Offene Immobilienfonds: Stabiles Investmentgebäude
22.12.15 15:00 Uhr
Der Immobilienmarkt brummt, die Fonds sind begehrt, die neuen Regeln sorgen für mehr Sicherheit. Wie das Segment zurzeit dasteht - und welche Produkte empfehlenswert sind.
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von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Wären Sie gern Miteigentümer eines Einkaufszentrums im spanischen Alicante? Oder eines Hotels in Berlin? Oder ist ein Büro-Wolkenkratzer in Houston mehr nach Ihrem Geschmack? Was im ersten Moment nach einer Spielwiese für Millionäre klingt, lässt sich auch für Kleinanleger umsetzen: mit Offenen Immobilienfonds.
Die Produkte investieren ihr Vermögen in Bauwerke, die sich einzelne Anleger allein niemals leisten könnten. Zumeist sind dies Bürogebäude oder Shoppingcenter, oft werden Hotels sowie Logistikimmobilien beigemischt. Wohngebäude spielen nur in Einzelfällen eine Rolle, denn dieses Geschäft ist sehr kleinteilig - sowohl im An- und Verkauf der Objekte als auch bei der Bewirtschaftung. Offene Immobilienfonds konzentrieren sich deshalb lieber auf große Gebäude, deren Flächen an gewerbliche Mieter vergeben werden.
Das laufende Jahr war für die Branche sehr erfolgreich und gleichzeitig relativ ruhig. Erfolgreich, weil Offene Immobilienfonds in Deutschland stattliche drei Milliarden Euro neue Kundengelder einwerben konnten. Ruhig, weil 2015 endlich einmal keine neuen gesetzlichen Vorgaben umzusetzen waren und der jahrelange Regulierungsmarathon ein Ende hatte.
Eingeschränkte Flexibilität
Die für Privatanleger gravierendste Änderung bei Immobilienfonds liegt nun schon fast zweieinhalb Jahre zurück. Seit Juli 2013 gilt eine enge Bindung an das jeweilige Produkt: Anleger, die einen Offenen Immobilienfonds kaufen, müssen diesen mindestens zwei Jahre lang halten. Zusätzlich ist ein Verkauf von Anteilen erst nach Ablauf einer einjährigen Kündigungsfrist möglich.Bis 21. Juli 2013 galt eine Ausnahmeregelung, die Anlegern erlaubte, bis zu 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr abzuheben, ohne an eine Mindesthaltedauer oder Kündigungsfrist gebunden zu sein. Für Geld, das bis zu diesem Stichtag eingezahlt wurde, besteht diese Ausnahme fort. Vor 2013 gab es sogar überhaupt keine Beschränkungen bei der Rückgabe von Fondsanteilen.
Weitere Gesetzesänderungen betrafen die Fremdkapitalquote und die Ermittlung der Gebäudewerte. Seit knapp drei Jahren müssen die Immobilien vierteljährlich durch Gutachter bewertet werden, zuvor war dies nur einmal pro Jahr nötig. Außerdem ist die Schuldenquote seit Anfang 2015 auf 30 Prozent des Fondsvermögens gedeckelt. Früher lag die Grenze bei 50 Prozent.
Die Anpassungen, die die Branche in den vergangenen Jahren erdulden musste, gehen zurück auf Ereignisse in den Jahren 2008 bis 2010. Damals kam es bei einer Reihe von Fonds zu Liquiditätsengpässen, weil zu viele Anleger gleichzeitig aussteigen wollten. Die Folge: Die Fonds konnten keine Anteile mehr zurücknehmen und mussten vorübergehend schließen. Weil es ihnen auch in den folgenden zwei Jahren nicht gelang, genügend Gebäude zu verkaufen, um alle Anleger auszahlen zu können, waren sie gezwungen, endgültig zu schließen. Seither lösen sie ihren Immobilienbestand auf.
Das Desaster überstanden nur die größten Anbieter. Dazu zählen die Deutsche Bank, die Deka, Union Investment und Commerz Real. Die Krise führte zu einer Art Oligopol, in dem diese vier den Markt weitgehend unter sich aufteilen. Besonders viel Geld lagert in den Fonds von Deka und Union Investment: Sie kumulieren aktuell rund 46 der 83 Milliarden Euro, die deutschlandweit in der Produktgattung stecken.
Keine Überflieger
Renditetechnisch gehören Immobilienfonds nicht gerade zu den Überfliegern. Zwei bis drei Prozent waren in den vergangenen Jahren mit den großen Produkten drin. Dass die Vehikel trotzdem so beliebt sind, liegt daran, dass sie nur wenig schwanken und ihre Rendite angesichts des niedrigen Zinsniveaus für konservative Anleger durchaus attraktiv ist. "Solange wir Renditen haben, die klar über Bundesanleihen liegen, wird die Nachfrage nach Offenen Immobilienfonds weiter hoch bleiben", sagt Ulrich Steinmetz, Geschäftsführer Immobilienfonds bei der Deutschen Bank.Für die beliebtesten Fonds war 2015 die größte Herausforderung, mit dem frischen Geld der Investoren neue aussichtsreiche Objekte zu kaufen. Die Immobilienmärkte weltweit boomen, die Preise sind oft hoch. Das erhöht die Gefahr, überteuert einzukaufen. "Die Fonds gehen deshalb sehr vorsichtig vor, um künftige Abwertungsrisiken zu vermeiden", sagt Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg.
Weil lukrative Immobilien nicht vom Himmel fallen, investieren viele Fonds zunehmend in Projektentwicklungen, also in den Bau neuer Gebäude. Gelegentlich werden auch Immobilien gekauft, die saniert werden müssen oder teilweise leer stehen. Bei diesen versuchen die Fonds, sie zu Top-Objekten weiterzuentwickeln.
Offene Immobilienfonds sind sicher nicht jedermanns Sache. Denn die Rendite ist überschaubar und einen hundertprozentigen Schutz vor künftigen Krisen gibt es nicht. Dennoch haben sie ihre Berechtigung als defensiver Depotbaustein. Den Rücksetzer an den Aktienmärkten im Spätsommer beispielsweise überstanden sie völlig unbeschadet. "Offene Immobilienfonds sind weiterhin das richtige Produkt für kleine und mittlere Privatanleger, die sich die Anlageklasse Immobilien ins Depot holen wollen", sagt Sebastian. Die Gesetzesänderungen haben die Produktklasse immerhin ein gutes Stück sicherer gemacht. Überraschende, hohe Abflüsse sind unter den neuen Regeln nicht mehr möglich. Es ist zudem schwer vorstellbar, dass Anleger in Panik ihre Anteile abstoßen, obwohl sie aufgrund der Kündigungsfrist erst ein Jahr später ihr Geld zurückerhalten.
Einzig die Altanlegerregelung, die Rückgaben von bis zu 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr ermöglicht, bleibt als Achillesferse. Hier schlummert in den alten Fonds noch ein gewisses Gefahrenpotenzial: Je nach Produkt fallen 50 bis 90 Prozent des Vermögens unter diese Ausnahmeregel. Hier ist es möglich, dass hohe Summen binnen kürzester Zeit zurückgefordert werden.
Andererseits haben just die bewährten Schwergewichte in der letzten Krise bewiesen, dass sie trotz schwieriger Bedingungen ihre Produkte am Laufen halten können. Die vier großen Anbieter sollten in der Lage sein, etwaige hohe Mittelabflüsse durch eine Vertriebsoffensive zu kompensieren, bei der die Berater Anteile der Offenen Immobilienfonds verstärkt an neue Anleger verkaufen.
Gutes Zeugnis
Die Fonds, die aktuell am Markt sind, sind allesamt solide. Selbst die schwächsten Produkte werden von den Ratingagenturen Feri und Scope als gut eingestuft. "Insgesamt bewegen sich die Ratings mit einer Spanne von ,B+‘ bis ,A+‘ weiterhin auf einem sehr hohen Niveau", sagt Wolfgang Kubatzki, Leiter Real Estate bei Feri.Wer in einen Offenen Immobilienfonds einsteigen will, sollte auf die gut bewerteten Produkte der großen Anbieter setzen. Die Kombination aus langjährig gewachsenen Portfolios und hoher, bereits bewiesener Stabilität spricht für sie. Den hohen Anteil an Altanlegern sollten sie im Krisenfall mit ihrem starken Vertrieb kompensieren können. Wer mehr als ein paar Tausend Euro anlegen will, sollte das Vermögen über mehrere Fonds streuen. So sinkt die Abhängigkeit vom Wohl und Wehe eines einzelnen Produkts.
Wichtig ist auch, einen Weg zu wählen, bei dem nicht der volle Ausgabeaufschlag zu zahlen ist. Denn der liegt bei rund fünf Prozent und schmerzt angesichts der überschaubaren Renditen besonders. Bei Direktbanken oder Fondsdiscountern werden die Produkte oft mit einem Rabatt angeboten.
Anleger, die in einem Immobilienfonds in Abwicklung gefangen sind, haben bereits mehrere Jahre Leiden hinter sich. Der einzige Ausweg, der ihnen bleibt, ist die Veräußerung ihrer Anteile über die Börse Hamburg, die beim Fondshandel führend in Deutschland ist. Allerdings werden dort hohe Abschläge gegenüber dem offiziellen Anteilspreis der Fondsgesellschaft von bis zu 25 Prozent fällig.
Wer nicht dringend sein Geld braucht, bleibt deshalb besser dabei. Die Produkte werden nach und nach ihre Gebäude verkaufen und die Erlöse an die Anleger ausschütten. Dabei wird es wahrscheinlich zu weiteren Verlusten gegenüber dem aktuellen Wert kommen. Doch diese dürften geringer ausfallen als beim Notverkauf über die Börse.
Spekulieren mit dem Börsenrabatt
Des einen Leid, des anderen Freud. Mit den derzeit liquidierten Immobilienfonds lässt sich durchaus noch Geld verdienen. Wer etwas risikobereiter ist, kann Fondsanteile mit Rabatt an der Börse kaufen und darauf spekulieren, dass die Gesellschaft im Lauf der Zeit mehr an die Anleger zurückzahlt, als der Anteil an der Börse gekostet hat. "Wir halten diese Anlageidee momentan für besser als einen Einstieg in normale Offene Immofonds", sagt Ottmar Wolf von Wallrich Asset Management.Der Vermögensverwalter sieht darin eine Form der Streuung und integriert diese Idee in viele der von ihm betreuten Depots. Wer dieses Thema spielen möchte, sollte auf die liquidesten Fonds in Abwicklung setzen (siehe Investor-Info). Rund drei Prozent waren mit einem Mix verschiedener Fonds im laufenden Jahr zu verdienen. "Für ein schwieriges Jahr wie 2015 ist das durchaus okay, vor allem weil sich die Schwankungen in einem vertretbaren Rahmen hielten", sagt Wolf.
Egal ob klassischer langfristiger Einstieg in einen Offenen Immobilienfonds oder Spekulation für die nächsten zwei Jahre beim Kauf eines abzuwickelnden Fonds über die Börse: Eine Diversifikation erreichen Anleger damit allemal, denn sie integrieren die Anlageklasse Immobilien in ihr Depot. Unter diesem Aspekt ist es dann fast egal, ob ein Einkaufszentrum in Alicante, ein Hotel in Berlin oder ein Bürohaus in Houston zu dieser Streuung beiträgt.
Investor-Info
UniImmo: Deutschland
Heimatmarkt im Fokus
Top-Ratings sowohl von Scope als auch von Feri belegen die hohe Qualität des UniImmo: Deutschland. Anders als der Name vermuten lässt, investiert der Fonds zu 40 Prozent auch im europäischen Ausland. Vollständig vermietete Gebäude, eine geringe Verschuldung und eine ausgewogene Verteilung bei den Nutzungsarten der Immobilien zählen zu den Pluspunkten des Fonds.
Grundbesitz Europa
Schwerpunkt Büros
Der Grundbesitz Europa kämpft mit dem UniImmo: Deutschland regelmäßig um den Spitzenplatz bei den Bewertungen der Ratingagenturen. Im neuesten Urteil vom Mittwoch stuft Feri den Fonds der Deutschen Bank eine Nuance besser ein. Gelobt werden unter anderem die langfristigen Mietverträge, der geringe Leerstand sowie die hohe Qualität der Objekte und Standorte. Der Anteil an Büroimmobilien überwiegt, regional im Fokus sind Deutschland, Frankreich und Großbritannien.
Fonds in Abwicklung
Übertriebene Rabatte
An der Börse in Hamburg werden mehrere aufzulösende Immobilienfonds mit einem hohen Abschlag zum offiziellen Anteilswert gehandelt. Zu den liquidesten zählen der SEB ImmoInvest, der CS Euroreal und der KanAm grundinvest, die noch immer mehrere Milliarden Euro schwer sind. Die Summe aus Börsenkurs und Ausschüttungen ergibt die Wertentwicklung. Mit zwei der drei Fonds machten Anleger 2015 ein gutes Geschäft.Weitere News
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