Aktuelle Trends im Gesundheitssektor, Impfstoffanpassungen an Mutationen und Telemedizin
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Kai Brüning im Interview zu Impfstoffzulassungen, mRNA-Technologien, dem Trend zur Telemedizin und einem Ausblick für den Gesundheitsmarkt im Jahr 2022.
Wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit für weitere Impfstoff-Zulassungen in 2022 ein?
Wir denken, dass die mRNA-Impfstoffe, die uns seit Anfang 2021 begleiten, auch in Zukunft Hauptbestandteil der Impfstrategie sein werden. Neue Impfstoffe wie beispielsweise von Valneva und Novavax, kommen zusätzlich auf den Markt. In Hinblick auf neue Mutationen, wie aktuell die Omikron-Variante, wird in Zukunft sehr wahrscheinlich auf die mRNA-Impfstoffe zurückgegriffen, da sich diese leichter und schneller an neue Varianten anpassen lassen. Im Hinblick auf Omikron sind wir weitestgehend beruhigt, dass die vorhandenen Impfstoffe einen Impfschutz bieten und wir peu à peu für neue Mutationen passende Impfstoffe auf Basis der bereits vorhandenen Impfstoffe entwickeln können. Die originären Impfstoffhersteller Moderna, Biontech/ Pfizer und eventuell CureVac haben grundsätzlich das Potenzial, immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen.
Wie weit wird sich die mRNA-Technologie in 2022 bereits weiterentwickeln?
Die mRNA-Technologie kann auch bei weiteren Atemwegserkrankungen angewendet werden. Zurzeit ist das RS-Virus, welches bei Kleinkindern, aber auch älteren Menschen zu akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege führt, weltweit verbreitet. Im vergangenen Jahr mussten 50.000 Kinder unter 5 Jahren mit dieser Erkrankung in eine Klinik eingeliefert werden und es gab 150.000 Krankenhauseinweisungen bei Menschen über 65 Jahren in den USA. Es handelt sich also um eine durchaus ernst zu nehmende Krankheit. Der Impfstoffhersteller Moderna führt zu dieser Erkrankung bereits Forschungen durch, um ein Medikament gegen das RS-Virus auf den Markt zu bringen.
Die mRNA-Technologie könnte allerdings auch in der Krebsforschung bzw. Onkologie eingesetzt werden. Kurzfristig ist dieser Durchbruch jedoch noch nicht in Sicht. Wir denken, dass diese Technologie in naher Zukunft weiterhin vor allen Dingen für die Impfstoffherstellung verwendet wird.
Sind in 2022 im Bereich der Telemedizin neue Trends zu erwarten, die durch die Lockdowns beschleunigt wurden?
Wir hatten 2020 ein starkes Wachstum der telemedizinischen Konsultationen gesehen, welches Mitte 2021 kurzzeitig etwas abebbte. Vielleicht war die Verunsicherung durch COVID nicht mehr ganz so hoch, sodass man dementsprechend den Arzt direkt kontaktieren wollte. Dies dreht sich jedoch nun alles wieder um, d.h. die telemedizinischen Anwendungen steigen aktuell wieder an und werden auch in Zukunft ein nicht zu unterschätzender Bestandteil der medizinischen Versorgung darstellen. Ich persönlich als Patient hatte zwar noch keinen telemedizinischen Kontakt zu meinem Arzt. Aber zum Beispiel hat mir meine Versicherung aktiv empfohlen, bei Bedarf über entsprechende Links meinen zuständigen Telearzt zu kontaktieren. Diese pro-aktive Steuerung ist ebenfalls eine Neuerung und gehört künftig zum Gesamtkonzept des Patientenmanagements. Über den Erstkontakt, den bestimmte Versicherer empfehlen, werden Informationen zu Krankheitsbildern und Behandlungen schneller an den Versicherer weitergeleitet, als wenn der Patient den Hausarzt aufsucht. Die Telemedizin wird uns die nächsten Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit also weiter begleiten.
Was wird auf dem Gesundheitsmarkt in 2022 anders als in 2021?
Die Wahl eines demokratischen Präsidenten in den USA führte in den darauf folgenden ca. 12 Monaten bisher immer zu einer "Saure-Gurken-Zeit" im Gesundheitssektor. Denn demokratische Präsidenten stehen in dieser Branche eher für Reformen und damit für Unsicherheiten an den Börsen. Was kommt, wer bezahlt und welche Einsparungsmaßnahmen wird es geben? All diese Fragen haben den Gesundheitsmarkt die letzten 12 Monate stark belastet. Gleiches gilt für die Inflationsängste und die erwarteten Zinserhöhungen. Der gesamte Sektor hatte in 2021 also mit den beiden Faktoren Politik und Inflation stark zu kämpfen. Ich denke, dass wir das Thema Politik nun entspannter betrachten können. Das Budget, welches die konjunkturelle Erholung in den USA fördern soll, wird zu einem deutlich geringeren Anteil durch die forschende Pharmaindustrie gegenfinanziert und wird die Gesundheitsindustrie insgesamt deutlich weniger belasten als ursprünglich erwartet. Wir werden nur im Kleinen einen direkten Eingriff der staatlichen Behörden in die Diskussion um die Medikamentenpreise sehen. Abgesehen davon sagen wir ja schon lange: Nicht die Medikamentenpreise sind das Problem des Gesundheitsmarktes, sondern eher die Ineffizienz und die schlechte Versorgung. Mit der Verabschiedung des Budgets und die durch Joe Biden geleitete Regierung hoffen wir, dass der "Gordische Knoten" durchgeschlagen wird und der Gesundheitsmarkt nun durchatmen kann. Unter der Regierungen von Bill Clinton und Barack Obama hatte die Underperformance immer 12 bis 18 Monate angedauert, bis sich schließlich der Gesundheitssektor wie Phönix aus der Asche erhob. Wir erwarten für die aktuelle Legislaturperiode einen ähnlichen Verlauf. Gegenwärtig zeigt sich ein deutlicher Bewertungsabschlag des Gesundheitsmarktes gegenüber dem breiten Markt. Aufgrund der hervorragenden Perspektiven, die das Thema Gesundheit bietet, ist er jedoch nicht gerechtfertigt. Wir erwarten daher, dass der Gesundheitsmarkt 2022 besser laufen wird als 2021.
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