Pimco-Fondsmanagerin Sundstrom: "Stabil, aber nicht sicher"
Die Pimco-Fondsmanagerin Geraldine Sundstrom über Marktaussichten, gefährlichen Populismus - und begrenzte Möglichkeiten der Notenbanken.
von Julia Pfanner, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Pimco sagt, die Märkte befinden sich nicht mehr im "New Normal", sondern im "New Neutral". Was heißt das?
Geraldine Sundstrom: Mit dem Begriff "New Normal" haben wir die Marktsituation nach der Finanzkrise beschrieben. Anleger mussten sich an dauerhaft niedrigeres Wirtschaftswachstum gewöhnen. Das derzeitige Umfeld ist unter anderem geprägt von mehr Schulden im System und einer alternden Bevölkerung. Im "New Neutral" ist darüber hinaus zu erwarten, dass die Leitzinsen für längere Zeit niedrig bleiben.
Welche Rahmenbedingungen sehen Sie in naher Zukunft?
Insgesamt gehen wir davon aus, dass es weiterhin globales Wachstum geben und die Inflationsrate langsam die Zielsetzungen der Zentralbanken erreichen wird. Dennoch nehmen die Risiken zu. Es stehen einige wichtige politische Wahlen an, und der Populismus wächst. Sorge macht uns auch die Tatsache, dass das auf den ersten Blick relativ stabile Wachstum seit längerer Zeit nur mithilfe von Stimuli durch die Zentralbanken gelungen ist.
Was ist die Gefahr dabei?
Wir denken, dass die Effizienz der Geldpolitik der Zentralbanken wesentlich niedriger ist als früher. Der Marktausblick ist derzeit noch stabil, aber die Frage ist: Sollte es irgendeinen Schock geben, was kann diesen abmildern? Früher waren die Zentralbanken da, um Schocks aufzufangen. Aber derzeit scheint es, als hätten sie fast keine Möglichkeiten mehr, um einzugreifen. Der Marktausblick ist also stabil, aber nicht sicher.
Gibt es auch Positives?
Durchaus: Inflation und die Profitabilität der Unternehmen sind im dritten Quartal an einen Wendepunkt gekommen. Zudem ist das Währungsgefüge jetzt viel stabiler. Die Rohstoffpreise haben sich wieder etwas erholt. Zudem schließt sich die Produktionslücke in den USA. Aus diesen Gründen könnte die Inflation wieder ein wenig steigen. Gerade liegen fast zwei Jahre Gewinnrezession in den USA hinter uns, auch hier gibt es langsam einen Wendepunkt, hin zu steigenden Unternehmensgewinnen.
Wie schätzen Sie den Einfluss des Wahlausgangs in den Vereinigten Staaten ein?
Nach der Wahl steht vermutlich eine Zunahme der Staatsausgaben auf der Agenda. Das sollte Einfluss auf die Zinssätze und eine steigende Inflationsrate haben. Deshalb empfehlen wir, besonders in den Vereinigten Staaten teilweise auf inflationsgeschützte Anleihen zu setzen.
Was bedeuten diese Zukunftsaussichten für Ihren Fonds?
Allgemein ist unser GIS-Dynamic-Multi-Asset-Fonds besonders auf europäische Kunden zugeschnitten, die etwas risikoaverser sind als US-Anleger. Als Folge unserer Markteinschätzung übergewichten wir derzeit zum Beispiel US-Banken leicht. Sie sind im Verhältnis zum Markt relativ günstig und würden von Zinsschritten der Fed profitieren. Wir erwarten in den nächsten zwölf Monaten zwei bis drei solcher Schritte.
Warum nennen Sie den Fonds "Dynamic"?
Wir sind bei dem Fonds sehr frei, was die Assetklassen-Gewichtung und die Strategie angeht. Sollten wir beispielsweise mit einer Rezession rechnen, könnte der Fonds seinen Aktienanteil sehr deutlich reduzieren. Derzeit halten wir 33 Prozent in Aktien. Wenn die Bewertungen günstiger wären und das Umfeld sicherer, würden wir aber auch 40 bis 50 Prozent in Aktien halten. Die Spannbreite ist relativ groß im Verhältnis zu einem Benchmark-nahen Produkt.
Vita:
Geraldine Sundstrom ist seit 2015 bei Pimco. Sie leitet das europäische Asset-Allokation-Team und lenkt unter anderem den GIS Dynamic Multi-Asset (siehe "Fonds im Fokus"). Vor dem Wechsel zu Pimco war sie bei der Hedgefondsfirma Brevan Howard tätig. Investor-Info
Fonds im Fokus
Pimco Dynamic Multi-Asset
Bei der Wahl der Anlageklassen für den Fonds ist Managerin Geraldine Sundstrom (siehe Interview rechts) sehr frei. Sie kann unter anderem in Aktien, Anleihen oder Rohstoffe investieren und versuchen, Risiken über Derivate abzusichern. Ihr Ziel ist eine Rendite von vier bis sechs Prozent per annum bei einer Volatilität von sechs bis zehn Prozent
im Jahr. Die Ausrichtung des Fonds ist eher defensiv. Anleihen haben das größte Gewicht im Portfolio, in Aktien steckt zurzeit rund ein Drittel des Vermögens. Bei Anleihen wie bei Aktien liegt ein Schwerpunkt auf den USA. Der Fonds ist im Februar dieses Jahres aufgelegt worden, er muss sich also erst noch beweisen - auch wenn der Ansatz aussichtsreich und das Management erfahren ist.Fazit: Vielversprechender Fonds für Anleger, die nicht zu viel Risiko wollen.
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Bildquellen: Bill Gallery/Pimco