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Income-Fonds: Nur der Name ist sperrig

29.10.15 14:00 Uhr

Income-Fonds: Nur der Name ist sperrig | finanzen.net

Stetige Erträge in jeder Marktphase verspricht eine junge Fondsart. Dafür ist sie weltweit auf der Jagd nach Zinsen und Dividenden.

von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach: Dieses Motto galt lange für Anleger, die sich dem Risiko der Aktienmärkte nicht aussetzen wollten. Und der Spatz war ja auch - rückblickend betrachtet - wohlgenährt. Mehr als vier Prozent Zinsen, das gab es vor der weltweiten Finanzkrise allein schon, wenn man sein Geld in fünf­jährige deutsche Staatsanleihen steckte. Heute lässt sich mit der Verzinsung dieser Papiere nicht einmal die eh schon niedrige Inflation ausgleichen. Der Spatz in der Hand ist nicht mal mehr ein Spätzchen.



Das Umfeld an den Kapitalmärkten hat sich komplett verändert, so viel ist klar. Gleich ge­blieben ist dagegen das Bedürfnis zahlreicher Anleger nach ­regelmäßigen und planbaren Erträgen. Doch die sind, zumindest in attraktiver Höhe, nicht mehr so einfach zu erzielen. Als Lösung bieten viele Fondsgesellschaften sogenannte Multi-Asset-Income-Fonds an. Hinter dem sperrigen Begriff verbergen sich Fonds, die in eine Vielzahl von Anlageklassen investieren und die anfallenden Zinsen oder Dividenden kontinuierlich an die Anleger ausschütten.

Mischfonds mit Spezialfokus

Im Prinzip handelt es sich bei diesen Vehikeln um nichts an­deres als ausschüttende Mischfonds. Mit dem Unterschied, dass die Portfolios von Multi-Asset-Income-Fonds explizit auf hohe Erträge und moderates Risiko hin optimiert sind. Zum einen investieren sie nämlich in hoch rentierliche Anlageklassen wie dividendenstarke Aktien, hoch ver­zinste Unternehmensanleihen, Schwellenländerbonds und Immobilienaktien.

Zum anderen verteilen sie das Anlagekapital weltweit und über Hunderte von Einzeltiteln. Mit dieser starken Diversifikation versuchen sie, das Risiko im Griff zu behalten. Denn für sich genommen sind die einzelnen Investments durchaus riskant. Kombiniert man sie jedoch und streut weltweit, kann ein relativ robustes Portfolio entstehen.


Die Funktionsweise solcher Fonds lässt sich sehr gut am JP Morgan Global Income verdeutlichen. Im Dezember 2008 aufgelegt, zählt das Portfolio zu den Vorreitern und zugleich erfolgreichsten Produkten seiner Kategorie. Fast 15 Milliarden Euro verwalten Michael Schoenhaut und Talib Sheikh aktuell in dem Fonds. Sie investieren in zehn Anlagekategorien und fast 1.800 Einzelpositionen.

In einer Aufstellung von Ende August waren allein für das Segment Hochzins­anleihen 568 Positionen aufgeführt. Daneben gab es 513 hypothekenbesicherte Anleihen und 174 Schwellenländerbonds im Portfolio. Der Rest verteilte sich auf die ­Kategorien Globale Aktien, Schwellenländeraktien, Wan­delanleihen, Immobilienaktien, Nachrangige Anleihen, Europäische Aktien sowie Europäische Staatsanleihen.


Mit diesem Mix gelang es Schoenhaut und Sheikh in den vergangenen sieben Jahren, annualisierte Ausschüttungen von 4,0 bis 5,8 Prozent zu erwirtschaften. Anlegern, die bei Auflage des Fonds 100.000 Euro investiert hätten, wären bis heute Ausschüttungen von insgesamt 40 980 Euro zugeflossen. Zudem stünden aktuell Kursgewinne von rund 44 000 Euro auf dem Depotauszug, was einer durchschnittlichen jährlichen Wert­entwicklung von etwa neun Prozent entspricht.

Boomendes Anlagesegment

Der Erfolg des JP-Morgan-Fonds und die milliardenschweren Zuflüsse an Anlegergeldern haben auch andere Anbieter auf den Plan gerufen. So tummeln sich aktuell mehr als 20 Fonds auf dem deutschen Markt, die die Begriffe "Multi Asset" und "Income" im Namen tragen bzw. die versuchen, weltweit ohne Anlagerestriktionen stetige Erträge zu erwirtschaften.

Als einer der jüngsten Anbieter sprang die Deka auf den Zug auf. Die Fondsgesellschaft der Sparkassen legte im August den Deka-Multi Asset Income auf - einen global anlegenden Misch­fonds, der wie die Konkurrenz in Anlageklassen mit hohen laufenden Erträgen investiert.

Eine Art Abkürzung nahm im März die französische Fondsboutique Carmignac. Sie brachte eine ausschüttende Anteils­klasse für ihr milliardenschweres Mischfonds-Flaggschiff Carmignac Patrimoine auf den Markt. Und obwohl dieser Fonds seinen Fokus traditionell auf die Aspekte Kurszuwachs und Risikokontrolle richtet, soll die neue Tranche eine Ausschüttung von jährlich fünf Prozent liefern. Dieses Ertragsziel wird auch von vielen originären Multi-Asset-Income-Fonds angestrebt.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten in dieser Anlagekategorie sind mittlerweile recht groß. Das betrifft vor allem die Streuung der Portfolios. Während der im Juni 2012 aufgelegte BGF Global Multi Asset Income von BlackRock das Anlegergeld in mehr als 2.300 Einzeltitel steckt, listet der Ende 2014 auf den deutschen Markt gekommene Thread­needle Global Multi Asset Income gerade mal 167 Einzelpositionen auf.

Gemeinsam ist vielen Fonds aus diesem Segment allerdings, dass Anleihen mit 40 bis 60 Prozent den Schwerpunkt der Anlagestrategien darstellen. Aktien kommen in den Portfolios im Schnitt auf 40 Prozent. Was das Risikoprofil betrifft, liegen Multi-Asset-Income-Lösungen also irgendwo zwischen Anleihe- und Aktienfonds. Anbieter JP Morgan spricht bei seinem Produkt von "halbem Aktienrisiko".

Auf die Gefahren achten

Anleger sollten die potenziellen Gefahren bei Income-Fonds aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nur die Aktienquote als Messlatte für das Risiko anzusetzen, ist heutzutage fahrlässig. Denn der Anleiheteil in den Produkten bietet längst nicht mehr die Pufferfunktion, die er früher in gemischten Portfolios hatte.

Um attraktive Zinsen zu vereinnahmen, kommen heute zunehmend Anleihen von Emittenten mit schlechterer Bonität ins Portfolio. Solche Papiere sind viel stärker mit Aktien korreliert als bonitätsstarke Staatsanleihen. Das heißt: In wirtschaftlichen Stressphasen gehören diese Papiere genauso zu den Verlierern wie Aktien. Eine vermeintlich breite Streuung kann sich schnell als Scheindiversifikation entpuppen.

Die Gefahr ist den Anbietern freilich bewusst. Sie versuchen durch aktives Risikomanagement und Flexibilität bei der Anlage für Stabilität zu sorgen. Da Multi-Asset-Income-Fonds aber eine relativ junge Anlagegattung sind, muss sich vielfach erst noch zeigen, wie gut die Risikosteuerung durch die Fondsgesellschaften funktioniert.

Unangenehm wird es, wenn die Fonds nicht genug laufende Erträge erwirtschaften, um ihre beworbenen Ausschüttungen zu leisten. Schütten sie trotzdem aus, müssen sie das Geld aus der Substanz nehmen, also den Kapitalstock angreifen. Diese Möglichkeit halten sich einige Fonds wie der Schroder ISF Global Multi Asset Income offen.

Doch zum einen dürften umsichtige Fondsgesellschaften darauf bedacht sein, in guten Jahren einen Puffer anzulegen, um auch in schlechten Jahren eine Ausschüttung leisten zu können. Zum anderen ist bei vielen Fonds die Ausschüttungshöhe schlicht nicht garantiert.

Bleibt zum Schluss die Frage, für wen Income-Fonds geeignet sind. Gern werden sie als Produkt für die Altersvorsorge beworben. Für den langfristigen Kapitalaufbau sind regelmäßige Ausschüttungen aber kontraproduktiv. Denn dadurch profitieren Anleger nicht vom Zinseszinseffekt, der bei reinvestierten Erträgen langfristig zum Tragen kommt. Einige Income- Fonds bieten aber auch eine wiederanlegende (thesaurierende) Tranche an.

Am ehesten sollten Anleger zu Income-Fonds greifen, die tatsächlich planbare Erträge be­nötigen. Etwa weil sie laufende Kosten decken müssen, die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren oder ihre Rente aufbessern wollen. Für all das schadet es nicht, einen möglichst dicken Spatz in der Hand zu haben.

Kurz Erklärt:

Multi Asset Income

Fonds mit diesem Namensbestandteil sind seit etwa zwei Jahren der Absatzrenner. Fast 40 Milliarden Euro haben Anleger seit 2013 in entsprechende Portfolios gesteckt. Der Begriff "Multi Asset" steht dabei für die Vielzahl an ertragsstarken Anlageklassen, in die investiert wird - etwa Hochzinsanleihen oder dividenden­starke Aktien. "Income" bedeutet, dass der Fonds regelmäßig (z. B. monatlich oder quartalsweise) Erträge ausschüttet und der Anleger dadurch ein Zusatz­einkommen erhält.

Investor-Info

JP Morgan Global Income
Erfolgreicher Vorreiter

Das von Michael Schoenhaut und Talib Sheikh seit Ende 2008 gemanagte Portfolio ist der Platzhirsch unter den Multi-Asset-Income- Fonds. Anleger konnten sich in der Vergangenheit über jährliche Ausschüttungen zwischen 4,0 und 5,8 Prozent freuen. Die vorgestellte Tranche schüttet vierteljährlich aus und sichert Währungsrisiken gegen den Euro ab. Vom Dollar-Boom in diesem Jahr konnte der Fonds so zwar nicht profitieren. Langfristig macht eine solche Absicherung aber Sinn.

Schroder Global M.A. Income
Der Fünfprozenter

Im April 2012 aufgelegt, hat der Fonds bis heute mehr als fünf Milliarden Euro angezogen. Zum Erfolg trägt sicher bei, dass Schroders eine fixe Ausschüttung von fünf Prozent pro Jahr verspricht. Bisher konnte Fondsmanager Aymeric Forest dieses Ziel erreichen. Er streut das Vermögen sehr breit auf knapp 1.200 Einzeltitel. Die Tranche ist währungsgesichert und schüttet vierteljährlich aus.

M & G Income Allocation Fund
Von Emotionen profitieren

In Großbritannien seit 2010 erfolgreich im Einsatz, hat M & G den Income Allocation Fund Ende 2013 auch nach Deutschland gebracht. Fondsmanager Steven Andrew legt flexibel in Anleihen, Aktien sowie Immobilieninvestments an. Im Besonderen hält er nach Situa­tionen Ausschau, in denen die Kurse von Vermögenswerten aufgrund emotionalen Anlegerverhaltens unter ihren "neutralen" Wert gerutscht sind. Der monatlich ausschüttende Fonds hat das Ziel, jährlich einen Ertrag von vier Prozent an die Anleger auszukehren.

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