Rechtslage: So kann man sich bei der Lieferung defekter Elektro-Artikel zur Wehr setzen
Das neue Smartphone, der neue Laptop oder das neue Tablet wurden bestellt, die Vorfreude ist groß - und das gelieferte Gerät defekt. Im BGB sind die Rechte von Verbrauchern in solchen Situationen festgeschrieben. Dabei versuchen Hersteller und Händler oft, Kosten an die Kundschaft abzudrücken. Welche Rechte man hat, wenn defekte Elektro-Artikel im Warenkorb lagen.
Wenn innerhalb eines Jahres nach dem Kauf Fehler an Elektro-Artikeln oder anderer Ware auftreten, wird nach der aktuellen Rechtslage davon ausgegangen, dass die Mängel schon zum Zeitpunkt des Kaufs vorlagen. Widerspricht der Verkäufer, muss er allein beweisen, dass dies nicht der Fall war. Behält der Käufer Recht, steht ihm nach Paragraf 439 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) "Nacherfüllung" zu, also ein kostenfreier Umtausch oder eine ebenfalls kostenfreie Reparatur der Ware - dabei darf er selbst entscheiden, welche der beiden Möglichkeiten er bevorzugt. Diese Regelung entspringt einer zum 1. Januar 2022 durchgesetzten Gesetzesänderung zugunsten der Verbraucher. Zuvor konnte fehlerhafte Ware nach dem Gesetz nur innerhalb von sechs Monaten ab Kauf zurückgegeben werden.
Verbraucherzentrale Niedersachsen: Nach Einführung neuer Regelung bisher keine Verbesserungen spürbar
In einer Pressemitteilung kommentiert die Verbraucherzentrale Niedersachsen die Wirksamkeit der Änderung: "Neue Regeln im Gewährleistungsrecht sollten das Leben von Verbraucherinnen und Verbrauchern eigentlich erleichtern. […] Bisher sind keine Verbesserungen spürbar." Vielmehr zeige sich in der Realität, "dass Betroffene mit defekter Ware weiterhin im Regen stehen gelassen werden" und oftmals gar nicht auf ihre Nachfragen reagiert werde. Ebenso würden sie nicht selten zwischen Händler und Hersteller hin- und hergeschickt, ohne dem Umtausch oder der Reparatur ihres Geräts je näher zu kommen. Mareke Eilers, Beraterin bei der Verbraucherzentrale, erklärt in der Pressemitteilung ergänzend, dass Kunden von den Händlern und Herstellern auch oft erklärt werde, dass Mängel wie etwa ein außergewöhnlich schneller Verschleiß bei ihnen als "normale Abnutzung" gelten würden. Deswegen fordert die Expertin weiterhin schärfere Gesetze zum Verbraucherschutz.
Ist das neue Gerät defekt, muss der Händler oder Hersteller Reparatur oder Umtausch ermöglichen - kostenlos
Das bedeutet aber nicht, dass die aktuelle Gesetzeslage die Verbraucher gar nicht schützt. So gelten zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarte Garantien nach Paragraf 443 BGB zusätzlich zu Regelungen wie dem Recht auf Umtausch oder Reparatur. Darauf können sich Verbraucher also in der Regel berufen - es gibt aber Ausnahmen. Wenn man beim Kauf die Mängel des Produkts kennt, entfällt nach Paragraf 442 BGB etwa das Recht auf Umtausch oder Reparatur. Dasselbe gilt, wenn man eine Vereinbarung unterzeichnet hat, der zufolge man auf diese Rechte verzichtet. Solche Vereinbarungen verlieren jedoch wiederum ihre Wirksamkeit, wenn der Verkäufer beim Kauf bereits bestehende Mängel arglistig verschwiegen hat (Paragraf 444 BGB).
Manchmal schicken Verkäufer einen Kundendienst für eine Begutachtung oder Reparatur der Ware zu den Kunden nach Hause. Diese würden dann oft dazu aufgefordert, die Kosten für die Dienstleistung zu übernehmen, schreibt die Verbraucherzentrale Niedersachsen in ihrer Pressemitteilung. "Davon ist jedoch dringend abzuraten." Denn nach Paragraf 439 BGB müssen Verkäufer im Falle eines Umtauschs oder einer Reparatur Versandkosten & Co. übernehmen. Dies können sie nur verweigern, wenn die dafür anfallenden Kosten nicht im Verhältnis zum Wert der Ware in einwandfreiem Zustand steht (Paragraf 275 BGB).
Expertin: Verbraucherinnen und Verbraucher sollten einer Reparatur "aus Kulanz" auf keinen Fall zustimmen
Ein weiterer Trick der Händler und Hersteller ist Eilers zufolge, mangelhafte elektronische Geräte "aus Kulanz" für ihre Kunden zu reparieren. Damit, so die Expertin, werden jedoch bestehende Mängel rechtlich nicht anerkannt, sodass nicht von einer "Nacherfüllung" gemäß Paragraf 439 BGB gesprochen werden kann. Das ist problematisch, wenn nach der Reparatur und innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Kauf ein zweiter Fehler auftritt. Denn eine erste "Nacherfüllung" ist nötig, um bei einem zweiten Fehler ein Recht auf Rückgabe des Artikels oder Vertragsrücktritt zu haben. Wurde also der erste Mangel "aus Kulanz" repariert, muss im Streitfall nach den Paragrafen 323 BGB und 440 BGB erst noch bewiesen werden, dass überhaupt ein Mangel vorlag. "Und das ist erfahrungsgemäß nicht einfach", schreibt die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Die Beweislast liegt in diesem Fall beim Käufer des Elektro-Artikels. Übrigens: Tritt ein zweiter Mangel auf, muss man nicht vom Vertrag zurücktreten, sondern kann nach Paragraf 441 BGB auch eine Preisminderung verlangen. Dabei ist wichtig, dass der Rabatt im Verhältnis zum Sachwert stehen muss.
Redaktion finanzen.net
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