Investment-Stratege Berexa: "Anleger sind zu sorglos"
Bewertungen hoch, Schwankungen niedrig: Nach Ansicht des Fondsmanagers Steven Berexa von Allianz GI müssten die Alarmglocken bei den Anlegern läuten.
Werte in diesem Artikel
von Jörg Billina, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Herr Berexa, Donald Trump will die Steuern senken und die Infrastruktur modernisieren. Kann er vor dem Hintergrund der jüngsten innenpolitischen Entwicklungen noch liefern?
Steven Berexa: Für "Make America great again" sieht es nicht gut aus. Trump hat versprochen, den politischen Sumpf in Washington trockenzulegen. Nun scheint er immer mehr in seinen eigenen politischen Sumpf hineinzugeraten und dort stecken zu bleiben. Die Zeit wird knapper, um Vorhaben umzusetzen. Er muss ja auch den Kongress überzeugen. Nur bei den geplanten Deregulierungsmaßnahmen hat er weitgehend freie Hand.
Auf die Wahl Trumps reagierte der US-Aktienmarkt zunächst euphorisch. Wird der US-Präsident nun zum Problemfall?
Meiner Meinung nach schon. Das ist auch der Grund, warum ich die Cashquote im Allianz Global Insights zuletzt erhöht habe. Trumps Politikstil belastet insbesondere die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern und kann US-Unternehmen schaden. Doch die Mehrheit der Marktteilnehmer scheint dies nicht zu stören.
Die Anleger wiegen sich zu sehr in Sicherheit?
Ja, die Volatilität des S & P 500 ist auf den niedrigsten Stand seit 1993 gesunken. Das Shiller-KGV liegt weit über dem historischen Durchschnitt. Da müssten eigentlich die Alarmglocken läuten. Doch es gibt das Zitat von Keynes, wonach sich der Markt länger irrational entwickeln kann als Anleger liquide sind.
US-Techaktien sind unter Druck. Ist das der Anfang vom Ende der Sorglosigkeit?
Ich glaube, dass es sich nach den starken Zuwächsen nur um eine fällige Korrektur handelt. Techwerte haben sich ja in diesem Jahr wesentlich besser als der S & P 500 entwickelt. Anleger nehmen nun Gewinne mit und schichten in andere Branchen um. Dass der breite Markt nun auch auf Talfahrt geht, erwarte ich nicht. Wie bislang schon dürften Investoren Rücksetzer zum Einstieg nutzen.
Ist Ihr Fonds stark in Techaktien investiert?
Nein, wir haben zuletzt Positionen abgebaut und engagieren uns dagegen stärker in US-Finanzwerten. Diese weisen wieder deutlich gesündere Bilanzen auf als noch zu Zeiten der Finanzkrise. Sie sollten von Zinserhöhungen seitens der US-Notenbank, vor allem aber von Trumps Deregulierungsvorhaben profitieren. Wenn der US-Präsident mit seinen anderen Plänen nicht richtig weiterkommt, wird er die Rücknahme der Wall-Street-Reform umso stärker vorantreiben.
Wie managen Sie Ihren Fonds?
Ich versuche vor allem Chancen frühzeitig zu erkennen. Beispielsweise sind meiner Ansicht nach die Konsequenzen eines anhaltend tiefen Ölpreises noch nicht voll im Markt reflektiert. Zu den langfristigen Gewinnern dieser Entwicklung zählen neben Airlines auch Chemieunternehmen. Darüber hinaus interessiere ich mich für Spezialsituationen. Dies sind etwa Unternehmensinitiativen, die wir mit unserem Grassroots-Research per Umfrage analysieren. Wir sprechen dabei direkt mit Konsumenten oder Entscheidungsträgern in Firmen, um so auf neue Trends in der realen Welt zu schließen.
Sie sind auch Chief Investment Officer von Allianz Global Investors. Ihre Schwerpunkte?
Ich muss unser Team durch alle Veränderungen führen und beispielsweise sicherstellen, dass Mifid-Richtlinien umgesetzt werden. Darüber hinaus liegt mir besonders die volle Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Beurteilung von Unternehmen am Herzen.
Weitere News
Bildquellen: Josh Edelson/Allianz Global Investors, Sergey Nivens / Shutterstock.com