Erfolgsrezept für Fondsmanager: Nur wer scheitern darf, kann gewinnen
Drei Dinge braucht der erfolgreiche aktive Fondsmanager: Spezialwissen, Überzeugung, Freiräume. Damit kann gelingen, was einigen im Corona-Jahr 2020 gelungen ist - eine bessere Wertentwicklung als der Markt.
von Ralf Lochmüller, Gastautor von Euro am Sonntag
Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet im Pandemie-Jahr 2020 haben einige aktive Fondsmanager gemessen an ihrem Vergleichsindex die beste Wertentwicklung seit ihrer Auflegung erreicht - manche konnten sich zweistellig von ihm absetzen. Sie haben die Chancen erkannt und genutzt: die ausgeprägte Volatilität, die häufige Branchenrotation, die schnellen Favoritenwechsel. So konnten sie ihre Portfolios stärker auf die Gewinner der Krise ausrichten: E-Commerce, Streamingdienste, Ausrüster für die Gesundheitsbranche und so weiter. Man kann sagen, Bewährungsprobe bestanden.
Nur: Nicht jeder aktive Manager kann das von sich behaupten. Dieses gemischte Bild fördert eine verbreitete Wahrnehmung unter Anlegern: Aktive Manager, sagen viele, seien grundsätzlich nicht in der Lage, im langfristigen Durchschnitt bessere Renditen zu erzielen als der breite Markt - erst recht nicht nach Kosten. Denn Aktienmärkte seien effizient und deshalb sämtliche Informationen in den Kursen bereits enthalten. Das bestärkt manchen darin, nur noch auf passiv investierende, lediglich einen Index replizierende ETFs zu setzen.
Das aber ist meiner Meinung nach wenig zielführend. Beide Konzepte haben ihre Berechtigung. Man muss sie nur an der richtigen Stelle einsetzen. ETFs ermöglichen es, kostengünstig und global in ganze Märkte zu investieren. Das funktioniert am besten mit den Leitindizes wie dem Euro Stoxx 50 oder dem S&P 500, in denen die größten Unternehmen der jeweiligen Märkte enthalten sind. Die Preisbildung an diesen Märkten ist tatsächlich sehr effizient. Für aktive Manager ist es schwer, in diesem Umfeld nachhaltig besser als der Markt abzuschneiden.
Breite Indizes bilden nur einen Teil des Gesamtmarkts ab
Ganz anders sieht es bei Spezialthemen aus. Börsensegmente wie die europäischen Nebenwerte zum Beispiel zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass ihre Unternehmen meist nur von einer Handvoll Analysten beobachtet werden. Hinzu kommt mit rund 2.000 Einzelwerten die überwältigende Vielfalt der Unternehmen - es gibt kaum eine Branche, eine neue Technologie oder einen Trend, die man hier nicht findet. Zum Vergleich: Die europäischen Leitindizes umfassen gerade einmal rund 250 Werte.
Aus dem Zusammenspiel einer großen Anzahl und wenig Beachtung ergibt sich bei den Nebenwerten eine ineffiziente Preisbildung. Das bedeutet, nicht jede an sich öffentlich verfügbare Information muss bereits in den Kursen dieser Aktien enthalten sein. Eingehende Branchen- und Marktkenntnis, detaillierte Analysen, persönliche Unternehmensbesuche und regelmäßige Gespräche mit dem Management helfen, diese Informationen zu finden und zu bewerten. Hier können langjährig erfahrene Stockpicker den entscheidenden Unterschied machen.
Nach meiner Überzeugung sind hier unabhängige Fondsanbieter im Vorteil, die ihren Fondsmanagern die größeren Freiheiten einräumen und ihnen mit dem notwendigen Vertrauen den Rücken stärken. Fondsmanager müssen die Freiheit haben, mit überzeugten Investmententscheidungen ins Risiko zu gehen. Nur so können sie langfristig bessere Ergebnisse erzielen als der Marktdurchschnitt. Allerdings gehören zum Risiko - als Kehrseite höherer Renditen - auch schwächere Phasen. Manche Fondsgesellschaft unterdrückt deshalb bewusst oder unbewusst die Bereitschaft ihrer Portfoliomanager, Risiken zu nehmen. Also werden diese eher dazu neigen, an ihrem Vergleichsindex zu kleben und in Wahrheit passiv zu agieren. So stehen sie vermeintlich auf der sicheren Seite und minimieren ihr persönliches Karriererisiko. Hier liegt ein Grund, warum so viele aktive Portfolio-Manager ihrem Vergleichsindex nach Kosten hinterherhinken.
Ein Konsens-Portfolio bringt nur Konsens-Rendite
Zusammengefasst haben aktive Manager dann die besten Chancen, den Markt zu schlagen, wenn sie
- mit ihrem Spezialwissen in einem Nischenmarkt investieren;
- in ihr Portfolio nur die besten Unternehmen holen und sich dabei nicht eng an ihrem Vergleichsindex orientieren;
- den Mut zu einer starken, vom Konsens abweichende Meinung haben;
- und es ihnen erlaubt ist, ihre Überzeugungen im Portfolio umzusetzen. Wer hingegen nur dem Konsens folgt, darf nicht mehr erwarten als die Konsens-Rendite - und das ist eben nur der Markt.
Ralf Lochmüller:
CEO von Lupus alpha
Seit über 30 Jahren im Asset Management tätig, gründete Lochmüller im Jahr 2000 mit vier Partnern Lupus alpha - ein unabhängiges, eigentümergeführtes Fondshaus für Spezialsegmente wie europäische Nebenwerte, Wandelanleihen und Volatilität. Lupus alpha verwaltet rund 13 Milliarden Euro für professionelle Investoren und Privatanleger, davon zwei Milliarden Euro in Publikumsfonds.
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