Neue Studie

So viel Geld brauchen Menschen tatsächlich für ihr Traumleben

22.07.22 22:38 Uhr

So viel Geld brauchen Menschen tatsächlich für ihr Traumleben | finanzen.net

Wie wichtig ist Menschen materieller Wohlstand? Eine neue Studie liefert eine überraschende Antwort.

Ist das menschliche Verlangen nach Reichtum wirklich unendlich?

Viele Forscher kommmen zu dem Ergebnis: Die menschliche Neigung, immer höher zu streben, immer mehr Reichtümer anzuhäufen und sich nie zufrieden zu geben, ist unersättlich und gewissermaßen ein Naturgesetz. Zumindest basieren die meisten wirtschaftswissenschaftlichen Modelle und Konzepte auf dieser Idee, denn ihnen allen wohnt grundsätzlich das Mantra des theoretisch unendlichen Wachstums inne. Doch spiegelt dies denn eigentlich tatsächlich die menschliche Natur genau wieder?

Eine neue Studie, durchgeführt von Forschern der Bath Spa University und der University of Exeter, liefert ein Ergebnis, das für viele wohl mehr als überraschend sein wird: Tatsächlich würde ein großer Teil der Menschen auf diesem Planeten, selbst wenn sie ihren Träumen freien Lauf lassen könnten, für ihre ideale Vorstellung vom Leben gar nicht so viel Geld benötigen, wie man annehmen würde. In einigen Ländern und Bevölkerungsgruppen sind die Beträge, die bei der Studie herausgekommen sind, geradezu als bescheiden zu bezeichnen.

An der Umfrage nahmen insgesamt 7.860 Menschen aus 33 über den ganzen Globus verteilten verschiedenen Ländern teil, zu denen sowohl reiche Länder wie die USA und das Vereinigte Königreich als auch solche mit sich entwickelnden Wirtschaften wie Indien und Brasilien gehören. Darüber hinaus sind auch Nationen vertreten, die in Studien dieser Art eher selten anzutreffen sind, wie Saudi-Arabien, Kenia und Nicaragua.

Die Teilnehmenden wurden gebeten, sich eine ideale Version von ihrem Leben vorzustellen und dann anzugeben, wie viel Geld sie zur Realisierung ihrer Träume benötigen würden. Als Szenario für die Erlangung dieser finanziellen Mittel wurde eine hypothetische Lotterie gewählt, um alle zusätzlichen Faktoren, die mit der konventionellen Akkumulierung von Geld durch Arbeit einhergehen und das Ergebnis trüben könnten, zu vermeiden. Die Ergebnisse der erträumten Lottogewinne bewegten sich in einer Spanne zwischen 10.000 und 100 Milliarden US-Dollar, bei gleichen Gewinnchancen unabhängig von der Größe des Gewinns.

Gute Nachrichten für den Planeten

Der Gedankengang der Forscher ist relativ simpel: Wenn es denn tatsächlich so ist, dass die allermeisten Menschen von Natur aus dazu getrieben sind, nach grenzenlosem Wachstum zu streben, dann wird auch ein Großteil der Befragten einen enorm hohen Betrag angeben. Sollte jedoch ein signifikanter Teil bescheidenere, niedrigere Traumgewinne angeben, so müssten bisher geltende wirtschaftswissenschaftliche Annahmen über das "ewige Wachstum" in Zweifel gezogen werden.

Und was soll man sagen: Anlass zum Zweifel am Althergebrachten liefert das Ergebnis der Studie allemal. Tatsächlich liegt der gewählte Lotteriegewinn beim überwiegenden Teil der Befragten weit unter dem maximalen Auszahlungsbetrag. In 86 Prozent der Länder könnte die Mehrheit der Teilnehmenden ihr Traumleben mit einem Betrag von 10 Millionen US-Dollar erreichen, in manchen Ländern sind es nur eine Million US-Dollar oder sogar noch weniger. Das klingt vielleicht immer noch nach viel Geld, aber man muss bedenken, dass es hier um den Betrag geht, der für das gesamte Leben ausreichen soll. Im Lichte dieses Umstands muss man sagen, dass sich die Idealvorstellung von sehr vielen Menschen offenbar in einem Rahmen bewegt, der durchaus noch realistisch ist.

Natürlich zeigt die Studie auch, dass es nicht wenige Menschen gibt, die den maximalen Auszahlungsbetrag angeben, was auf unbegrenzte Bedürfnisse schließen lässt. Der Anteil dieser Gruppe beträgt je nach Land zwischen 8 und 39 Prozent und besteht überwiegend aus jungen Menschen aus dem städtischen Raum, die großen Wert auf Erfolg, Macht und Unabhängigkeit legen. Das Ergebnis der Studie suggeriert, dass es beim Anteil der Menschen mit unbegrenzten Bedürfnissen keine Rolle spielt, wie reich oder arm das Land ist. Die Länder mit mehr Menschen dieser Art sind eher solche, die das Kollektiv über das Individuum stellen und in denen wirtschaftliche Ungleichheit mehr Akzeptanz findet als in anderen Ländern.

Das Ergebnis dieser Studie macht Hoffnung auf die Realisierbarkeit von nachhaltigen Gesellschaften. Der so überraschend niedrige Anteil an Menschen, deren Bedürfnissen keine Grenzen gesetzt sind, und der demgegenüber so hohe Anteil von Leuten, deren Wünsche und Träume mit einem realistischen Geldbetrag erfüllt werden könnten, zeigen den Weg in eine mögliche Zukunft, in der ein akzeptabler Lebensstandard für einen Großteil der Menschen in der Welt geschaffen werden kann, ohne die Ressourcen des Planeten vollständig auszubeuten. Denn sowohl die jüngere Vergangenheit als auch die Gegenwart zeigen: Unbegrenztes Wachstum ist keine Option, unser Heimatplanet ist eine Schatztruhe, aus der nicht unendlich lange geschöpft werden kann, sondern die irgendwann leer sein wird. Da ist es schön zu wissen, dass der überwiegende Teil der Menschen offenbar mit weniger zufrieden ist, als man vielleicht annehmen würde.

Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net

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