Studie: Höherer Mindestlohn könnte die Scheidungsrate senken
Eine Studie US-amerikanischer Forscher kam zu dem Ergebnis, dass sich eine Erhöhung des Mindestlohns auf die Eheschließungen und Scheidungen im Land auswirkt. Die Anhebung des Mindestlohns führe demnach nicht nur dazu, dass Paare mit geringem Einkommen zögerlicher heiraten, sondern sich auch seltener scheiden lassen.
Weniger Scheidungen durch höheren Mindestlohn
Die besagte Studie erschien am 11. März 2022 im Journal of Marriage and Family und wurde von den Psychologen Benjamin R. Karney und Thomas N. Bradbury sowie den Ökonomen Jeffrey B. Wenger und Melanie A. Zaber verfasst. Sie untersucht die Auswirkungen einer Mindestlohnerhöhung auf die Heirats- und Scheidungsrate bei Geringverdienern in den USA. Für die Analyse verwendeten die Forscher Daten aus der Current Population Survey und der American Community Survey. Hierbei verglichen sie die Umfrageergebnisse von Bundesstaaten, die ihren Mindestlohn erhöht hatten mit anderen Bundesstaaten, die keine Anpassungen vorgenommen hatten. Als Resultat ermittelten die Forscher, dass eine Erhöhung des staatlichen Mindestlohns um einen US-Dollar unter Männern und Frauen mit niedrigem Gehalt einen Rückgang der Eheschließungen um drei bis sechs Prozent bewirkt hatte. Doch nicht nur die Anzahl der Eheschließungen ging zurück, auch die Scheidungsrate sank ein bis zwei Jahre nach der Mindestlohnerhöhung um sieben bis 15 Prozent.
Wie das Einkommen die Ehe beeinflusst
In einer Ehe können von Untreue bis hin zu häuslicher Gewalt sehr viele Sachen zu Problemen führen. Einer Studie der University of Denver zufolge sind jedoch finanzielle Probleme ein Hauptgrund für viele Scheidungen. Nach Angaben von NBC4 führen sie "zu erhöhtem Stress und Spannungen in der Beziehung". In finanzielle Schwierigkeiten geraten vor allem Paare mit geringem Einkommen. Wenn das Bezahlen von Miete und Rechnungen zu einem bestimmenden und erdrückenden Thema innerhalb der Ehe wird, rücken wichtige zwischenmenschliche Aktivitäten in den Hintergrund. "Es ist schwieriger, eine enge Verbindung zu einem Partner aufrechtzuerhalten, wenn man finanziell zu kämpfen hat", sagt Psychologe und Studienautor Benjamin R. Karney gegenüber NBC4. Je höher das Stresslevel innerhalb der Beziehung steigt, desto größer ist außerdem das Konfliktpotenzial. "Stress gibt dir harte Dinge, für die du Zeit aufwenden musst, nimmt dir Zeit für die lustigen Dinge, UND unter Stress können wir schlechter mit diesen harten Dingen umgehen", führt Karney weiter aus. "Es ist einfacher, verheiratet zu sein, wenn man mehr Geld verdient."
Der Mindestlohn als Instrument der Familienpolitik
Laut der Studie von Karney, Bradbury, Wenger und Zaber konzentrierte sich die Forschung zu den Auswirkungen einer Anhebung des Mindestlohns bisher fast ausschließlich auf wirtschaftliche Aspekte. Ob sich Veränderungen tatsächlich auch auf Eheschließungen und Scheidungen auswirken, sei noch nicht untersucht worden. Die Ergebnisse bringen somit ganz neue Erkenntnisse für die Politik. Wie Karney gegenüber NBC4 erklärt, konzentriere sich die US-amerikanische Familienpolitik bislang für die Stärkung der Ehe auf "eine kompetenzbasierte gesunde Eheerziehung". "Die bestehenden Programme wurden im Allgemeinen entwickelt, ohne selbst Paare mit niedrigem Einkommen zu konsultieren. Es gab die Annahme, dass es ihre Schuld sein muss, wenn Paare Probleme in ihrer Ehe haben." Doch wenn der Ursprung der Probleme außerhalb der Beziehung beim Einkommen liegt, führen Verbesserungen der Kommunikation innerhalb der Beziehung nicht zu einer Lösung. Die Erhöhung des Mindestlohns ist deshalb nach Ansicht der Forscher ein wichtiger Teil der Familienpolitik. "Wem die Werte der Familie wichtig sind, dem ist die Anhebung des Mindestlohns wichtig", schlussfolgert Karney.
Nicolas Flohr / Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Roman Motizow / Shutterstock, Motortion Films / Shutterstock.com