Euro am Sonntag

Geschlossen: Wenn Fonds kein Geld mehr annehmen

12.03.16 11:00 Uhr

Geschlossen: Wenn Fonds kein Geld mehr annehmen | finanzen.net

Der DWS Aktien Strategie Deutschland könnte bald kein neues Anlegergeld mehr annehmen. Er ist nur ein Beispiel für Fonds, denen zu viel Kapital das Anlegen schwer macht.

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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Knapp 30 Prozent Plus mit deutschen Aktien im vergangenen Jahr: Mit dem DWS Aktien Strategie Deutschland bewies Henning Gebhardt eindrucksvoll, welchen Mehrwert aktives Fondsmanagement erbringen kann. Denn der DAX legte 2015 um gerade mal 9,6 Prozent zu. Diese Leistung brachte Gebhardt nicht nur die Auszeichnung "Fondsmanager des Jahres" ein (siehe €uro am Sonntag 9/2016), sondern seinem Fonds auch massive Mittelzuflüsse.



Allein 2015 ist das Portfolio um 1,3 Milliarden Euro auf rund drei Milliarden Euro angeschwollen und kratzt damit nach Ansicht der Fondsgesellschaft an der Kapazitätsgrenze. "Sollte das Fondsvolumen deutlich weiter ansteigen, besteht die Möglichkeit, dass die Umsetzung des bewährten Investmentansatzes nicht mehr gewährleistet werden kann", warnt die Deutsche Asset Management (AM) und kündigt an, in diesem Fall keine weiteren Anteile des Fonds mehr zu verkaufen.

Das entspräche einem sogenannten Hard Closing, obwohl man bei der Deutschen AM den Begriff vermeidet. Argument: Der Fonds würde ja nicht komplett geschlossen - eine Rückgabe von Anteilen sei jederzeit möglich. Das kann man so sehen, schließlich gibt es keine verbindliche Definition für einen Hard Close. Üblicherweise spricht man jedoch davon, wenn weder neue noch bestehende Investoren oder Ver­triebs­partner weitere Anlagen im Fonds tätigen können.


Dies wäre beim DWS Aktien Strategie Deutschland der Fall - und könnte eine Klientel besonders verärgern. Denn auch wer einen Sparplan auf den Fonds laufen hat, könnte dann keine neuen Anteile mehr erwerben. Vertriebspartner müssten in der Folge die Sparpläne der betreffenden Kunden manuell auf andere Fonds umstellen.

Aus Sicht der investierten Anleger ist eine Kapazitätsbegrenzung bei dem Fonds aber durchaus sinnvoll. Sie soll schließlich verhindern, dass die bisher erfolgreiche Anlagestrategie aufgrund eines zu hohen Volumens verwässert wird. Denn Gebhardt investiert im Schnitt 40 Prozent des Anlagekapitals in deutsche Nebenwerte mit mittlerer oder geringer Marktkapitalisierung. Muss er jedoch immer mehr Anlegergeld platzieren, müsste er sich zunehmend den hoch kapitalisierten Standardwerten zuwenden und Renditechancen bei Nebenwerten sausen lassen.


Die Interessen von investierten Anlegern wollen auch Allianz Global Investors und Schroders schützen, die kürzlich ­einen Hard Close bei Long/Short-­Aktienfonds durchführten. Auch diese Strategie, bei der die Manager auf steigende und sinkende Aktienkurse setzen, ist nicht beliebig skalierbar.

Fonds unattraktiv machen

Nicht immer müssen Fonds ihre Anteilsausgabe aber komplett stoppen. Viele Portfolios mit dem Luxusproblem eines zu stark wachsenden Volumens greifen zunächst zum Mittel des Soft Close. "Dabei geht es im Wesentlichen um die Vertriebssteuerung", sagt Jan Richter vom Analysehaus FondsConsult.

Ein erster Schritt ist etwa, den Fonds nicht mehr aktiv zu bewerben. Reicht das nicht aus, kann ein Fondsanbieter versuchen, die Anlagesummen bei Großinvestoren zu begrenzen. Oder die Gesellschaft erhebt von allen Anlegern zwingend den Ausgabeaufschlag. Weder Institutionelle erhalten Sonderkonditionen noch Privatanleger, die über Direktbanken ordern. Prominente Beispiele für "weich" geschlossene Fonds sind eine Reihe von Schwellenländerportfolios des britischen Anbieters First State Stewart.

Ziel solcher Maßnahmen ist es, "den Fonds unattraktiv für Neuanlagen zu machen", so Richter. Bereits investierte Anleger werden aber in der Regel geschont: Sie können den Fonds weiter besparen oder Anteile aufstocken. Das ist bei einem Portfolio mit Hard Close nicht möglich. Wer hier Anteile erwerben will, dem bleibt nur der Weg an die Börse.

Oder der Anleger wartet, bis der betreffende Fonds wieder uneingeschränkt zugänglich ist, denn Kapazitätsbegrenzungen sind meist temporär. "Wenn die Märkte fallen und Geld aus den Fonds abfließt, werden solche Begrenzungen schnell wieder aufgehoben", so Richter. Die Frage, ob man gerade dann einsteigen will, muss sich jeder Anleger selbst beantworten. Wer den Fonds als langfristige Anlage haben will und die Strategie des Managers überzeugend findet, sollte es im Sinne antizyklischen Investierens erwägen.

Investor-Info

Fondskauf über die Börse

Wo und wie es geht

Hat eine Gesellschaft die Ausgabe von Anteilen an einem Fonds gestoppt, bleibt Interessenten noch der Weg an den Sekundärmarkt. In Deutschland bieten die Börsen Hamburg/Hannover, Berlin, Düsseldorf, München, Stuttgart und Frankfurt (Xetra) den Handel mit ­Investmentfonds an. Das größte Angebot mit mehr als 4.300 Fonds gibt es an der Börse Hamburg. Auch der DWS Aktien Strategie Deutschland wird dort gehandelt. Um für den Anteilskauf eine Fondsbörse zu nutzen, reicht es aus, bei der Order den entsprechenden Börsenplatz auszuwählen. Kunden einer ­Filialbank bitten ihren Berater, den Kauf über eine Fondsbörse abzuwickeln.

Was es kostet

Der Vorteil beim Anteilskauf über die Börse: Der Anleger zahlt keinen Ausgabeaufschlag. Insofern lohnt sich auch der Kauf von Fonds, die im Rahmen eines Soft Close mit einem zwingenden Ausgabeaufschlag versehen worden sind. Zu beachten ist jedoch, dass zwischen An- und Verkaufskurs der sogenannte Spread liegt. An der Börse Hamburg beträgt dieser maximal 1,5 Prozent. Bei gängigen Fonds liegt er jedoch meist im Bereich von unter 0,5 bis 1,0 Prozent. Dazu kommen noch die Orderspesen der Bank und die ­Courtage für den Börsenmakler. Grob sollte man beim Fondskauf über die Börse - je nach Bank und Fonds - mit Gebühren zwischen 0,5 bis 1,5 Prozent der Anlagesumme rechnen. Verkaufen sollten Anleger ihre Fondsanteile bevorzugt über die Fondsgesellschaften, da hierbei keine zusätzlichen Kosten in Form ­eines Spreads oder Ordergebühren anfallen.

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