Schäubles Pläne für die Problembranche
Finanzminister Schäuble will die Offenen Immofonds reformieren. Es drohen lange Kündigungsfristen und Auflösungen.
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von Peter Gewalt und Julia Groß, €uro am Sonntag
Wolfgang Schäuble stapelt tief: Nichts weiter als „Eckpunkte“ für einen „Diskussionsentwurf“ seien die Pläne, die der Finanzminister vergangene Woche vorstellte. Wie auch immer er sie nennt, Schäubles Vorschläge bergen Zündstoff. Wer künftig einen Offenen Immobilienfonds kauft, soll ihn demnach mindestens zwei Jahre lang im Depot behalten. Beim Verkauf will Schäuble Kündigungsfristen von sechs bis zu 24 Monaten vorschreiben.
Das Konzept des Offenen Immobilienfonds wäre damit im Grunde hinfällig – schließlich ist es der Sinn des Konstrukts, dass Anleger täglich kaufen oder verkaufen können. Allerdings funktionierte das in den vergangenen Jahren keineswegs reibungslos. Auf dem Gipfel der Finanzkrise zogen vor allem institutionelle Investoren innerhalb weniger Tage mehrere Milliarden Euro aus Offenen Immobilienfonds ab.
Nicht alle betroffenen Fonds konnten in diesem Tempo Liquidität bereitstellen. Aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs ließen sich Immobilien gar nicht oder nicht zu dem Wert, der bei den Fondsgesellschaften in den Büchern stand, verkaufen. Elf Fonds froren deshalb im Herbst 2008 ihr Vermögen ein, bis heute erlauben immer noch nicht alle den Anlegern, ihre Anteile zurückzugeben. Im April will der Finanzminister den Entwurf vorlegen, Mitte 2011 könnte das Gesetz in Kraft treten. Sollten Schäubles Pläne eins zu eins umgesetzt werden, dürften die ohnehin kritisch beäugten Offenen Immobilienfonds bei Privatanlegern weiter deutlich an Attraktivität einbüßen. Denn die langen Halte- und Kündigungsfristen würden bedeuten, dass Investoren bis zu vier Jahre ihre Anteile nicht verkaufen können.
Kein Wunder, dass die Branche Verbesserungsvorschläge hat. Die Kündigungsfrist von bis zu zwei Jahren für alle Anleger führe in die Sackgasse, kritisiert etwa Reinhard Kutscher, Vorstandssprecher des Anbieters Union Real Estate. Ebenso heftig umstritten ist Schäubles indirekte Drohung, eingefrorene Immobilienfonds abzuwickeln: „Wenn Fonds wegen ihres Immobilienbestands und Vertriebsnetzes keine Aussicht auf eine nachhaltige Wiedereröffnung haben, bedarf es einer Verbesserung des Verfahrens zur geordneten Abwicklung“, heißt es im Papier des Finanzministers.
Bisher stehen drei Wege offen, sollte sich die bis Oktober 2010 anstehende Neuöffnung einiger Produkte nicht bewerkstelligen lassen. Erstens: Die Fonds bleiben zwei weitere Jahre geschlossen. Zweitens: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weist die Kapitalanlagegesellschaft (KAG) an, die Verwaltung des Fonds zu kündigen. Oder drittens: Die KAG kündigt die Verwaltung des Fonds, und das Fondsvermögen geht auf die Depotbank über zwecks Liquidation und anschließender Auszahlung des Liquidationserlöses an die Anleger.
Eingefrorene Offene Immobilienfonds:
AXA Immoselect: DE0009846451
Degi Europa: DE0009807800
Degi international: DE0008007998
KanAm US-grundinvest: DE0006791817
Morgan Stanley P2 Value: DE000A0F6G89
TMW Immo. Weltfonds: DE000A0DJ328