Führungskompetenzen

Karriere-Tipp - Warum immer weniger Mitarbeiter Führungskräfte werden wollen

08.08.22 21:07 Uhr

Karriere-Tipp - Warum immer weniger Mitarbeiter Führungskräfte werden wollen | finanzen.net

Herz, Kopf und Hand - diese Fähigkeiten muss ein guter Manager nach einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group unbedingt mitbringen. Doch auch eine weitere überraschende Entwicklung zeigt sich: Immer weniger Arbeitnehmer wollen in den nächsten Jahren in Führungspositionen aufsteigen. Das sind die Gründe.

Der Boston Consulting Group (BCG) zufolge - eine der weltweit größten Unternehmensberatungen - zeichnet sich eine erfolgreiche Führung durch "Kopf", "Hand" und "Herz" aus. "Kopf" stehe in diesem Fall für klares Denken und intelligente Zukunftsplanung, "Hand" für Durchsetzungsvermögen, Entschlusskraft und Handlungsaktivität, während das "Herz" emotionale Fähigkeiten wie Rücksicht, Einfühlungsvermögen und Motivation der Führungskraft beschreibe.

Im Rahmen einer veröffentlichten Studie hat die BCG nun die Wichtigkeit der drei Führungskompetenzen näher unter die Lupe genommen. Dafür wurden 4.000 Arbeitnehmer aus Deutschland, Frankreich, England und Spanien aus dem privaten und öffentlichen Sektor inklusive der zugehörigen Unternehmen dazu befragt, welche Fähigkeiten ihnen bei ihren Chefs am wichtigsten sind.

"Herz" der Führungskraft - zentrale Rolle für Mitarbeiter

Das Ergebnis: Unternehmen legen bei Führungskräften am meisten Wert auf den "Kopf" (69 Prozent) und die "Hände" (44 Prozent). Das "Herz" der Führungskräfte ist Ihnen weniger wichtig, nur 25 Prozent der Unternehmen empfinden die emotionale Intelligenz und die menschlichen Qualitäten des Chefs als wichtigste Führungseigenschaft.

Befragt man hingegen die Mitarbeiter eines Unternehmens, zeichnet sich ein ganz anderes Bild: Im Gegensatz zu den Führungsetagen ist den Arbeitnehmern einer Firma das "Herz" ihrer Führungskraft am wichtigsten (37 Prozent). Die Tatkraft (Hände) und der Intellekt (Kopf) der Führungskräfte folgen mit 20 und 14 Prozent klar dahinter.

Emotionale Intelligenz der Manager ist in Zukunft entscheidend

Auch BCG-Berater Felix Schuler beobachtet diese Entwicklung: "Die Herz-Qualitäten bei Führungskräften rücken immer mehr in die vorderen Ränge", erklärt der Berater aus München gegenüber dem Magazin "CIO". Doch auch zwischen den menschlichen Qualitäten zeigen sich Unterschiede hinsichtlich der Wichtigkeit für die Arbeitnehmer: So beurteilen 37 Prozent der Teilnehmer Rücksicht und Respekt als die Wichtigste unter den emotionalen Fähigkeiten. Dahinter folgen Empathie (33 Prozent), Aufmerksamkeit (31 Prozent) und die Hilfe zur Weiterentwicklung des Teams (29 Prozent). Mit 25 Prozent ist den Befragten die Selbstreflexion der Manager im Hinblick auf die emotionalen Fähigkeiten am unwichtigsten.

Auch Schuler bestätigt diese Auffassung. Führungskräfte müssen laut dem Experten in Zukunft neben Kopf und Hände unbedingt auch Herz vorweisen können: "Es sind nicht mehr nur die von oben geforderten Qualitäten wie Entschlusskraft und fachliche Expertise gefragt", betont der BCG-Berater.

Nur 13 Prozent der Arbeitnehmer wollen in Führungsposition aufsteigen

Eine weitere spannende Entwicklung ist dank der BCG-Studie ebenfalls beobachtbar: So wollen den Ergebnissen der Umfrage zufolge nur noch 13 Prozent der Arbeitnehmer in Management-Positionen aufsteigen. In Spanien sind die befragten Mitarbeiter am ehrgeizigsten: 15 Prozent der Befragten geben an, in den nächsten fünf bis zehn Jahren in eine führende Position aufsteigen zu wollen, in Deutschland (14 Prozent), Frankreich (13 Prozent) und England (12 Prozent) sind es weniger.

Chef-Sein ist also nicht länger das Hauptziel der Mitarbeiter, wie Schuler erklärt: "Unsere Ergebnisse zeigen: Etwa die Hälfte der Befragten will sich nicht unbedingt entwickeln, sondern dort bleiben, wo sie ist." Der Experte erklärt sich dieses Ergebnis durch die über die Jahre gestiegenen Erwartungen an eine Führungskraft: "Das Anforderungsprofil an Führungskräfte ist so gestiegen, dass eine empfundene Drucksituation entsteht, die klassische Führungsaufgaben auch bei eigentlich entwicklungshungrigen Personen weniger attraktiv macht", erklärt Schuler in einem Spiegel-Bericht.

Großteil der Arbeitnehmer zufrieden mit aktueller Arbeitssituation

Weiterhin glauben 64 Prozent der Befragten, dass Führungskompetenzen teilweise angeboren sind, jedoch durch Erfahrung und Training durchaus entwickelt und angeeignet werden können.

Doch das ist nicht weiter das primäre Ziel der Teilnehmer, wie die Studie der BCG ergeben hat. Vielmehr wollen Mitarbeiter laut Schuler andere Fähigkeiten ausbauen, wie das Informationsportal CIO berichtet. Dazu gehören unter anderem Selbstständigkeit und der Wunsch nach einer gesellschaftlich als sinnvoll empfundenen Arbeit.

Insgesamt scheinen die meisten Mitarbeiter in Deutschland, Frankreich, England und Spanien aber zufrieden: "Neunzig Prozent der Leute sagen, dass sie sich ihrer Arbeit verbunden fühlen, es gibt keine Entfremdung an dieser Stelle", erklärt Schuler.

Pauline Breitner / Redaktion finanzen.net

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