Studie enthüllt: Plug-in-Hybride bislang klimaschädlicher unterwegs als angenommen
In der Theorie sollen Hybridfahrzeuge einen Teil der Strecken im Elektromodus fahren und damit den CO2-Ausstoß des Gesamtverkehrs verringern. Aus diesem Grund wird der Kauf von Hybridautos durch Kaufprämien und Steuernachlässe von der Bundesregierung gefördert. Nun schlagen Forscher Alarm.
Überwiegend Verbrennungsmotor statt Elektromodus
Denn in der Praxis fahren die meisten Plug-in-Hybride weitaus weniger im Elektromodus als berechnet und nutzen im täglichen Betrieb überwiegend den Verbrennungsmotor. Das zeigen die Ergebnisse einer vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebenen Studie des ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung, Öko-Institut e.V. und "Transport & Environment". Der häufige Einsatz des Verbrenner-Modus führt zu deutlich höheren CO2-Emissionen als bisher angenommen wurde. "Unsere Berechnungen zeigen, dass wir angesichts der Marktprognosen von bis zu 4,3 Millionen Tonnen zusätzlichen CO2-Emissionen im Jahr 2030 für den Verkehrssektor durch Plug-in-Hybride ausgehen müssen, wenn die elektrischen Fahranteile so niedrig bleiben wie heute", so Ruth Blanck, Senior Researcher am Öko-Institut.
Insgesamt soll nach bisherigen Schätzungen das CO2-Ziel im Verkehrssektor von 95 Millionen Tonnen für das Jahr 2030 um rund 30 Millionen Tonnen CO2 überschritten werden. Die von Hybridfahrzeugen verursachten höheren Emissionen sind bei den bisherigen Szenarien zur Entwicklung der CO2-Emissionen des Verkehrssektors meist nicht enthalten. Allerdings liegen die meisten realen Emissionen, allen voran bei schweren Plug-in-Elektrofahrzeugen, um ein Vielfaches über diesen Werten, was für die Erreichung des Klimaschutzziels 2030 erschwerend hinzukommt, so die Ergebnisse der Studie.
Warum der Anteil an elektrischen Fahrten so gering ist
Als Grund für den geringen Anteil an elektrischen Fahrten werden fehlende wirtschaftliche Anreize zum elektrischen Laden und allen voran bei Dienstwagen eine oftmals hohe tägliche Fahrleistung genannt. Außerdem seien zuhause sowie am Arbeitsplatz oftmals keine Lademöglichkeiten vorhanden. Hinzu kommt, dass Hybridfahrzeuge aufgrund ihrer Bauform, ihrer Motorisierung und ihres Gewichts oftmals einen überdurchschnittlich hohen Energiebedarf haben, denn circa ein Drittel der neu zugelassenen Plug-in-Hybride sind SUVs oder Geländewagen, wie die Ergebnisse der Studie festhalten. Das führe dazu, dass der Akku für die Tageskilometer oftmals nicht ausreicht. Zudem schaltet sich bei schnellem Fahren oder starker Beschleunigung ohnehin der Verbrennungsmotor zu, selbst, wenn der Akku noch voll ist, wie in der Studie ausgeführt wird. Ursache hierfür ist, dass der Elektromotor meist nur einen Anteil von rund einem Drittel an der maximalen Motorleistung hat und alleine nicht genügend Antriebskraft liefern kann. Pflegen die Fahrzeughalter jedoch eine defensive Fahrweise, befinden sich überwiegend im elektrischen Fahrmodus und betanken die Fahrzeuge mit CO2-armem Strom, können laut den Ergebnissen der Studie die CO2-Emissionen deutlich gesenkt werden.
Dringende Überprüfung der Förderung gefordert
Elektrofahrzeuge, insbesondere Plug-in-Hybridfahrzeuge, erfahren der Studie zufolge derzeit einen Boom in Deutschland. In der zweiten Jahreshälfte 2020 besaßen Hybridautos bereits einen Anteil von rund zehn Prozent an den Neuzulassungen, 80 Prozent hiervon waren Dienstwagen. Zumal der Kauf eines elektrifizierten Fahrzeuges durch die Bundesregierung mit einer Kaufprämie und bei Dienstwagen mit steuerlichen Vorteilen gefördert wird. Doch dieser Förderung bedarf es einer dringenden Überprüfung, so Studienleiter Julius Jöhrens vom ifeu.
"Bei derzeitigen Rahmenbedingungen gefährdet der weitere Markthochlauf von Plug-in-Hybridfahrzeugen die deutschen Klimaziele 2030 im Verkehrsbereich. Aus umweltpolitischer Sicht sollte die Förderung aus Kaufprämie und Steuervorteilen dringend überprüft werden", führt Julius Jöhrens aus. "Vergünstigungen für Plug-in-Hybride sollten an harte Kriterien für die elektrische Reichweite, die elektrische Leistung und den Nachweis einer regelmäßigen Lademöglichkeit geknüpft sein", sowie elektrisches Fahren für die Nutzer finanziell attraktiv gemacht werden, wie Julius Jöhrens fordert.
Philipp Beißwanger / Redaktion finanzen.net
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