Interview

Fondsexperte Monson: Die Asien-Krise war heilsam

aktualisiert 04.10.11 11:09 Uhr

Fondsmanager Mark Monson über die Asien-Krise Ende der 90er Jahre – und warum sie das Beste war, was Unternehmen und Anlegern passieren konnte.

Werte in diesem Artikel
Fonds

252,18 EUR -3,26 EUR -0,01%

Rohstoffe

2.626,56 USD 12,65 USD 0,48%

3,30 USD 0,04 USD 1,15%

von Andreas Höß, €uro am Sonntag

So abgedroschen das Wort ist: Mark Monson ist Weltbürger. Er hat in Kalifornien Musik studiert, wechselte dann in die ­Finanzbranche. Er wohnte in der Schweiz, in England und Hongkong. 2007 heuerte er in Wien bei der Raiffeisen Capital Management als Fondsmanager und Asien-Experte an. €uro am Sonntag sprach mit ihm über die ASEAN-Staaten, den südostasiatischen Staatenverbund, zu dem unter anderem die Philippinen, Singapur, Thailand, Malaysia und Indonesien gehören. Ende der 90er-Jahre stürzten eine exzessive Kreditvergabe und hohe Auslandsschulden die wachstumsstarken ASEAN-Staaten in die Krise. Ein Glücksfall, wie Monson glaubt.

€uro am Sonntag: Herr Monson, Sie haben lange in Hongkong gewohnt und sind Asien-Experte. Wie bewerten Sie die Asien-Krise heute?
Mark Monson:
Rückblickend war sie das Beste, was den Staaten der Region passieren konnte.

Wieso das denn?
Die Krise hat die Anleger wieder zurück in die Realität geholt. Eine Zeit lang haben sie alles gekauft, auf dem Asien stand. Viele hatten so gut wie keine Ahnung von den Unternehmen, in die sie investierten. Das hat sich geändert, weil sich dabei viele Leute die Finger verbrannt haben. Der große Asien-Hype ist vorbei und darüber bin ich nicht unglücklich.


Hier gehts zum aktuellen Heft

Von Asien-Fondsmanagern sind wir eigentlich Lobeshymnen auf die Region gewohnt.
Und das zu Recht, denn das Wachstum in Asien ist real. Nur die Erwartungen waren völlig über­zogen. Die europäischen Staaten ­können aktuell nur davon träumen, so niedrig verschuldet zu sein wie die ASEAN-Staaten. Letztere haben ­immer noch den finanziellen Spielraum, große Konjunkturpakete aufzulegen und in die Infrastruktur zu investieren. Sie besitzen Rohstoffe wie Gold oder Kohle. Die steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen wie Reis, Kautschuk oder Kaffee begünstigt die Landwirtschaft dort. Außerdem war die Krise auch für die Unternehmen in der Region heilsam.

Inwiefern?
Sie hat die Art geändert, wie gewirtschaftet wird. Die Krise wurde auch dadurch ausgelöst, dass alles zu schnell wuchs und auf Pump finanziert wurde. Heute gehen die Unternehmen weniger Risiken ein und sind kaum verschuldet. Das Wachstum ist besser ausbalanciert. Es entwickelt sich eine breite Mittelschicht, deren Konsum auch ein wichtiger Treiber für die Wirtschaft darstellt.

Ah, die Mittelschichtstory. Die kennen wir.
Für mich ist aber her­ausragend, dass wir es hier nicht mit der typischen Urbanisierungsstory zu tun haben, der Sie wohl schon öfter begegnet sind. Auf den Philippinen macht der Konsum über 70 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Das geht nur, weil der Wohlstand der Landbevölkerung nachhaltig gestiegen ist, die in Minen und auf Reisfeldern arbeitet. Das bedeutet nicht, dass sich jetzt alle Landarbeiter ­einen Ferrari kaufen können. Aber Motorräder oder kleinere Autos sind realisierbare Träume geworden.

Wie abhängig sind die ASEAN-Staaten von China?
Reis- und Kohleexporteure können sich keine besseren Nachbarn als China und Indien wünschen. Deshalb hat der Verband ­Südostasiatischer Nationen auch Freihandelsabkommen mit diesen Ländern abgeschlossen, die das Wachstum weiter stimulieren sollten. Aber die ASEAN-Staaten sind nicht nur Exporteure. Die Philippinen haben zum Beispiel große Ölreserven, die sie exportieren könnten, fassen sie aber noch nicht an.

Was tun sie dann?
Sie profitieren stark vom Outsourcing. Englisch ist Amtssprache, daher schießen ausgelagerte Callcenter wie Pilze aus dem Boden. Außerdem ist das Land bemüht, die Zahl der Touristen auf jährlich sechs Millionen zu verdoppeln, was Investitionen in die Infrastruktur nach sich ziehen müsste.

Konkurrenz für das Urlaubsland Thailand?
Noch nicht, aber Thailand ist auch viel mehr als nur ein Urlaubsland. Hier werden hochwertige Industriegüter wie etwa Autos hergestellt, gedacht für den Export und für den Binnenmarkt. Viele japanische Unternehmen haben in Thailand Fabriken eröffnet und werden das Land nicht so schnell verlassen.

Wie sind die politischen Verhältnisse in der Region?
Die Politik hat begriffen, dass man gegen die Korruption angehen muss, wenn langfristig Investitionen angezogen werden sollen. Das klappt nicht immer und überall. Aber das Vertrauen in die Region wächst langsam.

Fonds im Fokus
Raiffeisen Eurasia Equities

Bankaktien werden in Europa zurzeit von Anlegern geschmäht. „Wir mögen Finanztitel“, sagt dagegen Mark Monson, der die asiatischen Aktien im Eurasien-Aktienfonds von Raiffeisen betreut. Denn die Banken profitieren davon, dass die Mittelschicht in Asien wächst und zu mehr Wohlstand kommt, so Monson. Fast 30 Prozent ­seines Portfolios sind in Finanztitel investiert. Trotz dem Kürzel Eurasien sind keine Problembanken vom euro­päischen Kontinent im Portfolio. Europa steht hier für Russland und die Türkei. Daneben investiert der Fonds in China, Indien und die ASEAN-Staaten, die den Crash im August gut überstanden haben. Rund 20 Prozent des Vermögens ist allein in Malaysia und Thailand angelegt. Seit der Fonds 2001 aufgelegt wurde, hat er im Schnitt 4,5 Prozent an Wert pro Jahr zugelegt.
Fazit: Stark schwankender, aber langfristig erfolgreicher Fonds.