Expertenmeinung: Wann sich ein variables Gehalt wirklich lohnt
Immer mehr Menschen bekommen variable Gehälter. Das Gute daran: In der Gehaltsverhandlung kann man über zukünftige Boni und Prämien mitbestimmen. Ein Arbeitsrechtspezialist und ein Karriereberater erklären, wann sich das Modell wirklich lohnt - und wann nicht.
80 bis 90 Prozent aller Führungskräfte und 30 Prozent aller Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in Deutschland erhalten ein sogenanntes "variables Gehalt". Dies berichtet das Handelsblatt mit Verweis auf eine Datenerhebung der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. Unter allen Angestellten erhalten einer Statista-Studie zufolge rund 16 Prozent Boni, schreibt Merkur.de. Und die Jobbörse Stepstone konnte schon vor fünf Jahren feststellten, dass es europaweit immer mehr variable Gehälter gibt, während die Zahl der festen Löhne stagniert. Aber rentiert sich das neue Gehaltsmodell für die Angestellten wirklich?
Höhe von Boni und Prämien bei variablen Gehältern sehr unterschiedlich
Ein variables Gehalt besteht in der Regel aus einem vergleichsweise niedrigen Basis-Lohn und zusätzlichen Prämien oder Boni, deren Höhe von der erbrachten Leistung abhängt. Im allgemeinen Vergleich lässt sich sagen, dass mit festen Gehältern ohne Anspruch auf Prämien & Co. besser geplant werden kann, während ein variables Gehalt höhere Einnahmen ermöglicht (sofern der Arbeitgeber faire Prämien zahlt), aber stärker von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens abhängig ist und insbesondere in Krisenzeiten mehr Risiken birgt. Wer etwa im Vertrieb arbeitet und wegen der Pandemie weniger prämierte Abschlüsse erzielt hat, wäre in den letzten Jahren möglicherweise mit einem fixen Gehalt besser bedient gewesen. Andererseits werden die persönlichen Leistungen mehr belohnt, was die Motivation am Arbeitsplatz stärkt.
Aber auch unabhängig von der wirtschaftlichen Lage variiert die Höhe von Boni und Prämien stark. So verdienen Führungskräfte Stepstone zufolge bis zu 50 Prozent ihres Gehalts mit dem variablen Gehaltsanteil. Und Merkur.de berichtet, dass die Prämien und Boni in größeren Unternehmen tendenziell höher ausfallen würden. Gleichzeitig gebe es große Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit variablen Gehältern: Während letztere jährlich im Schnitt Prämien in Höhe von rund 3.780 Euro erhalten, würden Männer mit den Zusatzzahlungen jedes Jahr durchschnittlich - auch branchenbedingt - rund 8.760 Euro verdienen.
Expertentipp: Nicht Ende des Jahres in die Gehaltsverhandlung gehen
Um unabhängig von Branche, Geschlecht und Führungsverantwortung ein möglichst gutes variables Gehalt auszuhandeln, das sich auch wirklich lohnt, rät Karrierecoach Martin Wehle im Interview mit dem manager-magazin: "Hier gilt das Gleiche wie an der Börse: Den größten Erfolg hat der, der gegen den Strom schwimmt." Er rate jedem, nicht wie die Kolleginnen und Kollegen am Jahresende in die Gehaltsverhandlung zu gehen. Vorgesetzte seien meist schnell genervt von den Verhandlungen und hätten außerdem oft nicht unbegrenzt Mittel für Gehaltserhöhungen zur Verfügung. Außerdem solle man sich unbedingt gut vorbereiten und am besten eine Leistungsmappe mitbringen, also eine Liste mit allen besonderen Leistungen aus dem letzten Jahr. Denn: Vorgesetzte würden darauf geschult, die Bitte um eine Gehaltserhöhung oder Prämie zunächst abzulehnen, um herauszufinden, wie hartnäckig die oder der Angestellte bei der Forderung bleibt. Eine Liste guter Gründe für mehr Gehalt sei hilfreich bei der Überzeugungsarbeit.
Stepstone empfiehlt ebenfalls, sich intensiv auf die Gehaltsverhandlung vorzubereiten und auch unbedingt aktiv Vorschläge einzubringen. Das Gespräch sei die Chance, eigene Vorstellungen und Wünsche zu äußern und einzubringen - natürlich auf Verhandlungsbasis, wobei man nicht zu schnell einknicken solle.
Klar festlegen, welche Leistungen wie vergütet werden
Gegenüber absolventa warnt Arbeitsrechtspezialist Jean-Martin Jünger außerdem davor, zu schnell oder unbedacht einen Vertrag mit variablem Gehalt zu unterschreiben: Man solle "klar mit dem Arbeitgeber festlegen, wie und wann nach welchen Leistungen die Vergütung gezahlt wird." So habe man mehr Sicherheit, auch tatsächlich angemessen bezahlt zu werden. Es könne zudem von Vorteil sein, vor der Gehaltsverhandlung eine professionelle Karriereberatung in Anspruch zu nehmen und dort die wichtigsten Punkte zu besprechen.
Redaktion finanzen.net
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