Energiewende

80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030: Diese Schritte sind nötig

23.09.24 06:46 Uhr

Strompreise: Wie 80% Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 erreicht werden können | finanzen.net

Die Bundesregierung hat beschlossen, bis 2030 ganze 80 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland mit erneuerbaren Energien abzudecken - 2035 sollen es 100 Prozent sein. Das ist ambitioniert, aber machbar: Agora Energiewende zeigt in einem Paper, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Agora Energiewende zeigt, wie die Lücken in Oster- und Sommerpaket geschlossen werden können

Um bis 2030 80 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland mit erneuerbaren Energien abzudecken, "braucht es einen echten Ausbauturbo für Erneuerbare und Energieinfrastruktur. Gelingt dieser, entfacht er eine Dynamik, die bis 2035 ein klimaneutrales Stromsystem ermöglicht." Das schreibt Agora Energiewende in der Pressemitteilung zur Veröffentlichung ‘Klimaneutrales Stromsystem 2035’. "Die Zeit drängt, die Lösungen liegen auf dem Tisch. Nun gilt es, eine ambitionierte Umsetzung zu gestalten." Besonders wichtig sei, die Elektrifizierung und Flexibilisierung des Verbrauchs schon jetzt konsequent mitzudenken und zeitnah umzusetzen. Agora Energiewende bezeichnet sich selbst als unabhängiges Think Tank und Politiklabor und setzt seine Arbeit ein, um einflussreiche Persönlichkeiten in Politik & Co. zu informieren.

Als im Frühjahr das Osterpaket beschlossen wurde, erklärte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck gegenüber dem Handelsblatt, die Energiewende sei angesichts des Kriegs in der Ukraine besonders wichtig, wenn Deutschland nicht von russischen Energielieferungen abhängig sein wolle. "Wir verdreifachen die Geschwindigkeit beim Erneuerbaren-Ausbau - zu Wasser, zu Land und auf dem Dach", so Habeck. Die Beschleunigung des Ausbaus ist auch zentraler Teil des Papers von Agora Energiewende, allerdings müsse man noch einige Lücken aus Oster- und Sommerpaket schließen. Die Organisation zitiert Agoras Deutschland-Direktor Simon Müller: "Indem die Bundesregierung jetzt das Ausbautempo bei Solarenergie und Windkraft an Land konsequent erhöht, können wir in den nächsten vier Jahren ein Ausbauniveau erreichen, das uns bis 2035 zu einem klimaneutralen Stromsektor führt."

Mit vier großen Schritten soll die Energiewende möglich sein

Konkret sind den Analysen von Agora Energiewende zufolge vier große Schritte nötig, damit die Klimaziele der Bundesregierung erreicht werden können:

Die Priorisierung des Ausbaus von Windkraft- und Photovoltaikanlagen und ein Paradigmenwechsel beim Ausbau der Strom- und Wasserstoffnetze. Dafür seien schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine schnellere Ausarbeitung eines integrierten Systementwicklungsplans unabkömmlich.
Die Sicherstellung verlässlicher Investitionsbedingungen, um mithilfe der 80 Prozent erneuerbaren Energien 2030 und mehr grünen Gaskraftwerken den Kohleausstieg und die Klimaneutralität 2035 zu erreichen.
Der Umstieg auf grünen Strom in allen Bereichen der Gesellschaft mithilfe von Elektrolyseuren, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und Elektrokesseln. Um den Umstieg innerhalb der gesetzten Fristen zu vollziehen, müsse man hierbei ab sofort systemdienlich vorgehen und schnell die Netzentgelte und den Verteilnetzbetrieb reformieren.
Die Sicherung des Stromnetzbetriebs mit vollständig erneuerbaren Energien. Hierfür müsse man ein breites Technologieportfolio zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen und einen effizienteren Umgang mit Netzengpässen umsetzen. Außerdem müsse ein Maßnahmenpaket für Systemsicherheit erstellt und das Übertragungsnetz bis 2035 um 40 Prozent (15.000 Stromkreiskilometer) erweitert werden.

Agora Energiewende: Umsetzung der Maßnahmen so bald wie möglich

In der 72 Seiten langen Veröffentlichung erläutert Agora Energiewende diese vier großen Schritte detaillierter. So müsse man etwa für die Ziele im Stromsektor die Erzeugung erneuerbarer Energien bis 2030 mehr als verdoppeln und bis 2035 mehr als verdreifachen. Zudem sei eine Verkürzung der Fristen für die Bereitstellung von Flächen für Windkraftanlagen vonnöten, ebenso empfiehlt Agora Energiewende langfristige Stromlieferverträge und symmetrische Marktprämien für Anlagenbetreiber.

Der Think Tank zitiert Müller zur Umsetzung der ausgeführten Schritte: Die Reform der Netzentgelte brauchen wir "noch diesen Herbst, damit wir für neue Elektroautos und Wärmepumpen gleich die Flexibilitäten fördern, die hohe Anteile erneuerbarer Energien absichern." Ob sich die Bundesregierung die von Agora Energiewende erarbeiteten nötigen Schritte zu Herzen nimmt und diese auch umsetzt, bleibt jedoch abzuwarten - Klimaziele wurden in der Vergangenheit bereits oft hintenangestellt.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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