Euro am Sonntag-Fondsspecial

Anleger aufgepasst! Was Fonds-Anteilen nach Silvester droht

15.11.16 15:00 Uhr

Anleger aufgepasst! Was Fonds-Anteilen nach Silvester droht | finanzen.net

Die Uhr tickt: Effektive Stücke deutscher Fonds verlieren Anfang 2017 ihre Handelbarkeit. Wie betroffene Anleger jetzt vorgehen sollten.

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Fonds

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446,31 EUR 2,27 EUR 0,01%

von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Stahlwerke, Kohlenzechen, rauchende Schlote, Kraftwerke, Kühltürme und Güterzüge: So stellte man sich in den 60er-Jahren die florierende deutsche Industrie vor. Und so ist sie in feinen Strichen auf ­einem Anteilschein des Aktienfonds Fondak aus diesem Jahrzehnt abgebildet. Ein hübsches Wertpapier, das nicht nur in puncto grafische Gestaltung aus der Zeit gefallen ist.



Denn das Ende dieser Form der Geldanlage ist unwiederbringlich eingeläutet. Inhaber solcher Papiere müssen diese bis spätestens zum Jahresende in ein Depot einliefern, sonst verlieren sie ihre Handelbarkeit. Damit sorgt der Gesetz­geber für das endgültige Aus ­sogenannter effektiver Stücke von deutschen Fonds. Deren Zahl hat sich zwar seit der Jahrtausendwende schon erheblich reduziert. Doch noch immer ­liegen viele dieser Schätze in Bankschließfächern oder heimischen Tresoren.

Für betroffene Anleger tickt also die Uhr. Bleiben sie untätig, besitzen sie ab Anfang 2017 nur noch ein Legitimationspapier für eine Depotgutschrift gegenüber der Verwahrstelle des Fonds. Sprich: Sie haben kein verkehrsfähiges Wertpapier mehr. Allerdings bleiben sie weiterhin Inhaber der Anteile.


Diese Regelung ist immerhin anlegerfreundlicher als die Lu­xemburger Variante. Denn die Besitzer effektiver Stücke eines im Großherzogtum aufgelegten Fonds waren schon zu Jahresbeginn aufgerufen, ihre Papiere einzuliefern. Wer dies nicht bis zum 18. Februar tat, dessen Anteile wurden für wertlos erklärt, ihr Gegenwert wurde an die Luxemburger Caisse des Consignations überwiesen.

"Der Anleger hat dann nur noch Anspruch auf den Anteilswert am 18. Februar 2016. Er partizipiert nicht mehr an der künftigen Wertentwicklung und an Ausschüttungen", erklärt Stefan Lutz, Sprecher der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI). "Allerdings", so rät er, "sollten Anleger trotz Fristablauf versuchen, ihre effektiven Stücke von Luxemburger Fonds hierzulande bei einer Bank einzuliefern. Denn in der Praxis wurden viele Anteile von den Fondsgesellschaften noch nicht liquidiert."


Auch in Deutschland ist eine spätere Einlieferung von effektiven Stücken immer noch möglich. "Dann werden die Anteile in eine Girosammelverwahrung gegeben, und der Anleger partizipiert wieder an Kursgewinnen und Ausschüttungen", so Lutz.

US-Abkommen als Auslöser

Dass effektive Wertpapiere von Fonds sowohl in Luxemburg als auch in Deutschland in diesem Jahr einkassiert werden, liegt im Wesentlichen an den USA und ihrem Steuerabkommen FATCA. Dieses zwingt alle Finanzinstitute weltweit zur ­Informationsweitergabe an die US-Behörden. "Als offizieller Grund wird die Terrorbekämpfung genannt, doch natürlich geht es den Amerikanern auch um steuerliche Aspekte", sagt Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Im Zuge des Abkommens hatte die europäische Fondsbranche Erleichterungen für sich ausgehandelt. Dafür musste sie zusichern, keine effektiven Stücke mehr auszugeben. Doch der Gesetzgeber ging sowohl in Luxemburg als auch in Deutschland noch einen Schritt weiter: Auch die im Umlauf befindlichen Papiere wurden und werden eingezogen. In Deutschland regelt das Paragraf 358 des Kapitalanlagegesetzbuches, der im Februar eingeführt wurde.

Betroffen davon ist eine erhebliche Zahl an Fonds. Allein Allianz Global Investors listet 69  Fonds, bei denen papierhafte Anteile ausgegeben wurden. Die Deutsche Asset Management zählt 43 Portfolios mit effektiven Stücken auf, die genossenschaftliche Union Invest­ment  14. Dahinter steckt indes kein sehr großes Volumen. "Bei den meisten unserer Fonds befindet sich der Anteil an effektiven Stücken im Bereich weit unter einem Prozent", sagt Markus Temme, Sprecher von Union Investment. In Summe liege der Bestand an diesen Papieren "bei einem zweistelligen Millionenbetrag in Euro".

Dass die auch Tafelpapiere ­genannten Fondsanteile heute keine große Bedeutung mehr besitzen, liegt auch an der ­zunehmenden steuerlichen Verschärfung. Sogenannte Tafel­geschäfte waren lange beliebt, da bei den Transaktionen am Bankschalter - "über die Tafel" - weder ein Depot noch ein Giro­konto angesprochen wurden, der Kunde also anonym blieb.

Bereits 1993 jedoch wurde die Zinsabschlagsteuer eingeführt. Diese sah bei Tafelgeschäften ­einen um fünf Prozentpunkte höheren Satz, nämlich 35 Prozent, vor. 2009 kam dann die einheitliche Abgeltungsteuer von 25 Prozent. Wie zuvor bei der Zins­abschlagsteuer behalten bereits die Banken die Kapital­ertragsteuer ein und führen sie direkt ans Finanzamt ab.

Wer immer auch effektive Stücke erwarb, um daraus resultierende regelmäßige Erträge vor dem Fiskus zu verbergen, sah sich um diesen Vorteil gebracht. Dazu kam, dass schon Anfang der 2000er-Jahre einige Banken dazu übergingen, keine Kupons mehr bar einzulösen. Oder die Schalterangestellten waren angewiesen, Name und Adresse des Einlösers festzuhalten.

Was zu tun ist

Doch wie gehen Anleger nun vor, wenn sie noch Fondsanteile in Papierform besitzen? "Zur Hausbank gehen oder zu dem Institut, bei dem man ein Depot hat oder eröffnen möchte", sagt AGI-Sprecher Lutz. Infos zur Einlieferung der Papiere liefern die großen deutschen Fonds­anbieter aber auch im Internet. Meist reicht es, auf der Homepage im Suchfeld "effektive Stücke" einzugeben, um an die ­Informationen zu gelangen.

Übrigens: Auch wer in Opas Schublade durch Stempel oder Lochung entwertete, ansonsten aber gut erhaltene Fondsanteilscheine findet, hat vielleicht einen kleinen Schatz entdeckt. Denn für historische Wert­papiere gibt es einen Sammlermarkt. So empfiehlt sich etwa ein Blick auf die Internetportale sammleraktien-online.de und hwph.de für eine erste Orientierung.

Oder man entscheidet sich für die ästhetische Rendite und hängt sich die hübsch gezeichneten Stahlwerke, Kohlenzechen und rauchenden Schlote einfach an die Wand.

Investor-Info

Fondsklassiker
Bewährte Qualität

Vor allem von Fonds mit jahrzehntelanger Historie dürften noch etliche effektive Stücke im Umlauf sein. Etwa vom Fondak, der 1950 aufgelegt wurde und damit als ältester deutscher Aktienfonds gilt. Dass es ihn heute noch gibt, liegt an seiner soliden Wertentwicklung über die lange Zeit. Dass das Risiko-Rendite- Verhältnis auch aktuell stimmt, beweist die FondsNote 2. Diese Zensur tragen noch weitere deutsche Fondsklassiker, von denen wir hier eine empfehlenswerte Auswahl auflisten.

Name ISIN Rendite 1)
Allianz € Rentenf. 2) DE0008475047 38,7 %
DWS Investa 3) DE0008474008 100,2 %
Fondak 3) DE0008471012 77,5 %
Industria 4) DE0008475021 60,5 %
UniGlobal 5) DE0008491051 81,2 %
1) 5 Jahre; 2) Rentenfonds Euro; 3) Aktienfonds Deutschland; 4) Aktienfonds Europa; 5) Aktienfonds global; Quelle: Fondsweb

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