Ruhestand: Herausforderungen und Bewältigungsstrategien für Neurentner
Veränderungen sind Teil des Lebens. Obwohl sie uns immer wieder begegnen, fällt es uns so manches Mal schwer, damit umzugehen - besonders bei Ereignissen, die unser Leben völlig verändern. Der Übergang von einer beruflichen Tätigkeit in den Ruhestand wird häufig als solches Ereignis wahrgenommen. Doch mit welchen Herausforderungen ist man als Neurentner konfrontiert und wie überwindet man diese?
Unsicherheit und große Leere als Herausforderung
Das Leben eines jeden Menschen teilt sich in bestimmte Abschnitte, in welchen wir uns mit diversen Herausforderungen konfrontiert sehen. Dabei ist das Ende des beruflichen Werdegangs auch das Ende einer langjährigen Gewohnheit - denn bestehende Alltagsstrukturen, Aufgaben aber auch Ziele werden aufgebrochen und müssen neu entdeckt werden. Es scheint im ersten Moment wie eine Reise ins Ungewisse. Diese Ungewissheit beziehungsweise Unsicherheit kann bei angehenden Rentnern Stress auslösen, wie Tim Hagemann, Professor für Arbeits-, Organisations- und Gesundheitspsychologie gegenüber der Berliner Zeitung verrät. Die Unsicherheit und damit auch das Stresslevel werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Damit ist ein erfolgreicher Übergang in den Ruhestand immer individuell zu betrachten.
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Dr. Antje Schmitt ist Psychologin und Professorin an der Universität Groningen in den Niederlanden. In einem von ihr veröffentlichten Paper berichtet sie über Herausforderungen des Übergangs in den Ruhestand. Dort erläutert sie, dass "durch den Verlust der beruflichen Rolle […] zudem ein wichtiger Baustein der individuellen Identität" entfällt. Zusätzlich dient die Arbeit dem sozialen Austausch, einem strukturierten Tagesablauf und ist Quelle für Anerkennung, so Schmitt. Für Personen, welche sich stark mit der eigenen beruflichen Rolle identifiziert haben, kann dies zu Unsicherheiten in der individuellen Identität, aber auch im Tagesablauf führen. Als Folge können Anpassungsschwierigkeiten auftreten oder auch das Gefühl großer Leere kann entstehen. Ähnlicher Ansicht scheint Coach und Autor Herb Stumpf zu sein, da er sich diesbezüglich in einem Interview mit n-tv wie folgt äußert: "Die Gefahr, in ein tiefes Loch zu fallen, ist umso größer, je anspruchsvoller die Arbeit war und je mehr man sich damit identifiziert hat." Problematisch kann auch die soziale Isolation sein, wie Dr. Ingo Kolodziej in einem Interview mit der Hochschule Fresenius berichtet. Durch den Übergang in den Ruhestand verändert sich die gewohnte Umwelt und die regelmäßigen sozialen Interaktionen auf der Arbeit entfallen. Auch hierdurch kann ein Gefühl der Leere entstehen. Neben den mentalen Aspekten kann jedoch auch die finanzielle Situation Unsicherheit und somit Stress und Angst auslösen.
Die Kraft der Psyche
Obwohl sich jeder Neurentner mit den Herausforderungen von Unsicherheit und Leere konfrontiert sieht, hängt ein erfolgreicher Übergang zunächst von der eigenen Psyche ab. Grundsätzlich ist dieser Übergang nämlich als neutral zu bewerten, denn er stellt eine Entwicklungsaufgabe dar, die im Lebenslauf eines jeden verankert ist, heißt es im Paper von Schmitt weiter. "Wie der Übergang wahrgenommen wird, hat wiederum Konsequenzen für die Anpassung an den neuen Lebensabschnitt", erklärt Schmitt die Wichtigkeit der Psyche für die Akzeptanz der neuen Lebenssituation.
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Auch andere Studien untersuchten die Bedeutsamkeit der Psyche für den Renteneintritt. So berichtet Dr. Ingo Kolodziej in einem Interview mit der Hochschule Fresenius über seine Studienergebnisse und kann zunächst eine positive Nachricht übermitteln: "Im Durchschnitt hat der Renteneintritt einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit." Abhängig sei dies jedoch von dem vorherigen psychischen Gesundheitszustand. Je schlechter dieser sei, desto geringer sei der positive Einfluss durch den Renteneintritt. Es scheint also wichtig, den Renteneintritt nicht von vorneherein als etwas Negatives wahrzunehmen, sondern sich bewusst darauf vorzubereiten.
Planung und Struktur zur Bewältigung
Um sich bewusst auf den bevorstehenden Ruhestand und die damit verbundenen Aufgaben vorzubereiten, ist es wichtig, sich frühzeitig mit möglichen Aspekten des Ruhestands auseinanderzusetzen. Diplom-Psychologin Prof. Eva Asselmann erklärt in einem Interview mit n-tv, dass es sinnvoll sei, sich bereits zehn Jahre vor Rentenbeginn erste Gedanken darüber zu machen, wie der Ruhestand gestaltet sein soll. Eine detaillierte Ausarbeitung sollte zumindest zwei Jahre vor Beginn des Renteneintrittsalters gestartet werden. "Ganz wichtig, um nicht in ein Loch zu fallen, ist, sich fürs Rentendasein eine Tagesstruktur zu erarbeiten", erklärt sie. Aber auch Dr. Antje Schmitt spricht in ihrem Paper von einer frühzeitigen Vorbereitung beziehungsweise konkreten Auseinandersetzung, um die Ungewissheit zu reduzieren und den Ruhestand als weniger einschneidend zu empfinden. Im Umkehrschluss bedarf es jedoch einer positiven Erwartungshaltung und Einstellung, die Psyche spielt also auch hier eine bedeutsame Rolle. Mögliche Fragestellungen können laut Schmitt wie folgt lauten: "Welche Ziele hat man für den Ruhestand? Was kann man schon im Vorfeld tun, um diese Ziele zu realisieren? Was wären alternative Ziele und ein Plan B?"
Wichtig ist es laut Schmitt ebenfalls, einer Tätigkeit nachzugehen, denn das wirke sich positiv auf den Anpassungsverlauf aus. Dabei spiele weder die Art der Tätigkeit noch die Entlohnung eine Rolle. Entscheidend sei es, dass die Tätigkeit als "individuell passend und möglichst zufriedenstellend wahrgenommen wird".
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Ressourcen nutzen, um ins Tun zu kommen
Neben einem strukturierten Tagesablauf ist es auch wichtig, die eigenen Ressourcen zu nutzen. Man sollte sich also im Vorhinein überlegen, welche Aspekte einem im Leben Freude bringen und das (psychische) Wohlbefinden unterstützen. Darunter können unterschiedliche Dinge im Leben fallen. Laut Dr. Kolodziej können soziale Kontakte wie Ehepartner oder Kinder positiv für die psychische Gesundheit sein. Aber auch nicht-berufliche Aktivitäten können dazu führen, dass die eigene Identität nicht nur durch die Arbeit bestimmt wird, sondern auch andere Rollen als persönlich wichtig empfunden werden, so Schmitt.
J. Vogel / Redaktion finanzen.net
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