Offene Immobilienfonds

Betongold: Diese Immofonds stemmen sich erfolgreich gegen die Krise

12.07.20 16:22 Uhr

Betongold: Diese Immofonds stemmen sich erfolgreich gegen die Krise | finanzen.net

Die Pandemie stellt die Produkte vor Herausforderungen, die Renditen dürften sinken. Wo Risiken lauern, welche Portfolios gut dastehen.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Wer in einen Offenen Immobilienfonds investiert, der sucht für sein Depot nach Stabilität und Beständigkeit. Die Produkte haben - von Ausnahmen abgesehen - in den vergangenen Jahren rund zwei bis drei Prozent Rendite per annum erwirtschaftet. Für eine derart schwankungsarme Geldanlage ist das in Zeiten, in denen das Sparbuch keinerlei Erträge mehr abwirft, ein ziemlich solider Zuwachs.

Doch nun ist die Welt in diesem Jahr ganz anders als zuvor. Im ersten Quartal hat die Sorge um die Ausbreitung des Coronavirus den gesamten Globus erfasst, und die Vollbremsung zahlreicher Volkswirtschaften gräbt seitdem tiefe Furchen in Welthandel und Konjunktur. In den Monaten Februar und März spielten die Finanzmärkte verrückt, nahezu alle Anlageklassen verloren binnen weniger Wochen kräftig an Wert.

Eines der wenigen Investments, das weitgehend unbeeindruckt blieb, waren Offene Immobilienfonds. Die offiziellen Anteilswerte der teils milliardenschweren Portfolios gaben - wenn überhaupt - nur leicht nach, mittlerweile stehen sie höher als zu Jahresbeginn.

Dass die Kapitalmarktturbulenzen im Februar und März die Fondsgattung aber nicht kalt gelassen haben, zeigt sich an den Börsenkursen der Produkte. Diese gaben zwischen dem 24. Februar und dem 19. März bei den meisten Immobilienfonds zweistellig nach. Bis zu minus 20 Prozent reichten die Verluste. Mittlerweile haben sich die Kurse - analog zum Geschehen an den Aktienmärkten - wieder erholt. Doch vom Stand vor der Krise sind die aktuellen Börsennotierungen meist noch einige Prozentpunkte entfernt.

"Die Kursrückgänge im März waren ein Zeichen dafür, dass sich Anleger Liquidität beschafft haben", erklärt Matthias Weber, Fondsmanager des KGAL ImmoSubstanz. Eigner Offener Immobilienfonds sind an eine einjährige Kündigungsfrist gebunden, wenn sie ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben wollen. Soll es schneller gehen, bleibt nur der Verkauf über die Börse. Doch der dortige Kurs richtet sich nach Angebot und Nachfrage und verläuft nicht unbedingt parallel zum offiziellen Anteilswert des Fonds.

War der Kurseinbruch nur eine Schreckreaktion auf die Marktturbulenzen oder spiegelt er begründete Sorgen wider, dass bei Immobilienfonds in nächster Zeit Verluste drohen? Die Branche ist zuversichtlich, dass die Portfolios auch weiterhin solide Erträge erwirtschaften werden. Laut einer Umfrage der Ratingagentur Scope rechnen zwei Drittel aller Anbieter im laufenden Jahr mit einer Rendite ihrer Immobilienfonds von zwei bis 2,5 Prozent. Einen schwächeren Zuwachs sagt keiner der Befragten voraus.

Scope selbst gibt eine etwas konservativere Prognose ab. "Wir erwarten, dass sich die Rendite 2020 zwischen 1,5 und zwei Prozent einpendeln wird", sagt Sonja Knorr, die die Analysen der Offenen Immobilienfonds verantwortet.

Schwierige Zeiten voraus

Auch wenn schwarze Zahlen wahrscheinlich sind: Leicht werden die kommenden Monate für die Portfoliolenker nicht. Die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie haben vor allem den Einzelhandel und Hotels stark getroffen - zwei Bereiche, in denen viele Immobilienfonds aktiv sind. "Bereits jetzt gibt es Gespräche mit den Mietern, die ihre Zahlungen nicht wie gewohnt leisten können", berichtet KGAL-Fondsmanager Weber über die branchenweite Entwicklung. Die Pandemie hat den Strukturwandel hin zum Onlinehandel beschleunigt, eine sinkende Flächennachfrage und niedrigere Mieten werden vermutlich folgen.

Auf dem Büroimmobilienmarkt macht sich die Krise bislang weniger bemerkbar. Mittelfristig wird sie aber auch ihn negativ beeinflussen. Gründe hierfür sind Scope zufolge ein möglicher Personalabbau im Zuge der Rezession und aller Voraussicht nach auch ein verstärkter Trend zum Homeoffice. Die Ratingagentur geht aktuell aber nicht davon aus, dass die Leerstände in gut gelegenen, qualitativ hochwertigen Bürohäusern dauerhaft ansteigen. Ein solches Risiko sieht sie eher bei Immobilien in weniger attraktiven Lagen.

Die jährlichen Ratings der Offenen Immofonds, die Scope vor gut einer Woche veröffentlicht hat, spiegeln diese Unsicherheiten wider. Zehn der 16 bewerteten Fonds wurden herabgestuft - vor allem aufgrund der gestiegenen Risiken und gesunkenen Ertragsaussichten in einzelnen Immobiliensegmenten.

Bei allen Unwägbarkeiten müssen Anleger eine Hiobsbotschaft zurzeit aber nicht fürchten: dass Portfolios zeitweilig oder gar dauerhaft geschlossen werden. Das war von 2008 bis 2012 der Fall, weil damals zu viele Anleger gleichzeitig die Produkte verlassen wollten. "Bei den Anbietern sind keine signifikanten Rückgabeverlangen erkennbar", beschreibt Scope-Analystin Knorr die aktuelle Situation. Die 2013 eingeführte Kündigungsfrist von einem Jahr erfüllt offensichtlich ihren Zweck, überhastete Ausstiege zu verhindern. Die Anleger dürfte das freuen: Momentan ist wohl jeder dankbar für ein bisschen Verlässlichkeit.


INVESTOR-INFO

Leading Cities Invest

Kaum belastet

Der Leading Cities Invest ist zurzeit nur in Europa aktiv, kann aber auch in US-Metropolen investieren. Scope bewertet den Fonds, der ausschließlich Gewerbeimmobilien kauft, unverändert mit einem sehr guten Rating von "a+". Besonders positiv sticht die hohe Qualität des Immobilienportfolios hervor. Weniger als fünf Prozent der Mieterträge stammen aus Einzelhandels- und Hotelflächen, die momentan unter Druck stehen - deutlich weniger als der Branchendurchschnitt.

Swiss Life Living and Working

Breit aufgestellt

Eine Mischung aus Gewerbe- und Wohnimmobilien offeriert der Swiss Life European Real Estate Living and Working. Er kombiniert Büros, Einzelhandelsobjekte, Wohnungen und Gesundheitsimmobilien wie Ärztehäuser. Der Fonds beschränkt sich auf Europa, wobei Deutschland als Anlageregion das Portfolio mit einem Anteil von 61 Prozent dominiert. Seit Dezember 2019 trägt das Produkt ein Scope-Rating von "a+".

Fokus Wohnen Deutschland

Stabil vermietet

Der Fokus Wohnen Deutschland von Industria investiert hierzulande in Mietshäuser. Damit grenzt er sich von den meisten Offenen Immobilienfonds ab, die oft nur Gewerbeobjekte halten. Auch wenn das Produkt von Scope jüngst leicht herabgestuft wurde, trägt es noch immer ein ausgezeichnetes Rating. Weil das Portfolio so gut wie keine Gewerbeflächen enthält, stuft Scope seine Qualität auf Platz 1 unter allen Immobilienfonds ein.

Bildquellen: Istockphoto, zhekoss / Shutterstock.com, Finanzen Verlag