Männer werden gefördert, Frauen abgeworben: Warum kommen Frauen im Vorstand seltener aus dem eigenen Unternehmen?
Seit Jahren wird versucht, den Frauenanteil in den Führungspositionen der großen deutschen Unternehmen zu erhöhen. Eine Studie zeigt, dass Frauen dabei viel seltener durch interne Förderung in den Vorstand gelangen und dafür häufiger von außen rekrutiert werden als Männer. Was bedeutet das genau?
AllBright Stiftung: Unternehmen müssen auch Frauen mehr fördern
"Die Unternehmen müssen selbst systematisch einen viel größeren Pool an weiblichen Führungskräften auf allen Ebenen aufbauen, daran führt kein Weg vorbei", zitiert die WirtschaftsWoche (WiWo) Wiebke Ankersen. Ankersen ist Geschäftsführerin der AllBright Stiftung, die regelmäßig Studien zu Frauen in den Vorständen der 160 größten deutschen Börsenunternehmen durchführt. Darin wird auch untersucht, woher die Vorstandsmitglieder der Börsenunternehmen überhaupt kommen - das Ergebnis: Ganze 83 Prozent der in den vergangenen fünf Jahren intern beförderten Vorstandsmitglieder waren Männer. Das bedeutet, dass von den insgesamt gerade einmal knapp 20 Prozent Frauen in den deutschen Vorständen nur etwa ein Drittel schon vor ihrer Position im Vorstand im Unternehmen angestellt war.
Führungspositionen für Frauen in Deutschland vergleichsweise unattraktiv
Gleichzeitig bleiben extern rekrutierte männliche Vorstandmitglieder seltener länger im Unternehmen als ihre Kolleginnen: Während jeder dritte extern rekrutierte Mann den Vorstand schon nach spätestens fünf Jahren wieder verlässt, trifft dies auf nur jede sechste extern rekrutierte Frau zu. AllBright sieht mehrere mögliche Gründe dafür. So könne es sein, dass Frauen genauer durchleuchtet werden als Männer - oder aber, dass sie anpassungsfähiger sind und sich die Unternehmen aufgrund des Frauendefizits mehr Mühe geben, sie im Vorstand zu halten. Hinzu komme, dass Frauen unter anderem wegen der (auch statistisch) schlechteren Karrierechancen oftmals weniger wechselbereit seien als Männer.
Aus diesem Grund kommen diejenigen Frauen, die von außen in die Vorstände der Börsenunternehmen rekrutiert werden, der AllBright-Erhebung zufolge oft aus dem Ausland. Dort sähen die Karrierechancen für Frauen oftmals besser aus als in Deutschland, weswegen Frauen im Ausland häufiger viel Führungserfahrung hätten. Doch die Recruiter suchen nicht nur im Ausland, sondern auch in den großen deutschen Unternehmen, die nicht an der Börse sind, nach weiblichen Führungskräften: Für diese sei der Sprung in den Vorstand - etwa eines DAX-Unternehmens - der letzte große Karriereschritt, für den es sich auch lohnt, eine andere gute Stelle aufzugeben.
AllBright: Unternehmen müssen sich von der traditionellen Männerrunde verabschieden
Im Endeffekt, so Ankersen nach Angaben der WiWo, könne aber die interne Förderung männlicher Angestellter und das externe Recruiting weiblicher Vorstandsmitglieder keine langfristige Lösung sein. Unternehmen müssten sich darauf konzentrieren, auch Frauen mehr Aufstiegschancen zu geben - und die Führungspositionen auch für Frauen attraktiver gestalten und zugänglicher machen. Dazu gehöre auch, offener zu werden für einen anderen Umgang in der Führungsetage und dafür, sich von der traditionellen Männerrunde im Vorstand zu verabschieden.
Redaktion finanzen.net
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