Asiatische Schwellenländer: Wo es höhere Renditen und geringeres Risiko gibt
Schwellenländer: Vom Wirtschaftswachstum in Asien profitieren und nicht zu viel riskieren — asiatische Anleihen bieten hohe Renditen und die Chance auf Währungsgewinne.
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von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag
Bisher haben US-Präsidenten ihre ersten Auslandsreisen stets in vertraute Gefilde gemacht. Da standen Europa, Australien oder Mexiko auf dem Reiseplan. Nach seiner Wiederwahl führte Barack Obamas erste Reise vor Kurzem nach Südostasien. Er setzt damit ein Zeichen für seine Außenpolitik: Asien wird für die USA immer wichtiger, insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht.
Denn der Kontinent boomt — vor allem die südostasiatischen Staaten. Eine Entwicklung, von der auch Privatanleger profitieren können. Für Anleger, die die chancenreichen, aber schwankungsanfälligen Aktienmärkte meiden wollen, bieten asiatische Anleihen eine attraktive Alternative bei überschaubarem Risiko. Mit ihnen ist eine Investition in das Wachstum und die weiter steigende Stabilität der Staaten Asiens möglich.
Die zehn Länder der 1967 gegründeten Gemeinschaft südostasiatischer Staaten (ASEAN) boomen. Seit 1992 bilden Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien, die Philippinen, Brunei, Kambodscha, Laos, Vietnam und Myanmar zudem eine gemeinsame Wirtschaftszone. Sinkende Zölle ließen den Handel blühen. Bis 2015 sollen die Handelsbarrieren größtenteils ganz wegfallen.
Stärke trotz Heterogenität
Eine wirtschaftliche Einheit ist ASEAN mit der hoch entwickelten Finanzmetropole Singapur auf der einen Seite sowie armen Ländern wie Kambodscha oder Myanmar auf der anderen Seite dennoch nicht. Gillian Kwek, Fondsmanagerin bei Fidelity, ist jedoch zuversichtlich: „Zwar verzeichnen die Mitgliedsländer noch ein recht heterogenes Entwicklungsbild, doch wandeln sie sich immer mehr zu einer konsolidierten Wirtschaftszone.“
Die Zahlen sprechen für sich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aller zehn Mitgliedsstaaten übertrifft schon jetzt die Wirtschaftsleistung Indiens — dabei hat das Land fast doppelt so viele Einwohner wie die ASEAN-Staaten. Für Märkte wie Indonesien, Malaysia oder Thailand erwartet die OECD in den nächsten Jahren ein Wachstum von sechs Prozent. Vor allem steigende Konsumausgaben der rasant wachsenden Mittelschicht sowie der hohe Bedarf an Infrastrukturinvestitionen werden die Wirtschaft tragen.
Höhere Rendite, geringeres Risiko
Niedrige Staatsschulden, gute Konjunkturdaten und stabile politische Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass sich die Kreditwürdigkeit der zehn ASEAN-Staaten in den vergangenen Jahren immer weiter verbessert hat. Neben Thailand, Malaysia und Singapur hat Moody’s kürzlich mit Indonesien das vierte ASEAN-Land in den Investment-Grade-Status erhoben. Als nächstes könnten die Philippinen in den Kreis nachrücken.
Dieser Trend ist in ganz Asien zu beobachten: Seit 1993 haben sich die durchschnittlichen Ratings asiatischer Staaten von „B“ auf „BBB-“ verbessert, und damit auf Investment-Grade-Niveau, das Ratings von „AAA“ bis „BBB-“ umfasst. Sechs der zehn führenden Wirtschaftsnationen Asiens sind mittlerweile mit „A“ oder höher bewertet.
Gleichzeitig ist das Zinsniveau attraktiver als in den westlichen Industriestaaten: Staatsanleihen, die etwa zwei Drittel des asiatischen Bondmarkts ausmachen, haben einen durchschnittlichen Kupon von 4,2 Prozent. Zum Vergleich: Staatsanleihen der sieben führenden Industriestaaten kommen auf knapp über zwei Prozent. Kein Wunder, dass der Markt für asiatische Anleihen boomt. Mit einem Volumen von über 6,5 Billionen Dollar hat er sich seit 2006 verdoppelt.
Ebenfalls spannend für Anleger ist der Markt für Unternehmensanleihen: Dort weisen über 60 Prozent der emittierenden Firmen ein Rating von „A“ oder besser auf. Das durchschnittliche Unternehmensrating liegt bei „BBB“. Attraktiv ist hier auch die Verzinsung: „Bei gleichem Rating bieten Unternehmensanleihen aus Schwellenländern eine im Schnitt um 100 Basispunkte höhere Rendite als die Bonds der entwickelten Märkte“, sagt Pierre-Yves Bareau, Leiter des JP Morgan Emerging Markets Corporate Bond Fund.
Tatsächlich konnten die Papiere in den vergangenen zehn Jahren um rund sieben Prozent pro Jahr zulegen. Doch Anleger müssen sich im Klaren sein, dass die Masse der Anlagegelder aus den westlichen Industriestaaten kommt. Sollte sich die Schuldenkrise dort verschärfen, die Risikofreudigkeit der Investoren zurückgehen, werden Gelder abgezogen und die Kurse fallen — auch wenn in Asien selbst keine Krise herrschen sollte.
Zur Diversifizierung ist ein Investment in asiatische Anleihen dennoch zu empfehlen. Denn neben der Verzinsung lockt ein zweiter Renditebringer: „Bei Lokalwährungsanleihen ist neben dem Zinskupon auch die Währung ein Ertragsfaktor“, sagt Bareau, der 20 Prozent seiner Investments unter dem Gesichtspunkt von Währungsgewinnen eingeht. Denn die meisten asiatischen Währungen sind im Vergleich zum Dollar noch zu billig (siehe Investor-Info).
Nach der Asien-Krise Ende der 90er-Jahre haben die Staaten Fremdwährungspuffer aufgebaut. Mittlerweile halten China, Taiwan, Hongkong, Südkorea, Indien, Singapur, Thailand und Malaysia zusammen fast die Hälfte der weltweiten Währungsreserven. Das gibt Stabilität.
Lukrative Fondslösungen
Ein Direktinvestment in einzelne Anleihen ist für Privatanleger schwierig. Sie können jedoch über Fonds teilhaben und sich dabei zwischen Produkten in Hartwährungen wie Dollar und Euro oder in Lokalwährungen entscheiden. In den vergangenen drei Jahren erzielten diese Fonds zweistellige Zuwachsraten. Der Großteil des Portfolios der asiatischen Schwellenländerfonds machen Bonds der ASEAN-Staaten aus.
Deren Bedeutung wird weiter wachsen. Kürzlich verkündete der chinesische Premierminister Wen Jiabao, dass China den Aufbau einer asiatischen Freihandelszone unterstützen werde. Und Barack Obama schwebt sogar eine Freihandelszone zwischen den USA und mehreren asiatischen Staaten vor. Gut möglich also, dass es künftig ungewöhnlich sein wird, wenn die erste Auslandsreise des US-Präsidenten nicht nach Asien führt.
Investor-Info
Kreditwürdigkeit
Bonität Asiens erhöht sich
Seit 1994 haben sich die durchschnittlichen Ratings asiatischer Staaten von „B“ auf „BBB-“ verbessert und damit das Investmentniveau erreicht. Singapur ist das einzige asiatische Land, das alle drei Ratingagenturen mit der Bestnote „AAA“ bewerten.
Devisen
Lokalwährungen noch günstig
Der Big-Mac-Index misst die Kaufkraft einzelner Währungen gegenüber dem Dollar. Demnach sind die Valuten vieler asiatischer Länder im Vergleich zum Greenback zu billig. Allerdings werten viele asiatische Währungen seit Jahresbeginn auf.
Fonds I
BGF Asian Tiger Bond Fund
Der Fonds legt mindestens 70 Prozent seines Gesamtvermögens in Staatsanleihen und Unternehmensanleihen an, deren Emittenten ihren Sitz in den asiatischen Tigerstaaten haben oder einen überwiegenden Teil ihrer Geschäftstätigkeit dort ausüben. Die größte Position machen derzeit Papiere aus Indonesien aus.
Fonds II
HSBC GIF Asian Curr. Bond
Neben Kuponerträgen und Wertzuwachs soll der Fonds von Währungsgewinnen profitieren: Mindestens 70 Prozent wird in Anleihen investiert, die auf asiatische Währungen lauten. Drei Viertel des Volumens sind in Papiere aus Malaysia, Südkorea, Singapur und Thailand angelegt.