Fondsmanager Bruns: "Euphorie mag ich nicht"
Christoph Bruns, der Vorstand der Oldenburger Fondsboutique Loys, über Preis und Wert, teure Börsen und den stärksten Feind der Aktie.
von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Wenn es um Aktien geht, ist Christoph Bruns in seinem Element. Wortreich und mit Begeisterung propagiert er die Vorteile dieser Anlageform für den langfristigen Vermögensaufbau. Kann den Manager des Aktienfonds Loys Global, in dem auch sein eigenes Geld steckt, nichts in seinem Optimismus erschüttern?
€uro am Sonntag: Herr Bruns, der DAX und viele andere Börsen weltweit notieren auf Rekordniveau. Jetzt ist gewiss nicht mehr die Zeit, in Aktien einzusteigen, oder?
Christoph Bruns: Doch, ist es. Und zwar so lange — darauf muss der Anleger achten —, wie die Zinsen nicht signifikant nach oben gehen können. So lange bleiben Aktien alternativlos. Man muss es vielleicht so ausdrücken: Solange die durchschnittlichen Dividendenrenditen von Aktien deutlich über den Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen liegen, sind Aktien attraktiver.
Aber mittlerweile auch schon ganz schön teuer.
Aktien sind nicht billig, das stimmt. Aber auch nicht exzessiv teuer. Schauen Sie sich mal die Bewertungen auf dem Rentenmarkt an, dann werden Sie sehen, wie teuer Anleihen im Vergleich sind.
Doch auch beim US-Aktienmarkt, der Welt-Leitbörse, sind die Bewertungen schon mehr als sportlich. Wo sollen denn die Gewinnsteigerungen herkommen, um einen weiteren Kursanstieg zu rechtfertigen?
In diesem Punkt muss man genau unterscheiden: Kurssteigerung geht nicht nur über Gewinne, Wertsteigerung schon. Die Kurssteigerung kommt dadurch zustande, dass heute mehr Geld in Aktien strebt als gestern. Dieses Kriterium ist aktuell erfüllt. Dieses Jahr schickt sich an, das bisherige Rekordjahr 2000 bei den Aktienzuflüssen in den USA zu übertreffen. Bisher sind dort 277 Milliarden Dollar in Aktienfonds und Aktien-ETFs geflossen.
Und Anleger sollten jetzt einsteigen, nur weil andere kaufen?
Ja, Aktien steigen, wenn mehr Leute sie kaufen. Die Frage ist: Werden die Unternehmen wertvoller oder werden einfach nur die Preise höher? Entsteht eine Blase auf den Märkten? Nun, ich glaube in der Tat, dass die Gewinne keineswegs in dem Maße steigen wie die Kurse. Ich sehe schon, dass sich Preis und Wert etwas stärker voneinander entfernen.
Das kann schnell vorbei sein, oder?
Überhaupt nicht. Ich bin zwar der Meinung, dass wir aktuell eher zu hoch bewertete Aktien haben — auch im Vergleich mit der Vergangenheit. Aber eines ist neu in der Historie: Wir haben derzeit keinen Zins, der etwas taugt, als Alternative. Denn er ist real null oder sogar negativ. Auf der anderen Seite gibt es viel Geld auf der Welt. Und das muss irgendwohin. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn wir jetzt nicht eine liquiditätsgetriebene Hausse haben. Und die Notenbanken wollen ja auch nicht vom Gaspedal. Das geht noch weiter.
Der deutsche Anleger verhält sich in diesem Umfeld aber sehr zögerlich.
Ja, die Deutschen haben die Hausse verpasst. Sie sind völlig unterinvestiert. Aber ich sehe, dass institutionelle Investoren, große Versicherer, immer mehr unter Zugzwang kommen, ihre Aktienquoten zu erhöhen. Die Institutionellen können sich diesem Kursaufschwung nicht weiter versagen. Es wird Geld fließen.
Kluges Geld?
Das ist die Frage. Aber am Ende des Tages können wir nicht sagen: Die Börse ist gestiegen, wir waren nicht dabei und haben trotzdem recht. Auch für einen Fondsmanager wie mich ist das keine einfache Situation. Euphorie an der Börse liebe ich überhaupt nicht.
Wie gehen Sie mit dieser Phase um?
Wir haben die Investitionsquote gesenkt und halten derzeit 15 Prozent in Cash. Wenn alles spottbillig wäre, wären wir zu 100 Prozent investiert.
Wie stark wird ein Ausstieg der US-Notenbank aus der lockeren Geldpolitik die Aktienmärkte treffen?
Zunächst einmal: Faktisch macht es keinen großen Unterschied, ob die Zinsen für eine zehnjährige Staatsanleihe bei 2,5 oder 3,5 Prozent liegen. Aber die Börse nimmt ja ihre Angst schon aus den Befürchtungen der Zukunft. Man ahnt also, wenn die Zinsen steigen, wird es nicht bei 3,5 Prozent bleiben, sondern geht vielleicht auf 6,5 Prozent. Und dann hat man wieder eine Alternative zu Aktien. Deshalb wird die Börse, wenn sie das ahnt und befürchtet, verstimmt sein. Das müssen die Aktionäre ganz klar im Auge behalten. Die Hauptgefahr für Aktien liegt eindeutig beim Zins.
zur Person:
Christoph Bruns ist einer der größten Fürsprecher der Aktie hierzulande: Schon früh entdeckte der 1967 in Münster, Westfale, geborene Christoph Bruns seine Leidenschaft für die Börse. Nach seinem Abschluss als Diplom-Kaufmann und einer anschließenden Promotion arbeitete er als Fondsmanager und später als Direktor bei Union Investment. Seit 2005 ist er Fondsmanager, Vorstand und Teilhaber bei der Oldenburger Fondsboutique Loys. Bruns lebt und arbeitet in Chicago.
Investor-Info
Börsen-Rally
Hohe Zuflüsse in Aktien
Die Grafik zeigt die monatlichen Zu- und Abflüsse bei Aktienfonds und -ETFs in den USA. Seit Jahresanfang sind in Summe 277 Milliarden Dollar in diese Form des Risikokapitals geflossen. Wenn das bisherige Tempo anhält, könnte bis Jahresende das Rekordjahr 2000 übertroffen werden, als 324 Milliarden Dollar in Aktienfonds und -ETFs flossen.
Loys Global
Konzentrierter Welt-Fonds
Mit seinem global aufgestellten Aktienfonds verfolgt Christoph Bruns einen klaren Value-Ansatz. Er kauft nur Titel, die auf Grundlage seiner Bewertungsmodelle um mindestens 30 Prozent unterbewertet sind. Seine Überzeugungen finden im Portfolio einen deutlichen Ausdruck: Mit 40 bis 60 Aktien ist der Loys global ein recht konzentrierter Fonds. Neben großen Konzernen investiert Bruns auch stark in Nebenwerte. Insbesondere liegt sein Schwerpunkt auf Unternehmen aus Deutschland. Derzeit sind dort knapp 28 Prozent des Fondsvermögens angelegt. Der im Hinblick auf die Bewertung konservative Anlagestil von Bruns zeigt seine Stärken in nachgebenden Märkten. Dann verliert der Fonds in der Regel weniger als die Konkurrenz. Aktuell hält Bruns eine relativ hohe Bargeldquote von 15 Prozent.