Euro am Sonntag-Interview

Anleihe-Profi Mewes: "Wer mehr will, muss ins Risiko gehen"

07.08.16 12:00 Uhr

Anleihe-Profi Mewes: "Wer mehr will, muss ins Risiko gehen" | finanzen.net

Michael Mewes, der Anleihe-Experte von JP Morgan, über Investments in Bundesanleihen, inflationsgeschützte Papiere und Schwellenländerbonds.

Werte in diesem Artikel

von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Schon seit 27 Jahren arbeitet Michael Mewes in der Finanz­industrie, 20 Jahre davon bei JP Morgan Asset Management. Der Anleiheprofi hat in seiner Karriere schon viel erlebt - dennoch dürfte es auch für ihn ungewohnt sein, Bundesanleihen nur noch als kurzfristige Anlage zu empfehlen.

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€uro am Sonntag: Mitte Juni wurde erstmals eine zehnjährige Bundesanleihe mit Null­kupon aufgelegt. Lohnt sich dennoch ein Engagement?
Michael Mewes:
Sicher nicht für Anleger, die die Anleihe bis zur Endfälligkeit halten wollen. Die Bundesanleihe bietet jedoch die Chance auf Kursgewinne und eignet sich daher für kurzfristig orientierte Anleger. Ausgehend vom aktuellen Niveau rechnen wir im Laufe des Jahres mit einem Kursgewinn von zwei Prozent.

Bei Anleihen mit Top­bonität und Top­li­quidität ist das die neue Normalität?
Ja, daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Wer mehr will, muss ins Risiko gehen. Europäische High-Yield-Anleihen mit vierjähriger Laufzeit bieten im Schnitt eine Rendite von knapp vier Prozent, US-High-Yields in Euro gesichert knapp sechs Prozent. Eurogesicherte Anleihen aus Investment-Grade-Schwellenländern bringen immerhin zwei Prozent.
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Die zehnjährige Bundesanleihe ist, wie zu­vor schon Papiere mit kürzeren Laufzeiten, unter die Nullmarke gefallen. Wie tief kann es maximal gehen?
Eine mathematische Grenze gibt es nicht, neue Minusrekor­de sind daher nicht auszuschließen.

Werden demnächst Bundes­anleihen mit negativen Kupons emittiert?
Nein, auch wenn der Bundes­finanzminister nichts dagegen hätte. Doch die technische Durchführung ist wohl zu schwierig.
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Sind inflationsgeschützte Anleihen euro­päischer Emittenten wieder interessant?
Auf lange Zeit wird es nach unserer Meinung dazu keine Notwendigkeit geben. Allenfalls könnten Positionen in US-Tips - Treasury Inflation-Protected Securities - sinnvoll sein. Die Möglichkeit, dass die Inflationsrate jenseits des Atlantiks steigt, liegt etwas höher. Der JP Morgan ­Global Government Bond Fund hält bislang jedoch nur kleine Positionen davon.

Halten Sie US-Staatsanleihen im Vergleich zu Bun­desanleihen für die bessere Wahl?
Im JP Morgan Global Government Bond Fund sind sie übergewichtet. Die Renditen der US-Treasuries sind ja auch höher. Berücksichtigt man jedoch die Hedging-Kosten, dann fallen die Ertragsunterschiede allerdings nur marginal aus.

Sind denn Anleihen der süd­europäischen Staaten für Ihre Fonds wieder interessant? Vor dem Brexit wurden ja ­Positionen aufge­löst.
Das Management wird sicherlich eine gute Gelegenheit zum Wiedereinstieg nutzen. Bislang aber wartet man die weitere Entwicklung ab und verfolgt insbesondere die Lösung des Bankenproblems in Italien. Anleihen der Institute sind in den Fonds jedenfalls untergewichtet.

Sind Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern ein Kauf?
Im JP Morgan Global Bond Opportunities sind Emerging-Markets-Anleihen in Lokalwährung mit knapp sieben Prozent gewichtet. Die Währungen sind aber schon sehr gut gelaufen. Auf Brasilianische Real lautende Bonds etwa haben dieses Jahr um 50 Prozent zugelegt. Allzu viel Potenzial sehen wir da nicht mehr.

Kurzvita

Experte für ­Zinspapiere
Michael Mewes leitet das Anleiheteam von JP Morgan Asset Management in Frankfurt. Beim US-Fondsanbieter (siehe auch "Fonds im Fokus" links) ist er seit 1996 tätig. Davor arbeitete Mewes bei der DWS und der Commerzbank.


Investor-Info

Fonds im Fokus
JPM Global Bond Opportunities

Das im April 2013 aufgelegte Portfolio gehört zu einer neuen Gattung von Anleihefonds, die flexibel ins gesamte Spektrum festverzinslicher Papiere investieren - von Staatsanleihen bis zu High-Yield-Bonds. Die Fondsmanager suchen stets das größte Ertragspotenzial, ­unabhängig von Sektoren oder Regionen. ­Daneben versuchen sie, Zins­änderungsrisiken durch ein aktives Laufzeitenmanagement zu minimieren. Dabei greifen sie auch auf Derivate zurück. Mit gut 22 Prozent haben die Fondsmanager Bob Michele, Nick Gartside und Iain Stealey Hochzins-Unternehmens­anleihen aus den USA derzeit am stärksten gewichtet. In den letzten drei Jahren brachte der Fonds im Schnitt eine jährliche Rendite von 4,4 Prozent.
Fazit: Flexibler weltweiter Anleihefonds mit solider Wertentwicklung.

Bildquellen: JP Morgan