Höchstes Niveau seit 1992: Wie viel die Deutschen wirklich sparen
Die Corona-Pandemie führt in Deutschland zu sinkenden Einkommen und einem reduzierten Konsum. Nach Einschätzungen der DZ Bank dürfte dadurch im Laufe von 2020 die Sparquote auf 12,5 Prozent ansteigen. So viel wurde seit 1992 nicht mehr gespart.
Die Sparquote der privaten Haushalte gibt an, wieviel des verfügbaren Einkommens zur Seite gelegt und nicht für Konsumzwecke ausgegeben wird. Im Jahr 2019 belief sie sich laut Statista noch auf 10,9 Prozent. Davor lag sie in 2018 mit 11 Prozent noch 0,1 Prozentpunkte höher. Der voraussichtliche Anstieg ist also durchaus beachtlich und veranschaulicht die derzeitige Ausnahmesituation.
Weniger Einkommen und noch weniger Konsum
Die Corona-Krise hat die Wirtschaft schwer getroffen. Auf der Arbeitnehmerseite steigen die Arbeitslosenzahlen an und die Kurzarbeit nimmt zu. Hieraus resultiert eine hohe Zurückhaltung der üblichen Lohn- und Gehaltszahlungen. Eine Untersuchung der DZ Bank geht deshalb von einem sinkenden verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte aus. Insgesamt schätzen die Banker, dass sich im Jahr 2020 ein Rückgang um gut ein Prozent zeigen wird.
Noch stärker als die verfügbaren Einkommen geht jedoch nach Expertenmeinungen der Konsum zurück. Dadurch sparen die Haushalte trotz ihrer geminderten Einkünfte deutlich mehr Geld an und die Sparquote erreicht in 2020 den berechneten Höchstwert von 12,5 Prozent. Das Herunterfahren der Wirtschaft erfolgte in einer rasanten Geschwindigkeit. In kürzester Zeit wurden aufgrund der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen viele Gastronomiebetriebe und Geschäfte geschlossen. Wie gut die wirtschaftliche Erholung stattfinden wird, hängt laut einer Studie der DZ Bank von den Schritten zur Lockerung ab. Allem Anschein nach kann jedoch das erneute Hochfahren der Wirtschaft nicht so schnell ablaufen wie der anfängliche Lockdown. Somit ist es nicht möglich, den ruckartigen Abbruch des Konsums zu Beginn der Krise mit einem Blitzstart wieder aufzuholen. Die Konsumflaute bleibt folglich länger erhalten, wodurch das Sparen tendenziell zunimmt. Außerdem verhalten sich die Haushalte aufgrund der Unsicherheiten zunehmend zurückhaltender bei ihren Ausgaben. Als Grundlage für diese Einschätzung dienen der DZ Bank neben der eigens durchgeführten Studie auch externe Datensammlungen.
Trotz der inzwischen erfolgten Öffnung einiger Läden und Geschäfte wollen laut einer Umfrage des Insa-Instituts 57 Prozent der Befragten in den nächsten Wochen keine Produkte für über 250 Euro kaufen. Lediglich 17 Prozent könnten sich höhere Ausgaben vorstellen. Ein noch deutlicheres Bild zeigt der GfK-Konsumklimaindex. In der Corona-Krise erreichte das Stimmungsbarometer, welches monatlich die Meinung von 2.000 Verbrauchern erfasst, einen neuen Tiefststand. Von März auf April rutschte er von 8,1 auf 2,3 Punkte ab, wobei sich die Werte der Vormonate allesamt in einem Bereich zwischen neun und zehn Punkten befanden. Für Mai erwarten die Forscher sogar einen katastrophalen Absturz auf minus 23,4 Indikatorpunkte. Noch nie zuvor wurde ein niedrigerer Wert gemessen. Die Konsumlaune in Deutschland befindet sich am Boden.
Geldanlagestau bei privaten Haushalten
Obwohl also aktuell mehr gespart wird, wissen viele Haushalte nicht, was sie mit ihren Rücklagen anfangen sollen. Nach Angaben der DZ Bank sind die privaten Haushalte in Deutschland traditionell eher risikoscheu. Die anhaltenden niedrigen Zinsen hätten deshalb in den letzten Jahren schon zu einem gewaltigen Geldanlagestau geführt. Durch die Aktienkurseinbrüche während der Corona-Krise haben Anleger im März hohe Wertpapierverkäufe getätigt und Kapital aus dem Markt herausgezogen. Dieser Umstand habe den Geldanlagestau aktuell noch weiter verschärft. Die Experten gehen davon aus, dass sich bis Jahresende der Anteil von Sichteinlagen und Bargeld voraussichtlich auf rund 30 Prozent des gesamten privaten Geldvermögens erhöhen dürften. Auch wenn hierdurch mehr Geld zur Seite gelegt wird, ist diese Form des Sparens nicht förderlich für den Vermögensaufbau. Niedrige oder gar negative Zinsen führen zu sehr langsamen bzw. keinen Wertsteigerungen. Hinzu kommen noch die Verluste bei Aktienanlagen und Fonds. Die DZ Bank kommt daher zu folgendem Schluss: "Trotz einer historisch sehr hohen Sparquote wachsen die Geldvermögensbestände der privaten Haushalte in Deutschland in diesem Jahr voraussichtlich nur um 2,1 Prozent auf rund 6,8 Billionen Euro."
Redaktion finanzen.net
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