Walter Hess, Chef der Versandapotheke Doc Morris, äußerte sich zu diesem Thema gegenüber der "Ärztezeitung" folgendermaßen: "In Kürze erwarten wir den Entwurf der Schnittstellen-Verordnung aus dem BMG. Ich bin sicher, dass es neben der Gematik-App weitere Angebote geben wird. Der Gesetzgeber wird den Wunsch der Kunden auf flexible Lösungen berücksichtigen. Es kann nicht alles durch einen staatlichen Trichter gehen." Nun bleibt abzuwarten, inwiefern sich auf diesem neuen Markt die Konkurrenzverhältnisse entwickeln werden und ob sich die Gematik GmbH als einziger Anbieter einer E-Rezept-App behaupten kann.

Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net

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