Déjà-vu für Fondsanleger: Was Sie wissen sollten
Vorübergehende Fondsschließung: Der NordIX Renten plus nimmt aufgrund von Liquiditätsproblemen keine Anteile mehr zurück.
Werte in diesem Artikel
von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Unschöne Erinnerungen werden wach: Im Herbst 2008 und in den Folgejahren konnten reihenweise Offene Immobilienfonds ihre Anteilscheine nicht mehr zurücknehmen, weil zu viele Anleger zur gleichen Zeit ihr Geld abziehen wollten. Teilweise waren die Investoren jahrelang in den Produkten gefangen. Auch Geldmarktfonds, die auf verbriefte Kredite (ABS) gesetzt hatten, und einige Genussscheinfonds mussten im Zuge der Finanzkrise vorübergehend schließen.
Jetzt hat es einen Rentenfonds getroffen. Seit dem 16. Januar nimmt der NordIX Renten plus (siehe unten) keine Anteile mehr zurück und gibt auch keine neuen aus. Hintergrund der Aussetzung sei die Reduktion des Fondsvolumens in der zweiten Jahreshälfte 2014 durch Rückgaben von Anteilscheinen, so die offizielle Begründung der Kapitalanlagegesellschaft BNY Mellon. Immer mehr Anleger haben demnach zwischen Juli und Dezember den Fonds verlassen. Zur Jahresmitte war er noch mehr als 70 Millionen Euro schwer gewesen, inzwischen sind es nur noch 30 Millionen.
Schwer handelbare Papiere
Durch den Exodus der Anleger ist der Fonds nun in Schwierigkeiten geraten. Denn in seinem Portfolio befinden sich einige Papiere, die nur schwer handelbar sind - insbesondere solche aus Griechenland und Zypern. "Der NordIX Renten plus ist ein Fonds auf Spezialrenten, bei dem wir bewusst in wenig liquide Titel investieren", sagt Moritz Schildt, Vorstand der NordIX AG.
Diese schwer handelbaren Papiere machen inzwischen einen so großen Anteil des Vermögens aus, dass der Fonds kaum reagieren kann, wenn weitere Anleger ihr Geld abziehen. Es bestehe die Möglichkeit, dass der Fonds im Falle von weiteren Anteilscheinrückgaben Positionen gar nicht oder nicht zu marktgerechten Preisen abbauen könne, so BNY Mellon. "Wir wollen vermeiden, dass der Fondsmanager zu Notverkäufen gezwungen wird", fasst Schildt zusammen.
Grundsätzlich kann jeder Investmentfonds seine Pforten vorübergehend schließen. Er muss diese Möglichkeit aber in seinen Anlagebedingungen vorsehen. Geregelt ist das in Paragraf 98 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). Danach darf die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen aussetzen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich scheinen lassen. Soll heißen: In einer Extremsituation darf ein Fonds dichtmachen, wenn er dadurch seine Anleger vor größerem Übel bewahrt.
Ein Liquiditätsengpass ist eine solche Extremsituation. Wird ein Fonds gezwungen, Wertpapiere (oder Immobilien) übereilt und zu extrem niedrigen Preisen zu verkaufen, um flüssige Mittel zu beschaffen, schadet das den Anlegern. Die Rücknahme von Anteilscheinen auszusetzen, gilt dann als das mildere Mittel, das die Anleger weniger stark belastet als ein Absturz des Anteilswerts. "Wir sind uns bewusst, dass dies eine untypische Maßnahme ist", sagt Schildt. "Sie dient aber dem Schutz der Gesamtheit der Anleger in unserem Fonds."
Wann die NordIX-Anleger ihre Anteile wieder an die Fondsgesellschaft zurückgeben können, ist offen. Einen Termin gibt es nicht. Schildt verweist auf die Marktturbulenzen aufgrund der Wahl in Griechenland am 25. Januar. "Sobald die angespannte Lage und die außergewöhnlichen Umstände im Zusammenhang mit Griechenland aufhören, ist eine Wiedereröffnung möglich", sagt er. Sollten die Diskussionen über die Zukunft des Landes monatelang anhalten, kann es sein, dass der Fonds lange geschlossen bleibt.
Der Fall des NordIX Renten plus zeigt erneut, dass nicht nur Immobilienfonds von Liquiditätsengpässen bedroht sein können, sondern auch andere Fonds. Grundsätzlich gilt: Je illiquider die Vermögenswerte in einem Portfolio sind, desto größer ist die Gefahr, dass ein Produkt vorübergehend schließen muss, wenn zu viele Anleger ihr Geld zurückfordern. Normalerweise sind Fonds aber so breit aufgestellt, dass einzelne illiquide Papiere sich nicht gravierend auf den Fonds auswirken.
Ungewöhnlich hoch konzentriert
Analyst Jan Richter vom Finanzdienstleister FondsConsult hält die Schließung des NordIX Renten plus dementsprechend für einen Einzelfall. "Es ist äußerst selten, dass ein Fonds derart illiquide Vermögenswerte ansammelt", sagt er. Hinzu komme, dass das Portfolio hochkonzentriert sei, Schwierigkeiten mit dem Handel einzelner Werte sich also schnell auf den gesamten Fonds auswirken würden. "Eine solche Konzentration ist ungewöhnlich."
Normalerweise achteten gerade Rentenfonds auf eine sehr breite Streuung - zum einen weil Anleihen ohnehin schwerer zu handeln seien als Aktien, zum anderen um die Auswirkungen eines möglichen Ausfalls einer Anleihe auf den Fonds zu minimieren. Der Fonds stellt also in mehrerlei Hinsicht einen Sonderfall dar. "Ein dunkles Omen für Rentenfonds erkenne ich hier nicht", konstatiert Richter.
Investor-Info
NordIX Renten plus
Spezialanleihen im Fokus
Der NordIX Renten plus investiert in spezielle festverzinsliche Wertpapiere und setzt bewusst auf wenig liquide Titel. Erworben werden sowohl Staats- als auch Bank- und Unternehmensanleihen, die in Euro notieren. Der Fonds strebt eine Rendite von sieben Prozent jährlich an. Im Fonds finden sich zurzeit vor allem Bankanleihen sowie Papiere aus Griechenland und Zypern. Sie stammen überwiegend von Schuldnern, die über ein spekulatives Bonitätsrating verfügen ("BB+" und darunter) oder kein Rating haben. Die NordIX AG ist als Anleihebroker tätig und nutzt die Branchenkenntnis, um sich mit dem Fonds in Papieren mit geringen Emissionsgrößen oder Handelsvolumina zu engagieren. Mit einem Plus von 45 Prozent zählt das Produkt zu den besten Euro-Rentenfonds auf Dreijahressicht.
Fondsschließungen
Was Sie wissen sollten
Wird ein Fonds vorübergehend geschlossen, können Anleger ihre Anteile nicht mehr an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Möglich ist jedoch der Verkauf über die Börse. Bei eingefrorenen Produkten erhalten Anleger allerdings meist weniger Geld für ihre Anteile als den Wert, den die Fondsgesellschaft bekannt gibt.
Wer das Risiko einer vorübergehenden Schließung von vornherein minimieren will, muss sich das Portfolio genau ansehen. Je gängiger die Investments eines Fonds sind, desto geringer ist die Gefahr, dass sie nicht handelbar werden. Daneben hilft eine breite Streuung, das Risiko einzelner Positionen zu begrenzen. Zudem ist eine breite Anlegerschar empfehlenswert: Ist das Vermögen auf viele Investoren verteilt, ist das Risiko gering, dass der Ausstieg von einzelnen Anlegern den Fonds vor Liquiditätsprobleme stellt.
Weitere News
Bildquellen: Lightspring / Shutterstock.com, travellight / Shutterstock.com